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Rette Sich Wer Kann!

Rette sich wer kann!

Das denken sich die Räuber auf der obigen Karte, hielten sie doch die beim Fenster hereinstürzenden Bremer Stadtmusikanten für furchterregende Gespenster. Tierische Geister sollen aber auch in Innsbruck einmal ihr Unwesen getrieben haben.

1585 erzählte man sich von einem Ungeheuer, das zu mitternächtlicher Zeit die Bürgerinnen und Bürger in der Altstadt erschreckte. Das Gerede nahm solche Ausmaße an, dass sich schließlich auch der Stadtrat damit beschäftigte und beschloss, die Nachtwächter der vier Stadttore befragen zu lassen. Diese erschienen dann auch am 15. Juli 1585 nacheinander in der Amtsstube des Stadtrichters, der ihre Erlebnisse gewissenhaft protokollierte.

Allein, wie das bei Zeugenbefragungen so ist, es wollte sich kein klares Bild von diesem Ungeheuer ergeben. Mal war es schwarz, mal grau, mal erschien es als Mann, mal als Katze, als Hund, als Kalb oder als Schwein, wies zuweilen feurige Augen oder eine lange rote Zunge oder einen hinkenden Fuß auf. Trotz des beängstigendes Aussehen hatte das Gespenst aber immerhin nichts anderes verbrochen, als dass es den Schlaf der Nachtwächter störte und einmal sein „Geschäft“ für sie hinterließ.

Stadtrichter Reichart wollte sich in der Folge mit eigenen Augen von diesem Ungeheuer überzeugen. Bewaffnet und in Begleitung seiner Gerichtsdiener harrte er durch mehrere Tage der folgenden Wochen, erfolglos. Oder erfolgreich. Denn das Gespenst ließ sich seither nicht mehr in Innsbruck blicken.

Hans Hörtnagl hat diese Geschichte im Jahr 1932 zusammengefasst und veröffentlicht (online: sagen.at). Die Aussagen der Wächter habe der Stadtrichter 1585 „getreulich niedergeschrieben und das Schriftstück hernach seiner Behörde, dem ehrsamen Rate, vorgelegt. Von dort ist es ins Archiv gekommen, wo es bis heute wohlgeborgen ruht.“ Wo genau, darüber schweigt Hörtnagl natürlich, denn das hätte ja nur den Fluss der Geschichte gestört.

Was dazu führt, dass man sich heute fragen muss: Wo liegen denn diese Akten? Vielleicht versteckt im von Feuer und Wasser schwer gezeichneten Stadtratsprotokoll von 1585? Oder sind sie gänzlich dem Verursacher dieser Schäden (Bomben und Löschwasser während des Zweiten Weltkriegs) zum Opfer gefallen? Oder hat hier das Gespenst seine Klauen im Spiel, um verräterische Spuren zu verwischen? Weil es eigentlich, unentdeckt bis heute, durch die Gassen der Altstadt spukt…?

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Slg. Günter Sommer, Bd. 44, Nr. 32)

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare
  1. Konrad Fischnaler datiert das Gespenst in die 1670er-Jahre. Mehr dazu in der Wissenschafts- und Literatur-Chronik sowie Verwaltungs-, Wirtschafts- und Kultur-Chronik (Innsbrucker Chronik ; Bd. 3/4) auf Seite 327:
    „167(?): Ein Gespenst in der Innsbrucker Altstadt.“

  2. Zum Stadtrichter Reichart lässt sich sagen, dass dieser in der Tat im ausgehenden 16. Jahrhundert in Amt und Würden war.
    Es handelt sich um Gerhardt Reichardt, Bürger und Stadtrichter zu Innsbruck, welcher am 14. Feber 1579 einen Wappenbrief erhielt. Das Wappen wurde laut der Fischnaler-Wappenkartei sowohl ihm als auch seinen Verwandten Christoff d. Ältern, Georg, Veith, Christoff d. Jüngern, desgleichen Benedikt, Matheus, Heinrich und Thomas Reichardt verliehen.

    1. Wobei in der sonst vorzüglichen Online-Version der Wappenkartei diesbezüglich ein Fehler und Irrtum vorliegt. Auf der Karteikarte steht Bernhard Reichart, der Transkripteur hat aber versehentlich Gerhardt in die Datenbank getippt.

      Es handelt sich also um den Stadtrichter Bernhard Reichart.
      Ich glaube fast das Gespenst spukt noch heute, und hat diesen Fehler verursacht….

  3. Wenn es sich ergibt, wäre vielleicht ein Beitrag über die Stadtratsprotokolle als historische Quelle, auch hinsichtlich der Erhaltung, Überlieferung und dem ältesten vorhandenen Protokoll ganz interessant. In diesen Protokollen stehen bestimmt viele interessante Dinge.

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