Sauna und See
Aufmerksame „Follower“ dieser Seiten, die uns nicht nur sehen und lesen, sondern auch hören, haben spätestens seit der ersten Folge unseres Postcasts „Archivwürdig“ umfassende Kenntnisse des Archivwesens erworben. Etwa darüber was wir archivieren und warum.
Unsere Grundfunktion als Stadtarchiv es, Dokumente der Stadtverwaltung, dies nicht mehr im alltäglichen Gebrauch sind, aber aus rechtlichen oder kulturellen Gründen erhaltungswürdig erscheinen, aufzubewahren, zu erschließen und zugänglich zu machen. Diese klassischen Bestände nennt man deshalb auch den „funktionalen Teil“ des Archivs.
Daneben gibt es auch noch den „disponiblen Teil“ des Archivs, also all jenes, was wir zusätzlich sammeln, weil wir es als historisch relevant einschätzen. Wo die Grenze des „Archivwürdigen“ gezogen wird, das ändert sich von Zeit zu Zeit und Archivarin zu Archivar. Wie Lukas Morscher damals erklärt hat, geht es uns heute nicht nur um mittelalterliche Quellen, hohe Kunst oder spektakuläre Fotografien, sondern auch alltägliche Objekte, wie Speisekarten, Tragetaschen oder Flyer.
Damit wollen wir versuchen, ein Stück Lebenswirklichkeit in der Stadt zu bewahren und abzubilden. Im vollen Bewusstsein, dass dies immer nur Mosaiksteine sein können. Was wir aktiv sammeln, hängt (auch) von persönlichen Interessen und Möglichkeiten ab. Oft spielt der Zufall keine unwichtige Rolle. Vor allem auch dabei, welches Material uns als Sammlungen, Nachlässe oder Einzelstücke übergeben wird.
Ein wunderbares Beispiel für solche Zufälle dokumentiert das heutige Titelbild. Es ist eine etwa A4-formatige, auf Karton angebrachte Werbung für die Sauna am Rennweg 16a – die kürzlich Gegenstand einer kleine Serie war (Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4). Meines Wissens ist dieses Stück abgesehen vom Foto und dem Gewerbeakt das einzige Zeugnis dieser Einrichtung bei uns. Und warum hat sich dieses Stück Gebrauchsgrafik erhalten? Die Antwort liefert die Rückseite:
Ursprünglich offenbar nur deshalb, weil jemand die Rückseite als Zeichenkarton genutzt hat. Das darauf gemalte Bild eines Sees mit Ruderer hat jemand sorgfältig aufbewahrt. So lange, bis das Stück der Wertlosigkeit des Alltäglichen entrissen war und schließlich via Entrümpelung oder Flohmarkt den Weg zu einem Sammler und letztendlich zu uns fand.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Bi-k-1338)
Vielleicht hat ja ein Mitglied des in der Nähe situierten Kajak-Vereins nach einer erfrischenden Paddeltour die Sauna besucht. Und weil er gar so stolz auf sein neu erstandenes Boot war und ihn gerade die Muse küsste, hat er es gleich im Ruheraum oder im Sauna-Buffet bildlich festgehalten, inkl. der händisch aufgepinselten Bootsnummer.
Da darf man schon mal einen Karton zweckentfremden, finde ich. Schon deswegen, weil es diese „Werbetafel“ sonst nie ins Stadtarchiv geschafft hätte, und Herr Bürgschwentner keinen derart anschaulichen Beitrag über Zufälle im Archivwesen verfassen hätte können. Danke dafür!
Liebe Frau Stolz. Danke für den netten Kommentar und ja in der Tat, das ist ha ein Kajakfahrer. Da wäre nun die Frage, wann diese Sportart wohl in Tirol populär geworden ist. Für mich eine Frage aus der Reihe „Fragen die ich mir noch nie gestellt habe“.
Also, man könnte in diesem Blog schon ein paar Beiträge/Kommentare zu Ihrer noch nie gestellten Frage aufzeigen, lieber Herr Bürgschwentner. Aber das hieße ja, die sprichwörtlichen Eulen nach Athen zu tragen – ich werde mich hüten – zumal nie gestellte Fragen ja ohnehin keiner Antwort bedürfen 😉
Was es mit dem offensichtlich havarierten Gestell (Wrack einer Kutsche?) auf sich hat, werden wir wohl nie erfahren. Es muß aber von essentieller Bedeutung gewesen sein, wenn man es schon abbildet, obwohl es die potenziell toskanische Szenerie komplett verunziert.
Der unangenehme Antipode zur nie gestellten Frage ist die nie beantwortete.
Ja, das anscheinend havarierte Gestell betrachte ich ebenfalls, jedesmal. in der Hoffnung es zu erkennen. Zur Zeit denke ich an ein Wasserrad, dem einige Schaufeln abhanden kamen. Bei der Sauna Dame sind hingegen keine Fragen offen.