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Ein Schießstand Für Pradl?

Ein Schießstand für Pradl?

Im Frühjahr 1900 formierte sich in Pradl ein“Comité zur Erbauung eines Gemeinde-Schießstandes der Standschützen Compagnie Pradl“, dem insgesamt sechs Personen, darunter der Maurermeister Alois Wörle, angehörten. Am 16. Juli 1900 wandte sich das Komitee an die Gemeindevorstehung von Pradl-Amras [sic] mit der Bitte um Überlassung eines Baugrundes und des nötigen Bauholzes zur Errichtung eines Gemeindeschießstandes. In der Eingabe heißt es:

Um die vom hohen Landtage den Standschützen in Tirol und Vorarlberg alljährlich bewilligten Schützengaben ausschießen zu können, war die k. k. Standschützen Compagnie Pradl mangels eines eigenen Schießstandes schon seit einer Reihe von Jahren gezwungen mit den Schießständen anderer Gemeinden wegen Abhaltung der Schieß-Übungen zu unterhandeln.
Nachdem sich jedoch schon heuer im Frühjahre bei den Unterhandlungen wegen Benützung des k. k. Gemeinde-Schießstandes Aldrans bedeutende Schwierigkeiten ergaben, sodann die Schießübungen wegen Gefahr für die Passanten von der hohen Behörde eingestellt wurden, so daß mit dem Schießen erst spät begonnen werden kann und von der Schießstand-Vorstehung Aldrans für die Überlassung der Schießstätte überdies eine nicht unbedeutende Entschädigung verlangt wird, wurde unter den Standschützen immer mehr der Wunsch laut, einen eigenen Gemeinde-Schießstand zu erbauen.
[…]
Durch das seit dem Jahre 1895 bestehende Gesetz wonach Standschützen, welche 5 beziehungsweise 10 Jahre hindurch ihre Schieß-Übungen mitmachen, von einer bezw. 2 Landwehr-Waffenübungen befreit werden, ist die Zahl der immatriculierten Standschützen gegenwärtig auf 82 gestiegen und wird voraussichtlich infolge dieses Gesetzes und der stetigen Vergrößerung Pradls noch weiterhin zunehmen, wozu jedoch die Benützung eines in fremder Gemeinde befindlichen, noch dazu weit entfernten Schießstandes nicht mehr genügt.
Trotz eifriger Umschau konnte das ergebenst gefertigte Comité keinen geeigneteren Bauplatz, als den Gemeindegrund am Berleiten-Bühel unterhalb des Weges nach Egerdach in Aussicht nehmen und hofft um so eher auf eine günstige Erledigung dieses Ansuchens, weil durch die Erbauung eines Schießstandes kein eigentlicher schaden entsteht, die Förderung des Schießwesens jedoch für die Gemeinde nur von Nutzen sein kann.
Nachdem dem gefertigten Comité ein großer Theil der nöthigen Geldmittel bereits zugesagt sind, anderseits [sic] die Erbauung des Schießstandes auf dem bezeichneten Platze bedeutend billiger käme, weil das zum Mauerwerk (Beton) nöthige Masterial sowie das Holz in unmittelbarer Nähe ist.

[…]

Der oben abgebildete Plan zeigt, wie sich das Komitee die Anlage vorstellte. Allerdings scheint aus dem Vorhaben nichts geworden zu sein, denn die Pradler Standschützen hielten ihre „Kaiserschießen“ in den folgenden Jahren stets auf anderen Schießständen ab.

Mitglieder der „Erzherzog Ferdinand Karl-Standschützenkompanie Pradl“, aufgenommen um 1900.

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Gemeindearchiv Amras, Akten 1900-1919 / Ph-M-13159)

Dieser Beitrag hat 12 Kommentare
  1. Dieses Gruppenbild in Tracht ist eine große Freude, herzlichen Dank!

    Der Maurermeister Alois Wörle hatte seine Firma im Haus Pradl Nr. 65. Seine Backöfen waren weitum bekannt, einer stand sogar in der Backstube des Ludwig von Fioresi in der Pradler Straße 15:
    https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=ibn&datum=18960814&query=%22w%c3%b6rle+pradl%22~10&ref=anno-search&seite=8

    1884 gehörten die Pradler Standschützen erstaunlicherweise dem k.k. Schießstand Aldrans an, weil in Pradl bekanntlich keiner vorhanden war:
    https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=ibn&datum=18840701&query=%22schie%c3%9fstand+pradl%22~10&ref=anno-search&seite=4

    1. Klar, dass mich die Pradler Schießstandpläne und die Pradler Standschützenkompanie auch sehr interessiert haben, da muss ich sowieso an Herrn Egger noch Fragen stellen.
      Vom Stuhl gerissen hat es mich aber mit Ihrem Link bezüglich Maurermeister Alois Wörle und seinen Backöfen! Endlich weiß ich, wer unseren Holzbackofen hergestellt hat. Bis zum 19.6.1979 lieferte er unser ‚tägliches Brot‘. Sicher: Es mussten die Schamotteziegel ausgewechselt werden, eine neue Ofentüre wurde eingebaut und einmal kann ich mich gut erinnern, wie das Gewölbe neu gemauert wurde. Erinnern deshalb, weil ich als schmälster hineinschliefen musste, um die hölzernen Abstützungen zu entfernen. Was hatte ich für Ängste!
      Richtige Todesängste hatte ich in unserer Backkuchl – so hieß der Raum, in dem der Ofen stand – beim 2. Bombenangriff am 19.12.1943, als es die Pradler Volksschule – heute Leitgebschule – mehrmals erwischte. Die ebenerdig gelegene Bachkuchl war nämlich der Luftschutz „keller“ unseres Hauses. Was hatten doch die Leute damals noch für Vorstellungen vom Bombenkrieg!! Es hieß immer: Da ist ein Gewölbe, da passiert nichts! Ausgerechnet bei einem Gewölbe!! Als zusätzlichen Schutz hatte mein Onkel ausgediente Schamotteziegel vor dem Fenster trocken aufgeschlichtet. Das war also Luftschutz vor dem Dezember 1943!
      Beim ersten Angriff vier Tage vorher ließ sich noch niemand beim Mittagessen stören, ich war der Einzige, der Schutz suchte! Ich war noch im Hausgang des Erdgeschosses, als die große Haustüre wackelte. Das kam von den Einschlägen in der Rhombergfabrik, wie wir danach erfuhren.
      Beim zweiten Angriff waren aber beim Vollalarm schon die ganzen Hausbewohner in der Bachkuchl versammelt – bei zehn Personen. Alle an der Mittelwand! Das war gut so – denn nach dem Pfeifen und Krachen fiel das ganze Fenster samt den Steinen in den Raum. Das waren Momente!
      Nach diesen Ausflug in die Kriegszeit aber doch zurück zu Ihrem oberen Link bzw. zum Inserat vom Maurermeister Alois Wörle in Pradl Nr. 65. Diese Hausnummerierung des Dorfes Pradl ist heute Egerdachstraße 6, also unser Stöcklgebäude, das ebenfalls zur Liegenschaft gehörte, die 1908 mein Großvater von der Rauchmühle gekauft hat!! Da tun sich neue Verbindungen auf, denen ich erst noch nachgehen muss!
      Für ‚Außenstehende‘, denen es vielleicht interessiert, verweise ich auf den Beitrag http://innsbruck-erinnert.at/wohnen-im-pradlorama/

  2. Genau an Stelle des geplanten Schießstandes erstreckt sich heute das Klärwerk…
    Der Verlauf des Langen Grabens entspricht zum Teil dem heutigen Vorauweg.

    1. Was hat es denn mit diesem „Langen Graben“ auf sich, war das ein Wasserlauf durch Pradl? Natürlich oder künstlich? Von wo nach wo?

      1. Der „Lange Graben“ ist der heutige – auch sehr lange – Grabenweg vom Baggersee bis zur Andechsstrasse. In diesem Graben floss das Wasser vom Inn einerseits zu den Amraser Feldern, anderseits war er (neben dem Wasser vom Mittelgebirge und dem Sill-Wasser über die Egerdachstraße) der dritte Zulauf zum Amraser See.

        Hier stand auch das Haus des „Seehüters“, welcher See und Zuläufe vor Wasser- und Fischdieben schützen musste. Es dürften recht durchtrainierte Herren gewesen sein …

  3. Zwei Fragen an Herrn Egger:

    1 Weiß man, wer diesen Plan gezeichnet hat – vielleicht Alois Wörle selbst??
    2 Kennt man irgendwelche Namen von Mitgliedern der Standschützenkompanie Pradl auf diesem Foto – z.B. wer war der Hauptmann?

    1. @ 1: Der Plan ist leider nicht signiert.
      @ 2: Zum Zeitpunkt der Aufnahme war der Bauer Johann Wieser (1825-1902) Hauptmann der Pradler Standschützen (er ist jedoch auf dieser Aufnahme nicht zu sehen). Links vom Tisch sitzt vermutlich Jakob Leukermoser (Oblt.) und rechts vom Tisch Johann Kirchebner (Lt.). In der Mitte stehend (direkt hinter der Karaffe) sehen wir den Fähnrich Heinrich Müller. Rechts von ihm dürfte Zugsführer (drei Sterne) Martin Maier zu sehen sein. Und hinter Oblt. Leukermoser dürfte Unterjäger Johann Müller stehen.
      Sehr wahrscheinlich zeigt die Aufnahme die Pradler Abordnung, die am 5. österr. Bundesschießen (1898) in Wien teilnahm.

      1. Danke, Herr Egger, für die rasche Beantwortung meiner Fragen:
        @ 1: Schade! Ich dachte da an Maurermeister Alois Wörle, der, wie Sie schreiben, dem Ausschuss angehörte, und der laut dem Inserat in den Innsbrucker Nachrichten, auf das Herr Auer in seinem Kommentar hingewiesen hat, in unserem Stöcklgebäude Pradl 65 = heute Egerdachstraße 6 lebte. Klar, dass ich mich schon deshalb für ihn besonders interessiere.

        Noch zwei interessante Aspekte gibt es – ich bin erst dabei, Licht ins Dunkle zu bringen! Einmal gibt es später DEN „Pradler Baumeister“ Alois Auer mit‘ Sitz im „Wörlehaus“ Pradlerstraße 51 bzw. dem Sägewerk sowie der Bau- und Möbeltischlerei in der Amraserstraße zwischen Gumppstraße und Pradlerstraße (ich habe gerade eine Originalrechnung vom 2.7.1924 vom „Baugeschäft“ Alois Wörle an meinen Großvater für Reparaturarbeiten am Hause Egerdachstraße 6 vor mir liegen).

        Andererseits lebte, arbeitete und starb in diesem Haus der Kunstmaler Raimund Wörle (1896 – 1979)! Sind beide ev. sogar Söhne des Maurermeisters Alois Wörle sen.?

        @ 2: Ich habe deshalb nach Namen gefragt, da ich nach Heinrich Müller suchte. Dass es der Fähnrich auf diesem Bild ist, freut mich sehr. Heinrich Müller führte immerhin als Hauptmann die Pradler Standschützen an die Dolomitenfront! Er war der Besitzer der Metzgerei Müller am Pradler Brückenplatzl (Pradlerstraße 1) und später auch Feuerwehrhauptmann von Pradl. Da seine Schwiegertochter die beste Freundin meiner Mutter war, besitze ich einige Fotos und Andenken an ihn. Die Bilder habe ich 1989 Herrn Walter Kreutz überlassen, somit sind sie jetzt im Stadtarchiv gelandet!

  4. Ja, die Namen der Personen auf dem Foto wären interessant zu wissen!

    Standschützenhauptmann von 1903 bis 1913 war der Metzgermeister Hans Müller.
    Sein direkter Amtsvorgänger von ca. 1880 bis 1903 war Johann Wieser.
    https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=tan&datum=19131029&query=%22hans+m%c3%bcller+PRADL%22~10&ref=anno-search&seite=5

    Einer von beiden wird wohl auf dem Gruppenbild zu sehen sein. Eher ist es Hans Müller, weil der Schützenhauptmann jünger als 70 Jahre ausschaut. Dann wäre das Foto wohl um 1905 aufgenommen.

    Das sind die Todesanzeigen von Johann Wieser, verstorben 1903 mit 78 Jahren, darunter auch die Anzeige der Schützenkompanie:
    https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=ibn&datum=19030505&query=%22johann+wieser+PRADL%22~10&ref=anno-search&seite=11

    Noch ein früherer Vorgänger als Standschützenhauptmann war der Kaufmann Peter Mehrle, sicherlich Sohn des Bäckermeisters Josef Mehrle!
    https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=ibn&datum=19051204&query=%22HAUPTMANN+pradl%22~10&ref=anno-search&seite=5

    1. Danke, Herr Auer, dass Sie sich wieder so bemüht haben!

      Zum Zeitungsartikel vom 29.10.1913: Dieser damals so plötzlich verstorbene Hans Müller dürfte der Vater von Heinrich Müller gewesen sein, von dem ich in meiner Antwort an Herrn Egger geschrieben habe. Heinrich war dessen Nachfolger nicht nur in der Metzgerei, sondern auch als Standschützenhauptmann von Pradl.
      Der Sohn von Heinrich Müller und Nachfolger in der Metzgerei hieß auch Hans Müller, er war ebenfalls Offizier bei den Pradler Schützen, aber nach dem 2. Weltkrieg (ich habe ein Bild von ihm aus 1963 anlässlich der 100 Jahr Feier des Tiroler Bundes in Wien, bei dem die Pradler Schützen aufmarschierten)

      Zu den Todesanzeigen von Johann Wieser: Hier ist besonders interessant „Trauerhaus Nr. 37 in Pradl“. Dieses Haus war der spätere Gasthof „Zum Goldenen Winkel“!!
      Jetzt wäre Herr Niko Hofinger gefordert, denn in seinem Beitrag http://innsbruck-erinnert.at/goldener-winkel/ wird erst ab 1904 gesprochen, also ein Jahr nach dem Ableben von Johann Wieser!
      Anmerkung: In diesem Beitrag fehlt leider noch immer mein Foto, das ich Herrn Hofinger schon vor längerer Zeit übersandt habe, nämlich das mit den zwei Löwen und dem goldenen Winkel an der Wand!

      Zu Peter Merle: Das ist sicher der Besitzer des Ladengeschäftes der Bäckerei in der Pradlerstraße 15, sein Bruder hatte die Bäckerei selbst. Siehe mein Beitrag vom 12.2.2021 in http://innsbruck-erinnert.at/wohnen-im-pradlorama/comment-page-1/#comment-5933

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