Im Goldenen Winkel
Wie viele Gasthäuser namens „Goldener Löwe“ kennen Sie? Oder „Goldenes Lamm“? Die Liste ist beliebig erweiterbar mit Hirsch, Adler und allerlei wirtshaustauglichem Getier. Das einzige Gasthaus in Österreich und Deutschland mit dem Namen „Goldener Winkel“ stand in Pradl. Im Genehmigungsakt der Stadt Innsbruck erscheint der 1904 eingemeindete Betrieb zunächst als Haus Pradl Nummer 37, nicht ohne stolz auf seine Gründung im Jahr 1787 zu verweisen. Ein Alois Hatzl übernimmt am 1. September 1904 die Konzession von Carl und Anna Girardi.
Schon drei Jahre später, im März 1907, möchte Alois Hatzl die Schank an Marie Pieringer aus Bozen verpachten. Das Geschäft dürfte nicht zustande gekommen sein, da schon im Juni eine Maria Margreiter aus Schlitters dem Hatzl die Konzession ganz abkauft und selbst das Gasthaus führt.
Im Jahr 1918 ersteht dann die (aus Wilten kommende) „Arquin&Riedl’s Nachfolger Hans Mayr Weingroßhandlung“ ihrerseits die Konzession von der Familie Margreiter. Nun folgen Jahre der Pächter-Wechsel nahezu im Jahresrhythmus. 1920 kommt Josef Schrott (vorher im Gasthaus Mittenwald), 1922 Georg Zauner (vorher im Goldenen Schiff), 1926 Anna Riedmann aus Westendorf, 1927 dann Johann Mair aus Untermais und 1928 Rudolf Aufderklamm aus Pradl kurz als Verantwortliche an den Tresen der Wirtschaft.
Erst als Hans Schlögl aus Kolsassberg 1929 gleich die ganze Konzession übernimmt, kehrt Ruhe im Wirtshaus „Goldener Winkel“ ein. Das Haus, längst an der Adresse Reichenauerstraße 16 zu finden, beschäftigt den Innsbrucker Magistrat dann einige Jahre nicht mehr. Nach dem Zweiten Weltkrieg ergeht es Hans Schlögl so wie anderen Wirten, die wegen ihrer NSDAP Mitgliedschaft keinen Beherbergungsbetrieb mit mehr als 15 Zimmern führen dürften. Es gelingt ihm aber, ein paar Räume als gar nicht genehmigungspflichtig zu deklarieren und er kann den Gasthof auch mit der Zimmervermietung weiterführen.
1967 wird um die Erweiterung des Betriebs um eine vollautomatische Kegelbahn angesucht, 1968 übergibt Hans Schlögl senior den Betrieb an seinen Sohn. Die letzte Gewerbeprüfung der Stadt findet 1977 statt, aus diesem Jahr stammt auch der untenstehende Plan.

Nachtrag: Danke den Forums-Diskutanten für ihre Beiträge und die Lokalisierung des Fotos, das uns Herr Roilo zukommen hat lassen:

Wieder eines der Altpradler Traditionsgasthäuser, das den Geist aufgeben musste!! Aber sehr interessant diese wechselvolle Geschichte des Hauses – danke Herr Hofinger! Ich war ja hier weniger Gast, mehr Lieferant! Wie oft hieß es: „Manfred, bring schnell zwanzig Semmelen zum Schlögl hinunter“. Oft bekam ich dafür ein Kracherle!
In dem Plan von 1977 gehen mir zwei wesentliche Sachen ab, welche aber heute noch zu sehen sind: Am obersten Querbalken steht „Gott halt in Gnaden treue Wacht, in diesem Hause, Tag und Nacht“ und insbesondere das Mariahilfbild.
Ich besitze ein Bild aus einem Fotorundgang am 29.3.2017, welches ich Ihnen per Email übersenden werde.
Aber mir kommt vor, als ob früher noch weitere Bilder die Fassade geziert hätten, ich habe da so ein Bild im Kopf mit einem goldenen Zimmermannswinkel!
Diese Infos aus den Konzessionsakten sind immer eine besondere Freude!
Hoffentlich werden noch viele dieser Gasthausunterlagen hier veröffentlicht.
Laut dem Buch „Zeit – Raum – Innsbruck“ 2002, Seite 170 wird die Liegenschaft des Gasthauses Goldener Winkel bereits im Steuerkataster von 1655 als Wirtstafern erwähnt, somit das älteste Pradler Gasthaus. Der Name „Goldener Winkel“ soll demnach erstmals anno 1856 nachweisbar sein.
Interessant, dass mit der Jahreszahl 1787 noch ein anderes Gründungsjahr existieren soll.
Wie dem auch sei, ist es mit seinen spitzen Erkern ein wunderschönes Gebäude.
Das Wandbild (Fresko??? – glaube ich nicht) mit den zwei Löwen (?) die einen goldenen Winkel halten, war an der Nordfassade zur Reichenauer Straße und ist der Renovierung im Jahr 2007 zum Opfer gefallen.
Gott sei Dank – wieder einmal ein Pradler, der mir hilft, meine Erinnerungen zu bestätigen. Ja, es war ein goldener Zimmermannswinkel mit zwei Löwen. Und weil Sie das Datum des Verschwindens angegeben haben, habe ich in meinen Fotos gesucht und bin sogar fündig geworden!! Ich werde die Aufnahme Herrn Hofinger mailen, vielleicht hält er sie für würdig, es in „innsbruck erinnert“ aufzunehmen. Falls nicht – eine kurze Beschreibung: Zwei aufrechtstehende rote Löwen halten zusammen mit der einen Pranke den goldenen Winkel, mit der anderen ein großes „G“. Darunter steht „Lieber Gast tritt ein, sollst hier willkommen sein“
Ja, ja – Gasthaus zu, schöner Spruch weg!
Möchte nur bekanntgeben, dass nun Herr Hofinger meine Bilder aus 2006 mit dem Goldenen Winkel und den zwei Löwen etc. nachträglich aufgenommen hat – dies besonders für Herrn Stepanek! Nochmals Dank an Herrn Niko Hofinger!
Es ist immer wieder interessant hier in „Innsbruck erinnert sich“ zu schmökern. Ich erinnere mich dabei an eine Geschichte zum „Goldenen Winkel“, die unser Vater einmal erzählte, wie er vom Dienst heimgekommen ist.
Er war ab 1946, nach seiner Kriegsgefangenschaft im Polizeidienst, am Anfang als kleiner Streifenpolizist. Einmal, in den 50er Jahren, er war damals dem Wachzimmer Pradl zugeteilt, hatte er einen denkwürdigen Einsatz im „Goldenen Winkel“! Die Wirtsleute hatten die Polizei zu Hilfe gerufen, weil im Gasthaus ein Streit zwischen zwei Männern ausgebrochen war, der schließlich im einer ernsten Schlägerei endete.
Beim Eintreffen der Polizei stellte sich heraus, daß es gar nicht so einfach war, die zwei Streithähne zu trennen, beide waren gehörlos! Taubstumm sagte man damals noch!
Erst mit Körpereinsatz war es möglich, die zwei zu trennen, hören konnten sie ja nicht! Dann wurden beide, mittelschwer alkoholisiert, mit dem „Zeiselewagen“ in das Polizeigefängnis zur Ausnüchterung und Vernehmung gebracht. Mein Vater bedauerte noch, daß er da nicht dabeisein konnte, es wäre bestimmt interessant gewesen. Diese Geschichte bekamen wir noch des öfteren zu hören und konnten drüber lachen, wie er uns die vergeblichen Versuche geschildert hat, diesen Streit zu schlichten.
Grüß Gott Herr Winterle,
dann war Ihr Vater später der Polizeidiensthundeführer, an den ich mich in meiner Dienstzeit noch gut erinnern kann.