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Böhmisches Unwesen

Böhmisches Unwesen

Als 1618 zwei Herren aus einem der Fenster der Prager Burg gestürzt wurden, war das noch weit von Tirol entfernt. Bald erregte der Aufstand jedoch auch hierzulande Sorgen, während das Land im Westen auch in einen Konflikt mit den Drei Bünden geriet. Zu Beginn des Jahres 1620 wurde dieser Brief nach Rovereto gesendet, um Gesandte zum einem Landtag in Innsbruck im März einzuladen, auf dem man über die eigene Reaktion auf die Geschehnisse beraten würde.

Leopold V. spricht dabei vom „Böhmischen Unwesen“, das in kurzer Zeit „hero umb sich gefressen“ und „Landt und Leüt beraits ergriffen, eingenommen und thails gar vetilget“ hat. Der Aufstand betreffe das gesamte Heilige Römische Reich, auch die Fürstliche Grafschaft Tirol. Er beschuldigte die Rebellen, die Religion nur als Vorwand zu gebrauchen, in Wahrheit würden sie nur allein gegen das Haus Habsburg Krieg führen. Später spricht er ironischerweise selbst davon, nur „die Ehr des Allmächtigen schuldige defension unser wahren Catholischen Religion (und) auch zueläßliche notwendige rettung unserer angehörigen Landt und Underthonen“ anzustreben.

(Signatur U-3160)

Wie gefehrlich und weit Böhmische unwesen als ain hochverfgiffte sucht in kurzer zeit hero umb sich gefressen, wievil Landt und Leüt beraits ergriffen, eingenommen, und thails gar vertilget? Ist laider also Landt und Weltkündig, daß gleich wenig orth im Heiligen Römischen Reich zubefinden, so dieser Rebellion und vast allgemainen darauß erwachsenen auffstandts halber nit in Sorg stehen müessen, mehrern thails aber allberaith langempfindtlichen schaden gelidten: Was nun durch solche der Röm. Kay. May. (etc.) und mit dero unserm gesambten Hauß, auch derselben treugehorsamen Landt unnd Leüten, wider Gott, alle Recht und billichhait so beharrlich zuestzende perseqution und verfolgung vorneinblich intentioniert, unnd wohin gezilet, Ist abermal durch abnemmung des Deckmantls scheinender Religion, gnuegsamb an tags Liecht und ganz ohnscwer zuspüren, daß man hochermelt unser Hauß, sambt dessen an: unnd zueghörde noch verzer unaußsetzlich zu persequiern gemaindt. Welches alles mit uns diejenige unsere Erblande und Underthane desto eyfriger zu beherzigen, so so sich bißhero noch im wolstandt Rhue unnd Sicherung auß Göttlichen gnaden befunden, unnd zwar umb souil eyfriger auff miel, weiß unnd weg zugedencken, wie doch bey also klar scheinenden gefehrlichhaiten und weiter antoenden hostilitet dieser Enden zeitlich vorzupawen: Welches alles wir mit unserem treugehorsamen Landleuthen und Underthonen dieser Fürstl. Graffschaft Tyrol Inmassen tails berait mit andern derselben incorporierten beschehen, duch haltung offentlichen gemainen Landtags, so wir in unserer Statt Ynßprugg auf den Dreißigsten negst komenden Tag Monats März, angesehen und deme in selbs Fürstlicher Person zu praesidiern gedenken, in gesambt vertreyliche berathschlagung ziehen wöllen; mit gnedigst gemainter sincerierung, daß dadruch nicht anders als einig und allain die Ehr des Allmächtigen schuldige defension unser wahren Catholischen Religion auch zueläßliche notwendige rettung unserer angehörigen Landt und Underthonen/forders aber dieser Graffschaft unnd gemainen Vatterlandts gesuecht und geyaindt werde: Gstalt wir dann ausser dieser cüsserist erhaischenden als allerdings Gesatz befreyten noth solcher unserer Tyrolischen Provintz mit dieser zwar sonst früe zeitigen Landtags haltung sonder zweifel verschont hetten. Wöllen demnach uns in gnaden versehen, Euch auch hiemit beuolhen haben, daß Ira uff den besagten Monats abendts, bey solchem Landtag jemandt auß Euch mit genuegsamen vollmächtigen Gewalt zu erscheinen gewisslich verordnet, so das jenig mit unnd neben andern unsern Landtleüthen unnnd Underthanen getrewlich berathschalgen, handlen unnd schliessen helffen was zu obigem intent, auch allgemainen Vatterlandt zu Schutz, Rhue, unnd Sicherhait geraichen mag. Solches wöllen Wir gegen Euch in Fürstlichen gnaden, damit Euch wol gewogen verbleibendt erkennen.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar
  1. Religion als Vorwand für Kriege zu gebrauchen, oder wie es im Brief heißt unterm „Deckmantl scheinender Religion“ ist nie ganz aus der Mode gekommen, wie uns täglich vom Nahen Osten berichtet wird.
    Zum einen als Rechtfertigung für den Krieg und zum anderen als Motivation des Volkes sich für Gott Kaiser und Vaterland zu opfern, wobei diese Gründe je nach Region und Religion beliebig austauschbar sind.
    Eigentlich bin ich mir sicher, dass dieser Trick bei „uns“ heute nicht mehr zieht und hoffe recht zu behalten.

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