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Aus Dem Tourenbuch Der Jenny Steiner I

Aus dem Tourenbuch der Jenny Steiner I

Obwohl die Berge im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert „keineswegs ein Spielplatz nur für Männer“ waren, sind die Namen von frühen Alpinistinnen, wie Elizabeth Main (1861-1934) oder Beatrice Sibyl Tomasson (1859-1947), heute höchstens noch in Expertenkreisen bekannt. Der frühe Alpinismus erscheint restrospektiv oft als eine Domäne der Männer. Doch auch auf regionaler und lokaler Ebene zog es in diesen Jahrzehnten Frauen – vorwiegend aus bürgerlichen Familien – in die Berge. Jenny (eigentlich Eugenie) Steiner war eine von ihnen.

Geboren wurde sie am 10. Dezember 1895 in Jenbach als Tochter des aus Mies in Böhmen gebürtigen Zivilingeneurs Georg Steiner (1854-1940) und dessen Frau Antonie, geb. Bazant (1862-1928). Um 1900 übersiedlte die Familie – das Ehepaar Steiner hatte insgesamt drei Kinder – nach Innsbruck, wo alsbald ihre jüngste Tochter Jenny ihre Leidenschaft für die Berge entdeckte. Zwei umfangreiche, liebevoll gestaltete Tourenbücher aus den Jahren 1917 bis 1921 legen ein eindrucksvolles Zeugnis davon ab.

Im Rahmen dieser kleinen Serie wollen wir sie auf einige „Bergfahrten“ begleiten. Den Auftakt macht eine Klettertour in den Grubreisentürmen (23. Mai 1920). Begleitet wurde Jenny von zwei Bergfreunden namens Kass und Robele.

Am 22ten, Pfingstsamstag, nahmen wir einen Anlauf u. kamen aber nur mit sprungweisen Vorrücken bis zur Hungerburg. Dort sassen wir bis 1h [?] in einer Hütte und u. hofften auf Nachlassen des heftigen Regen[s]. Als es aber gar nicht besser werden wollte, marschierten wir wieder nach Innsbruck zurück.
Am 23ten war das Wetter etwas besser u. diesmal liessen [sic] wir uns nicht abschrecken.
Am Bodenstein flackten wir die längste Zeit. Am Hafelekar angekommen, legten wir uns in eine kl. Mulde u. warteten auf den Tonl, der verschlafen hatte. Als er aber immer nicht kam, stiegen wir ins Toniskar ab u. sollten dort Herrn Wisiol u. Minki treffen um mit ihnen die Türme zu besteigen. Lange lagen wir in der Sonne aber niemand liess sich sehen. So entschieden wir uns denn alleine aufzubrechen. Als wir zur Grubreisenscharte anstiegen, erschien Hromatka auf dem Hafelekar. Wir warteten auf ihn u. nach kurzer Erholungspause gings weiter.
Erst musste der Melzerturm fallen. Er bot mir keine besonderen Schwierigkeiten, ich hatte ihn ja schon von zwei Jahren gemacht. Beim Abstieg auf der gewöhnlichen Route seilten wir uns ab. Dann stiegen wir noch auf den Nordturm, ebenfalls über den gewöhnlichen Anstiegsweg, u. den Südtturm.

Der Melzerturm (2223 m).

Wir fuhren durch eine steile Schneerinne ins Toniskar ab u. gingen durchs Gleirschtal zur Amtssäge, aber kein Wuzl u. kein Polent war [sic] dort. Wir erfuhren dort, dass sie wegen dem schlechten Wetter nach Hause gegangen sind. Wir richteten uns nun im Jägerhäusl häuslich ein. Plötzlich hörten wir draussen den Klubpfiff u. Polent u. Minki kamen anmarschiert. Grosses Hallo! Den Abend verbrachten wir recht vergnügt u. hoffen auf schönes Wetter für den nächsten Tag.

Der Südgrat des Nordturms (2260m).

(StAI, Kleinsammlung Familie Georg Steiner)

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare
  1. Toniskar muß der Wegbeschreibung nach mit der heutigen Schreibweise Tunigskar identisch sein, Hörfehler? Private damalige Insiderbezeichnung?
    Vielleicht hieß es auch einmal Donigskar. Tunig ist z.B. auch ein mir in ganz anderem Zusammenhang bekannter Hofname, den man auch als Donig geschrieben sieht, wo’s dann nicht mehr weit zum Toni ist.

    1. Tunigskar ist naheliegend, da man vom Hafelekar dort auf kürzestem Weg über Runboden ins Gleirschtal kommt und an dessen Westseite die Grubreisetürme direkt angrenzen.
      Beindruckend ist jedenfalls die beschriebene Tour schon allein wegen der Höhenmeter, bei der offenbar auch noch die Schi (Figl werden es damals wohl noch nicht gewesen sein?) mittransportiert wurden.

      Zum Namen Tunigskar: Ich erinnere mich an ein Buch über Namen im Karwendel, dort wird tatsächlich ein Bezug zu einem Hofnamen hergestellt. Gezielt gegoogelt hier: https://alpinhistorie.bergruf.de/karwendelnamen1937/zirl-erl.html

    2. Die Schreibweise „Toniskar“ beruht auf den damals gebräuchlichen Kartenwerken:
      So findet sich die Bezeichnung „Toniskar“ in der Karwendel-Alpenvereinskarte von 1888, sowie ebenso in der Umgebungskarte von Innsbruck 1909.
      In der AV-Karte Karwendelgebirge West aus den 1930er-Jahren findet sich dann bereits die Schreibweise „Tunigskar“….

      In den Innsbrucker Nachrichten findet man aber auch noch 1941 den Namen „Toniskar“, sodass beide Begriffe wohl eine Zeit lang synonym verwendet wurden.

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