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8 Monate Anno 1902 (22)

8 Monate anno 1902 (22)

Bei der Abreise von Levico sind Parallelen zur Anreise unübersehbar: am Vorabend erhielten Marie und Tante Anna „2 wohlriechende Sträusschen„, wohl wieder die schon angesprochenen Reisebouquets – zu denen ich übrigens in den weiten des Internets keinerlei Informationen finden konnte. Auch eine schnelle Suche auf anno zeigt zwar, dass es diese gab, lieferte aber keine detaillierteren Erklärungen dazu.

Abfahrt und Ankunft sind wieder von Stoßgebeten begleitet.

Bei der Hinfahrt wurde in den Kommentaren sehr treffend auf die Suganerbahn hingewiesen samt der spannenden Frage, weshalb ab Trient eine Kutsche statt der Bahn gewählt wurde. Erklärung will ich keine liefern (vielleicht wäre dies auch mittels zeitgenössischer Fahrpläne zu beantworten), aber im Vergleich mit den anderen Jahren anmerken, dass dies zwar die übliche Wahl des Verkehrsmittels war, die Valsuganabahn aber durchaus auch genutzt wurde, insbesondere für Ausflüge während des Aufenthaltes.

Dank der Zwischenstation in Trient konnte ich übrigens mein kulinarisches Vokabular um den Begriff des „Indianerkrapfens“ erweitern, wobei dessen Umbenennung, sofern nicht ohnehin bereits im Gange, wohl nur mehr eine Frage der Zeit sein wird. Zweckdienliche Hinweise, wo in Innsbruck selbige vor ihrem Aussterben noch schnell genossen werden können, werden dankend erbeten!

16. Mai, Freitag. Wieder schönes Wetter. Nachmittags packten wir ein, da wir morgen heimfahren wollen. Alsdann besuchte mich Amelia Prati, mit der ich ungefähr bis ½ 7 Uhr plauderte, u. dann der l. Tante Anna und l. Onkel Nicolaus nach San Biagio entgegen gieng. Gleich darauf kam Leonilla, der wir den übrigen Proviant gaben; selbe brachte uns 2 wohlriechende Sträusschen. Nach dem Souper begleiteten uns Herr u. Frau Fischer-Gurig in die Villa Prunner, u. wollten morgen noch von uns Abschied nehmen. Von Tenna u. Colle delle bene war heute abend Scheinwerfen nach Levico.

17. Mai, 1902, Pfingstsamstag, Abreise v. Levico. Um 7 Uhr früh eilten die liebe Tante Anna u. ich zum neuen Curhaus, um vor der Abreise noch ein Bad zu nehmen, worauf wir gleich zur Villa Prunner zurückeilten. Dort wurde noch alles fertig gepackt; indessen kam Frau Ohneßeit mit Sohn sich noch von uns verabschieden. Herr Bosco wartete mit dem Wagen bereits vor der Villa, und um ¾ 9 Uhr verließen wir Levico u. fuhren auf der Landstrasse gegen Trient. Der Himmel war grau bewölkt, doch ohne Regen fürchten zu müssen, während die Temperatur fast schwül zu nennen war. Je näher wir aber gegen Pergine kamen, desto kühler ward es. Nach 2 stündiger Fahrzeit langten wir am Trientner Bahnhof an, gaben das Gepäck auf u. giengen dann in die Stadt. Dort bekam ich sehr viele, ausgezeichnete Chocolade-Bonbons und 3 Indianerkrapfen beim Suc. del Crisotti. Ich kaufte auch 3 Ansichtskarten; 2 davon sandte ich an Martha, eine an Margreth. Kurz vor 12 Uhr giengen wir ins Bahnrestaurant Mittag machen, u. um 1.36 stiegen wir schon in den Brennerexpress u. dampften der lieben Heimat zu, uns Gottes Schutz anempfehlend. Es waren nur 7 freie Plätze im Zug, dennoch hatten wir ein Coupé allein. Neben uns war eine Mylady mit Dienerschaft; auch fuhr ein Fürst v. Hohenzollern mit uns. Es war recht angenehm im Coupé; leider aber war der lieben Tante Anna nicht ganz gut, da sie in Trient kaltes Bier getrunken hatte. Wir ließen das Wagenfenster ein bischen offen, dann schloss ich es des kühlen Windes halber. Bei Waidbruck begann es zu regnen; in Franzensfeste war es ganz stürmisch im Freien. Nun kam das nette Sterzing, wo ich an die l. Großtanten im Vorbeifahren dachte. Am Brenner rückten wir dem Schnee wieder ziemlich nahe; einzelne Flecken lagen sogar tiefer als die Bahn. Neben dem kleinen Eisack sprießen die Himelschlüssel aus dem kurzen Gräschen. Ich beobachtete heuer ganz genau die Wasserscheide, welche sich beim Ort Brenner selbst bildet. – Jetzt giengs in raschem Tempo bergab neben dem stillen See u. dann an den steilen Ufern der Sill. Es war noch ganz hell, weshalb ich brav die Gegend besichtigte. Schon bei Matrei begann ich einzupacken u. alles zum Aussteigen herzurichten; doch kamen noch ziemlich viel Tunells, ehe die breite Ebene von Innsbruck erschien. Winterlich beschneite Berge blickten uns über den Bergisel entgegen. – Innsbruck – Am Bahnhof erwarten uns Josef u. Herr Wollek. Gegen den kalten Wind kämpfend, schritten wir unserm Hause zu u. wurden von Frau Wollek, Madeleine u. Margreth begrüßt. Alles war, Gottlob, in alter Ordnung, u. wir waren froh, wieder glücklich zuhause angekommen zu sein. Dank sei Dir, o Maria, gesagt!!! Am Maialtar brannte das Lämpchen, Blumen schmücken ihn!

Text: Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Cod-2072-1 (Transkription: Katharina Schilling)

Bild: Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-A-24684-31 (Trento mit Piazza Dante, gelaufen 1901)

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