Nach dem Umbau ist vor dem Umbau

Ein ganzes Album zur Entstehungsgeschichte des nun schon wieder geschliffenen Bundespolizeidirektionsgebäudes haben uns die Kollegen von Historischen Polizeiarchiv der LPD Tirol vorbeigebracht. So schnell kann es gehen: 1959 (oben Jänner – unten September) nach den neuesten Erkenntnissen der Häftlingsunterbringung erbaut, war der Trakt heute schon wieder veraltet und musste weg. Der schönste Nebenaspekt der radikalen Räumung aller Gebäude und deren Keller in der Kaiserjägerstraße waren die vielen Funde der pensionierten LPD-Beamten, die Türen und Schlösser, die Jahrzehntelang niemand zu öffnen gewagt hatte, aufgemacht haben und dabei einerseits mit der Spürnase des Ermittlers und doch auch der Zartfühligkeit des Archivars (was übereilte Container-Verladungen alter Papierbestände betrifft),vorgegangen sind. Mit einer unwahrscheinlichen Ausdauer haben die Kollegen begonnen Unsortierbares zu sortieren, Ungesichtetes zu lesen, Unerwartetes wie die legendären „Gestapo-Ordner“ (die eigentlich kriminalpolizeiliche Bestände darstellen) zu Tage zu befördern und so die gesamte zeitgeschichtlich interessierte Welt in Tirol im Jahr 2022 mit vermeintlich „neuen“, natürlich aber im Zufallsverfahren erhaltenen alten Dokumenten in vielen Fragestellungen zu beschenken. Die gesamte Sichtung und wissenschaftliche Auswertung wird noch Jahre dauern, wichtig ist, dass die Dinge jetzt erhalten und digitalisiert wurden und über den Umweg Staatsarchiv (das theoretisch für Bundesakten zuständig ist aber hier auf sein Erstverwahrungsrecht verzichtet hat) am Ende im Landesarchiv landen werden.

Renate Ursprunger hat schon ein Bild aus der Serie gefunden und die Geschichte des Neubaus beschrieben. Da es damals noch keine Drohnen gab, sind die Bilder vom Boden aus aufgenommen. Der makellose Ziegelrohbau der Firma Huter wurde über den Sommer in ein Polizeigefängnis mit Schwedischen Gardinen verwandelt und ließ die hier meist nur kurze Zeit angehaltenen schweren Jungs gesiebte Luft atmen.