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Mortui Vivos Docent

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Die Toten lehren die Lebenden.

Bekanntermaßen brauchte die Ausübung von medizinischen Anwendungen einen langen Anlauf. Im Zeitalter der Antike gehörte es zwar zur Normalität chirurgische Eingriffe durchzuführen. In Ägypten wurden etwa bereits Operationen, auch im Bereich des Schädels, an noch lebenden Personen durchgeführt. Allgemein konnten im Altertum auch Fortschritte und wichtige Erkenntnisse im Bereich der Medizin gemacht werden. 

Das Ganze änderte sich schlagartig mit dem Beginn des Mittelalters: die Tätigkeit der Chirurgie wurde durch den Berufsstand der Bader und Barbiere ausgeübt und galt dadurch als unehrlicher Beruf (nicht gesellschaftlich angesehen). Im Gegensatz zur Antike endeten solche Eingriffe auch häufig tödlich, da die notwendigen medizinischen Kenntnisse und Arzneien fehlten. 

Erst mit dem Beginn der Renaissance kam es zu einem Aufgreifen der antiken Kenntnisse. Erschwert wurde dies allerdings durch Einschränkungen der katholischen Kirche, welche u.a. das Sizieren von Leichen verbot. 

Der im Titelbild abgebildete Akt beschreibt eine Situation aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, wo das Sizieren und Untersuchen von Leichen bereits wieder erlaubt war, sobald mindestens 48 Stunden seit dem Tod vergangen waren. Wer sich nicht nach dieser Frist richtete, musste mit einer Strafe rechnen, deren Höhe allerdings nicht aus diesem Schriftstück hervorgeht. 

Stattdessen kann man hier von einer Ausnahme dieser Regel lesen: wenn es sich bei der verstorbenen Person um eine schwangere Frau handelte, die im Prozess der Geburt verstorben war, war es erlaubt das Verbot zu umgehen. Um das ungeborene Kind zu retten, durfte man schon vor diesem Zeitraum der 48 Stunden operieren. Im Akt wird geschrieben, dass „in jenen Fällen, wann eine schwangere Weibs-Persohn absterbe, gleich nach ihrem Tod die nöthige, in solchen Fall übliche Eröffnungs und Dissections Operation, um allen falls die Frucht zu erhalten, allerdings vorgenommen werden solle, jedoch mit eben solcher Bescheidenheit und Vorsichtigkeit, als ob sothane Operation an einer lebenden Person vorgenommen wurde.“ 

Carla Warbanoff 

Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Akt 740/1757

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