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Der Wal Im Archiv

Der Wal im Archiv

Welcher Art von Wal das hier abgebildete Papier in Abmessungen und Gewicht entspricht, das kann ich ihnen beim besten Willen nicht sagen (ein Orca vielleicht, die scheinen ja im Moment die Nähe zu Menschen zu suchen). Aber dafür kann ich erklären, was das ganze überhaupt mit Walen zu tun hat. Es hat – surprise, surprise – mit dem wohl etwas zu schweren Rätsel von Sonntag zu tun.

Anton Georg Schöllhorn, Sohn eines Münchner Delikatessenhändlers, soll einst von Walfotografen zu seiner Berufslaufbahn inspiriert worden sein, zunächst beim Münchner Verlag Purger. Während des Ersten Weltkriegs heiratete er die Kaufmannstochter Anny Liebich und gründete 1918 die Monopol Kunst- und Verlagsanstalt A. Schöllhorn mit Auslieferungslagern in Wien und Graz sowie einem Firmensitz in Innsbruck. 1921 erfolgte deren Zusammenlegung in Hall, wo ein Jahr später der einzige Sohn und Firmenerbe Anton Franz geboren wurde. 1927 bezog man das Verlagsgebäude in der Colingasse 6 – von dem jedoch in unserer Datenbank kein einziges Foto zu finden ist.

Seit Ende 1936 (vgl. a. Amtsblatt 1937/1) führte Anny den Betrieb, die mit dem Tod ihres Mannes 1939 auch den Firmensitz des süddeutschen Geschäftes von München nach Innsbruck verlegte. Während des Zweiten Weltkriegs musste der Monopol-Verlag 1943 die kriegsbedingte Schließung und den Verlust des kompletten Negativarchivs hinnehmen. „Die erste Verkaufsreise nach dem Krieg ging in die Firmengeschichte ein und blieb auch den damals besuchten Kunden unvergeßlich“, erinnert sich Schöllhorn in einer 1978 erschienenen Broschüre: „Wegen ausgefallener Verkehrsmittel wurde der größte Teil der Reise durch die Bundesländer Salzburg, Osttirol und Kärnten mittels Fahrrad zurückgelegt.“ Anton Franz Schöllhorn übernahm 1948 die Geschäftsführung in der zur offenen Handelsgesellschaft umstrukturierten Firma und heiratete 1950 Margot Meindl, die vor allem den Glückwunschkartenbereich ausbaute und betreute.

Zu Jahresanfang 1967 schied seine Mutter Anna (seit 1941 verh. Spirek) aus dem Unternehmen aus (weshalb hier die Löschung des Gewerbes „Handel mit Ansichtskarten“ erfolgte, vgl. Amtsblatt 1967/03). Es wurde im Herbst 1967 mit Anton Franz Schöllhorn als Alleininhaber neu angemeldet und zwar auf den „Handel mit Ansichtskarten, erweitert auf den Handel mit Papierwaren und Glückwunschbillets“. Aufgrund von Renovierungsarbeiten in den Büro- und Betriebsräumen war das Unternehmen in diesem Jahr vorübergehend auf den Adolf-Pichler-Platz 12 übersiedelt.

Nach Eigendarstellung gehörte der Monopol-Verlag in den 1970er-Jahren sowohl im Ansichtskarten- wie auch im Glückwunschwarenhandel „zu den führenden Firmen Österreichs“. Zum 60-Jährigen Firmenjubiläum lobte Landeshauptmann Eduard Wallnöfer die wichtigen Leistungen des Verlags für die Tiroler Wirtschaft und den Fremdenverkehr: „Von den vielen Millionen Ansichtskarten, die im Laufe der Jahre verkauft werden, wird der Großteil von Ausländern erworben. Es ist dies eine ständige und intensive Werbung für unser Land, da durch diese Fotos die Schönheiten Tirols in alle Welt hinausgetragen werden. Dazu kommt, daß der Ansichtskartenverkauf eine verläßliche Deviseneinnahmsquelle für Österreich darstellt.“

Laut den städtischen Unterlagen endete die Geschichte der Firma im August 1993, genau im Jahr ihres 75-jährigen Jubiläums. Anton Franz Schöllhorn starb 2010. Vor einigen Wochen konnte das Stadtarchiv Innsbruck Teile – leider nur mehr Teile, aber immerhin – des Firmenarchivs erwerben. Die oben abgebildeten Walbabygroßen Reste der Ansichtskartenproduktion harren nun der Sichtung und Erschließung.

(Foto: Joachim Bürgschwentner; Inhalt: „60 Jahre Monopol-Verlag Schöllhorn Innsbruck 1918-1978“; Gewerbeunterlagen, u.a. Abt. I-1685/1967, Abs. 3)

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare
  1. Da bin ich aber froh, Herr Bürgschwentner, dass Sie mit Ihrem heutigen Beitrag für Auflärung sorgten! Ich hätte womöglich weiter nach Zeitungsberichten über Dallmayr, Käfer & Co. und über ausgestellte Wale gesucht.
    Von einem Münchner Delikatessengeschäft zu einer Innsbrucker Verlagsanstalt – auf diese Idee wäre ich nie gekommen. Aber es scheint eine spannende Firmengeschichte zu sein. Und ganz wichtig: Wie es aussieht, geht dem Stadtarchiv die Arbeit so schnell nicht aus 😉

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