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Das Bauchweh Des Architekten

Das Bauchweh des Architekten

Gelegentlich fragt sich der gelernte Innsbrucker, ob sich irgendwann eine vernünftige Lösung für die städtebauliche Brache des Frachtenbahnhofs finden wird. Das wäre doch ein Spaß für den dann amtierenden Gemeinderat des Jahres 2180, sich im Rahmen der 1000-Jahr-Feier ein neues Viertel mitten in der Stadt auszumalen.

1940 wäre es schon fast so weit gewesen. Der aus Innsbruck stammende Architekt Otto Mayr (Jahrgang 1911) hatte in seinem Münchener Büro einen mit viel Ortskenntnis aber auch genauso viel nationalsozialistischer Großmannssucht ausgestatteten neuen Achsenplan erstellt, der eine nähere Betrachtung verdient (hier interaktiv mit Überblendemöglichkeit).
Beide Bahnhofsteile wurden hierfür an den Hang verlegt, fast schon beim neuen Heldenfriedhof Egerdach draußen. Die gewonnene Fläche an der Stelle des Gleismikado bekam repräsentative Prachtbauten im Münchener NS-Pseudo-Klassik-Stil. Alles gefühlt an der Serles ausgerichtet mit Blick-Achse zum Heldenbergisel. Der Westfriedhof wurde für Klinikerweiterung geschliffen, sein jüdischer Teil gleich noch mit einem Wohnblock überbaut. Die Verkehrsanbindung war klar und überschaubar: Ein Südring, ein Mittelring, eine Autobahn nach München. Etwa zur selben Zeit reichte auch (der 1907 in Wien geborene) Architekt Peter Koller aus Berlin so einen Plan ein, etwas weniger elaboriert aber ziemlich gleich monumental.


1944 wurde Otto Mayr zum Stadtplaner Innsbrucks bestellt. Zum Glück gab es da für derlei Prachtbauten schon längst kein Geld mehr in den Kriegskassen. Im Archiv der Innsbrucker Baukunst liegt dieser 1940er Entwurf in einer Mappe, die mit „Wiederaufbau 1945“ beschriftet ist. Auch daraus ist dann nichts geworden… also freuen wir uns, was die Neunutzung des Frachtenbahnhofs betrifft, einstweilen weiter auf das Jahr 2180.

Dieser Beitrag hat 10 Kommentare
  1. Interessant ist auch, dass der Plan auf Höhe des heutigen Rettungsheims eine zusätzliche Sillbrücke vorsieht und auch ungefähr bei der Olympiabrücke eine Brücke gebaut werden sollte.

  2. Sehr aufschlussreich ist auch der Gedanke, die Freiburger Brücke nicht dort zu bauen, wo sie heute ist, sondern eine neue Brücke gleich neben der Karwendelbahn zu errichten.

  3. Es gibt so viele Details zu entdecken, vielen Dank!
    Besonders auffällig ist auch die geplante Umgestaltung der historischen Eisenbahnbrücke an der Haller Straße zu einer Straßenbrücke.

  4. Der auf dem ersten Link 1940b geplante südlichere Verlauf des „Südrings“ hätte tausenden Innsbrucker Familien eine hohe Wohnqualität beschert (wenn man einmal das Regime wegdenkt). Leider hat man den zweiten Entwurf nachgeäfft.

    Hammermäßig fiel am Entwurf 1940b die Gestaltung des Flugplatzes aus. Zum einen begrenzte man durch ausgewiesene Sportflächen die Platzgröße auf ein schon wieder zu kleines Areal, und dann stellte man noch das Flughafengebäude in die Richtung der günstigsten Startbahn.

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