Archivding der Woche

An dieser Stelle gibt es heute keine Wahlurnen, kein Emailschild und auch keine Rechenmaschine zu bestaunen, sondern nur diese Ansichtskarte. Schaut recht unscheinbar aus, oder? Sie zeigt eine Gesamtansicht von Pisino (zu dt. Mitterburg / heute Pazin), eine alte Stadt im Süden der Habsburgermonarchie gelegen, in der bis 1918 der Landtag der Markgrafschaft Istrien seinen Sitz hatte. Soweit so gut. Richtig interessant wird es aber, wenn man die Karte umdreht und sich den Text näher ansieht. Die Schrift ist markant, aber dennoch recht einfach zu lesen:

Pisino 16/6/14
Lieber Freund! Deine Karte erhielt ich erst hier schon auf der Übungsreise. Ich gratuliere Dir von Herzen zu der – nach meiner festen Überzeugung – „vernünftigsten Handlung eines Junggesellen.“ Glück auf! – Alleweil Glück auf.
Dein treuer, ganz ergebener
alter
KörnerObstlt

Adressiert ist die Karte an den k. u. k. Hauptmann des Generalstabes Walter Kirsch, der wenige Tage zuvor in Bozen Dora Brelich geheiratet hatte. Der Gratulant gehörte ebenfalls dem k.u.k. Generalstab an und war kein geringerer als der spätere Wiener Bürgermeister und zweite Bundespräsident der Zweiten Republik, Theodor Körner (damals noch „Edler von Siegringen“). Er war zu dieser Zeit Oberstleutnant, unterrichtete an der Kriegsschule in Wien und war eben auf einer der alljährlichen „Übungsreisen“ mit seinen Schülern unterwegs. Nur wenige Tage, nachdem Körner diese Karte zur Post gebracht hatte, sollten in Sarajewo jene Schüsse fallen, die auch in Pisino zum Untergang der „Welt von Gestern“ führen sollten …

(StAI, NL Kirsch)