Kipper und Wipper (I.)
Das frühneuzeitliche Geldsystem, wenn man es denn überhaupt System nennen will, wird anfänglich jeden in heilloser Verwirrung zurückzulassen, der etwas darüber zu lesen versucht. Man fragt sich gelegentlich, wie es sich überhaupt gegenüber dem Tauschhandel halten konnte. Man würde doch lieber ein paar Eier gegen ein Stück Käse zu tauschen als sich mit Gulden, Dukaten, Reichstalern, Königstalern, Kreuzern, Groschen, Schillingen, Guldengroschen, Kopfstücken, Batzen und noch unzähligen weiteren Münzen aus aller Herren Länder herumzuschlagen. Aber im Gegensatz zum Käse stinkt Geld nun einmal bekanntlich nicht und so blieb es ein notwendiges Zahlungsmittel, auch wenn der Tauschhandel natürlich vor allem am Land parallel dazu existierte.
Doch das nicht-stinkende Zahlungsmittel brachte auch Gefahren mit sich. Eine davon war die Münzentwertung, damals auch oft Münzverschlechterung genannt. Bereits im alten Rom hatte der Fiskus in der Not den Silberanteil des Denarius gesenkt, um die Legionäre bezahlen zu können.
Im Heiligen Römischen Reich des 16. und 17. Jahrhunderts lag das Münzregal nicht allein beim Kaiser. Die Reichsfürsten und auch zahlreiche Städte prägten allesamt ihr eigenes Geld. Während des späten 16. Jahrhunderts sank der Edelmetallanteil in vielen Münzen, aber es war ein langsamer Prozess, der zu keinen größeren Problemen führte. Zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges spitzte sich die Situation jedoch markant zu. Bereits vor dem Ausbruch des Krieges stiegen immer mehr Personen in das Geschäft ein, „gute“ Münzen einzuschmelzen, um daraus eine größere Menge „schlechtes“ Geld zu prägen und so Gewinne zu machen. Begünstigt wurde diese Tätigkeit dadurch, dass es zum einen seltene Kontrollen gab, die meist nur mit Verweisen endeten, wenn Fehler entdeckt wurden, zum anderen aber auch dadurch, dass viele Fürsten die Prägungen selbst sanktionierten um sich den Gewinn nicht entgehen zu lassen. Die Seignorage, der Gewinn, den der Münzherr beim Prägen des Geldes machen konnte, war eine bedeutende Einkommensquelle.
Bald wurde dieser Trend zum Selbstläufer, denn wer weiter gutes Geld prägte, dem floss das Silber aus dem Land um anderswo neu geprägt zu werden. Den Namen bekommt diese Zeit vom auswiegen (Wippen) und aussortieren (Kippen) der Münzen, um das gute Geld für sich zu behalten.
(Titelbild: 1569 in Mühlau geprägter Guldentaler, mit dem Bildnis Ferdinands II.)