Wir hatten einen Dienstgang XXII

Diese Woche durfte ich an einem für mich sehr eindrucksvollen Dienstgang teilnehmen. Die frühere Bewohnerin eines geschichtsträchtigen Innsbrucker Hauses hat uns empfangen, uns durch das Gebäude geführt und ausführlich von den Vorbesitzern und von ihren eigenen Erinnerungen erzählt. Es war persönlich, bewegend, erheiternd – und ich fragte mich danach, ob wir als Gesellschaft (und vor allem die jüngere Generation) wohl ein anderes Verhältnis zu unserer Stadt und ihren Gebäuden hätten, wenn wir öfters solche Einblicke bekämen. Dass hier nicht nur alte Mauern stehen, die man nach Belieben abreisst oder auch nicht (in diesem Fall zum Glück nicht), sondern wie viel, wie viel an Erinnerung sich darin verbirgt. Wobei der Aspekt des Verborgenen sicher auch ein Teil des Problems ist. Die Erinnerungen sind in den Köpfen, zum Teil in den Familienkreisen verborgen, wie schön wäre es, wenn viel mehr Menschen Memoiren schreiben würden, wie viele spannende Geschichten hören wir, die mit den Erzählenden verloren gehen werden. (Zum Glück können wir inzwischen einige davon in unserem Podcast „Archivwürdig“ festhalten und teilen, auch wenn es nur ein paar Sandkörner am Meer sind.)

Im Zuge des Besuchs sind wir übrigens auch auf den Balkon hinausgetreten, von wo aus ich nicht nur das obligatorische Beins sondern auch eine – noch gesunde und lebendige, aber in der Vergangenheit bereits einmal bedrohte – Buche in voller Pracht feshalten konnte (wobei der mächtige Stamm eigentlich auch ein Foto wert gewesen wäre).

Wissen Sie, wo wir waren?

(Foto: Joachim Bürgschwentner)