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SR Dr. Walter Frenzel – In Eigener Sache Und Noch Viel Mehr

SR Dr. Walter Frenzel – in eigener Sache und noch viel mehr

Heute vor 25 Jahren habe ich im Stadtarchiv Innsbruck anfangen dürfen. Später wurde daraus das Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck. Das ist für mich ein Tag des Rückblicks, aber ansonsten auch nur ein ganz normaler Arbeitstag.

Ich möchte diesen Moment des Innehaltens nutzen, in wenigen Zeilen an den kürzlich verstorbenen SR Dr. Walter Frenzel (1940–2023) zu erinnern. Er war als Kulturamtsleiter mein erster Chef bei der Stadt. Dabei war unser Anfang nicht so ganz einfach. Er pflegte eine – auf Gegenseitigkeit beruhende – innige Abneigung gegen meinen Vorgänger, SR Dr. Franz-Heinz Hye. Sein erster Satz an mich war: „Ich mag Sie nicht, Sie sind ein Hye-Mann“. Das war ich ganz genau gar nicht. Auf den ersten Vorstellungstermin musste ich drei Wochen waren. Es war nicht so ganz fein zwischen allen Fronten zu sitzen. Ich war Ende 20, völlig fremd, keine Freunde im Magistrat und dann noch so ein Empfang.

Jetzt könnte man meinen, das war der Anfang einer langen Feindschaft. Aber weit gefehlt. Dr. Frenzel – wir waren ein Leben lang per Sie – zeichnete aus: Er ließ mich werkeln und es entwickelte sich im Laufe der Zeit eine Art der gegenseitigen Wertschätzung. Das Werkeln lassen war vermutlich für meine Mitarbeiter ziemlich nervig, aber es war ein wertvoller Spiel- und Lernraum. Erste kleine Projekte konnte eingefädelt werden. Manche haben funktioniert. Eine Zeit des Probierens und des Veränderns. Viele Dinge sind im jugendlichen Übereifer auch in die Hose gegangen. Aber Dr. Frenzel hat es immer unterstützt und vor der Politik rechtgefertigt. So konnte ich mich entwickeln und sehr viel dazulernen. Irgendwann konnte ich dann auch auf eigenen Beinen stehen.

Wir waren altersmäßig etwa eine Generation auseinander. Ideologisch, interessensmäßig und kleidungstechnisch Lichtjahre. Heute vor 25 Jahren habe ich auch das letzte Mal bisher eine Krawatte getragen. So bis 10.00 Uhr ca. Es geht mir nicht ab.

Durch die schrittweise nähere Bekanntschaft lernte ich sehr viel über Dr. Frenzel und noch viel mehr von ihm. Anekdoten und Tricks, z.B. wie man die Verwaltung „vereinfacht“. Der spröde Senatsrat war witzig, umfassend gebildet und weltgewandt. Und natürlich sehr konservativ. Seine kulturellen Interessen lagen primär im Musikbereich auch wenn er bei der Stadt bei der schreibenden Zunft angefangen hatte. Eine Affinität zu Büchern und (gehobener) Literatur war ihm auch zu Eigen.

Wenn es den Begriff des Senatsrats in eine Form zu gießen gelte, dann wäre Dr. Frenzel ein Kandidat dafür. Immer korrekt und in der Verachtung alles Linken und Alternativen unerbittlich. Dabei pflegte er aber eine gehobene Streitkultur.

An eine Episode erinnere ich mich noch heute: Wie ihm bei einer Sitzung im größeren Rahmen mitgeteilt wurde, dass zukünftig nach Konzerten die Blumensträuße für die Solistinnen eingespart werden, hat ihn das zu einem recht lautstarken Gespräch mit seiner Vorgesetzten quer durch den ganzen Raum aufgeheizt. Auch wenn er es am Ende nicht verhindern konnte, war es ein eindrucksvoller Auftritt.

Auch nach seiner Pensionierung haben wir immer wieder miteinander in historischen Kontexten zu tun gehabt. Im entspannten Ambiente freundlicher Gespräche haben wir weitere Wege zueinander gefunden.

SR Dr. Frenzel wird mir als überaus kenntnisreicher Musikliebhaber und engagierter Chef in bester Erinnerung bleiben.

Lukas Morscher


Dieser Beitrag hat 3 Kommentare
  1. Herzlichen Glückwunsch, Herr Morscher, zu Ihrem Vierteljahrhundertdienstjubiläum – und zu diesem respektvoll und warmherzig verfassten Beitrag! Richtig schön zu lesen.
    Der 14. September 1998 war mit Sicherheit ein Glückstag für das Stadtarchiv. Und das Foto in dem von Herrn Roilo verlinkten Artikel entstand offensichtlich nach 10:00 Uhr 😉

  2. Ich danke bestens für die guten Wünsche und das Lob. Zweiteres darf aber nicht mir gelten, sondern wir betreiben einen Mannschaftssport und so ist das Lob auf viele Köpfe zu verteilen.
    Danke trotzdem!

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