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Das Königliche Spiel – Teil 1

Das königliche Spiel – Teil 1

Beim neuen Parkschach im Englischen Garten herrscht stets rege Betriebsamkeit – da wird eifrig gespielt und diskutiert. Wie schon in einem früheren Beitrag hingewiesen wurde, gibt es das Parkschach in Innsbruck schon seit 1970. Doch schon früher herrschte in Innsbruck ein teils reges Schachleben.

Man kann davon ausgehen, dass in adeligen Kreisen schon im Mittelalter und der frühen Neuzeit Schach oder schachähnliche Spiele gespielt wurden. Davon zeugt etwa ein Codex für Kaiser Maximilian, in dem das Schachspiel erklärt wird. Auch finden sich im Nachlassinventar Erzherzog Ferdinands II. von 1596 Schachbretter und Figuren, die teilweise in der Ausstellung im Schloss Ambras zu bewundern sind.

Im 19. Jahrhundert wird Schach dann zu einem bürgerlichen Zeitvertreib, der vor allem in den zahlreichen neu enstandenen Kaffeehäusern gespielt wird. Wien wird zu einem Anziehungspunkt für Schachspieler aus der ganzen Habsburgermonarchie und zu einem Hotspot des Schachspiels. Wenngleich wir keine Nachrichten von Schachspielen in Innsbruck aus dem frühen 19. Jahrhundert haben, so wissen wir doch von einzelnen Schachspielern um die Jahrhundertmitte: so war etwa der Universitätsprofessor für Mathematik Anton Baumgarten ein begeisterter Schachspieler, der mehrfach in Schachzeitungen erwähnt wird, etwa als Gewinner von Schachrätseln. Auch ein Beamter der Statthalterei, Benedikt Beyrer, aus Innsbruck, findet mehrfach als Komponist von Schachproblemen in Schachzeitung Erwähnung. Unter der Innsbrucker Schachspielern des ausgehenden 19. Jahrhunderts ist auch der Rechtsanwalt Max Kapferer, der ab 1902 Abgeordneter im Tiroler Landtag war und bereits 1898 in Köln an einem Schachturnier teilgenommen hat.

Richtig greifbar wird das Schachspiel in Innsbruck erst, als um 1900 erste Schachklubs in der Stadt gegründet werden. Überdies gibt es seit 1898 die Wiener Schachzeitung, die regelmäßig über das Schachleben in Österreich und Innsbruck berichtet. In dieser Zeitung wird im Jahr 1900 auch die Gründung eines Schachklubs im Gasthof Einhorn vermeldet. Dieser Klub scheint jedoch nicht länger Bestand gehabt zu haben. 1904 gründete sich schließlich der „Innsbrucker Schachklub“, der länger Bestand haben und das Schachleben in Innsbruck in den folgenden Jahrzehnten prägen sollte. Der Klub traf sich zunächst im Café Konrad in der Leopoldstraße 24 (Ecke Leopoldstraße, Michael-Gaismair-Straße). Bereits im Jahr 1905 verlegte der Klub seine Treffen aber in das Café Central. Dieses Kaffeehaus wird in den folgenden Jahren zur Drehscheibe der Schachspieler in Innsbruck. Dort spielte der Klub Montags und Donnertags, aber auch an den übrigen Tagen konnte man dort auf Schachspieler treffen. In den lokalen Zeitungen wurde regelmäßig auf die Vereinstreffen hingewiesen und Gäste eingeladen. Eine wichtige Rolle als Promotor und erster Obmann spielte dabei der Rechnungsrat Walter Flir. Aber auch der bereits genannte Max Kapferer engagierte sich im Verein und war später Obmann. Insgesamt rekrutierten sich die meisten Vereinsmitglieder aus der Beamten-, Lehrer- und Professorenschaft und den freien Gewerben und verdeutlichen somit den bürgerlichen Charakter des Klubs und des Spiels zum damaligen Zeitpunkt.

Das Gasthaus Einhorn in der Innstraße 1, der Ort an dem der erste Schachklub in Innsbruck gegründet worden ist. Stadtarchiv/Stadtmuseum PH-21138)

Ab dem Zeitpunkt der Klubgründung fließen die Nachrichten über die Aktivitäten des Klubs reichhaltig. Bereits zwei Jahre nach der Gründung veranstaltete der Klub sein erstes Turnier. Um Anfänger und Neulinge anzulocken, wurde dabei auch ein Handicap-Turnier gespielt, bei dem schwächeren Spielern eine oder mehrere Figuren vorgegeben wurden. Außerdem plante der Klub-Vorstand Spitzenspieler für Simultan- oder Blindspiele einzuladen und an einem Korrespondenzturnier teilzunehmen. Bei letzterem spielten Einzelspieler oder Mannschaften gegeneinander, wobei sich diese die Züge jeweils per Post zusandten. In Zeiten vor der Erfindung des Internets konnte man auch so gegen weit entfernte Gegner spielen, man musste indes die notwendige Geduld mitbringen. Es fasziniert aber, wie international das Spiel war und wie rasch und selbstverständlich der Innsbrucker Schachklub in die internationale Szene integriert wurde. So spielte man in den folgenden Jahren beispielsweise mehrfach Korrespondenzturniere mit Mannschaften aus ganz Europa.

Das Vereinsturnier im Jahr 1906 war der Auftakt zu zahlreichen weiteren Turnieren und Klubmeisterschaften. Diese begannen in der Regel Ende Oktober und wurden dann im Herbst und Winter gespielt. Im Jahr 1909, zum fünfjährigen Bestehen des Klubs, hatte sich der Vorstand schließlich ein besonderes Highlight einfallen lassen, man lud Rudolf Spielmann, „den letzten Ritter des Königsgambits“, einen der besten Spieler der Zeit nach Innsbruck ein, um sich in einem Simultanturnier mit ihm zu messen. 37 Spieler traten dem Meister entgegen, wobei acht Spieler einen Sieg davontragen konnten und vier ein Remis erreichten. Auch in den folgenden Jahren bis zum ersten Weltkrieg waren teilweise noch Spitzenspieler nach Innsbruck eingeladen. Der Höhepunkt war eine Simultanpartie gegen den damaligen Weltmeister Emanuel Lasker, der 1913 nach Innsbruck kam. Lasker hielt zunächst einen Vortrag im Café Central, um sich anschließend mit 26 Innsbrucker Schachspielern gleichzeitig zu messen. Als einziger konnte der Zahnarzt Dr. Miller gegen den Champion gewinnen, Reichsratsabgeordneter Joseph Schraffl, Walter Flir und Prof. Konrad Zindler konnten remisieren. „Lasker zollte der Spielführung einiger Gegner hohes Lob, meinte aber, daß ein Teil recht schwach gespielt habe. – Da Innsbruck noch eine ganze Anzahl besserklassiger Spieler besitzt, so zweifeln wir nicht daran, daß es bei der nächsten Gelegenheit gelingen wird, auch diese rechtzeitig mobil zu machen.“

Innsbrucker Nachrichten, 29. Oktober 1913, der vollständige Artikel mit Beschreibung des Turnierverlaufs unter: https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=ibn&datum=19131029&seite=8&zoom=33

Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs im folgenden Sommer hemmte allerdings den weiteren Aufschwung des Klubs sowie des Schachsport in der Folge. Erst nach Ende des Krieges konnte man an die Erfolge anknüpfen. Diese Zeit wird dann im nächsten Teil behandelt werden.

Christof Aichner

(Café Central im Jahr 1925, Stadtarchiv/Stadtmuseum Ph-20954)

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