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Die Begeisterung Schlug Hohe Wellen…

Die Begeisterung schlug hohe Wellen…

Der nostalgische Blick zurück ist besonders verlockend, wenn die Vergangenheit glänzend und die Gegenwart düster ist. In diesem Sinne ist der heutige Blick zurück eigentlich ein Muss. Denn der Blick auf die Gegenwart des FC Wacker Innsbruck – die am letzten Spieltag vergebene Aufstiegschance in die Bundesliga und ein angeblich finanzstarker Partner, der den Verein wohl auf einem Schuldenberg in Millionenhöhe sitzen lässt –, dieser Blick ist wahrlich keine Freude.

Umso schöner, dass wir heute einen Blick exakt 50 Jahre zurück werfen können, auf den 19. Juni 1971: Nach einem nervenaufreibenden Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Herbstmeister und späteren Erzrivalen SV Austria Salzburg sicherte sich der FC Wacker Innsbruck in der letzten Runde durch ein 4:2 (2:0) bei Wacker Wien – die Tore erzielten der 20-jährige Kurt Jara (32′, 38′) und der Ex-Rapidler Leopold Grausam (52′, 78′) – seinen ersten österreichischen Meistertitel. Der FCW war nach dem LASK (1965) erst das zweite Nicht-Wiener Team, dem das gelungen war. Der Jubel unter den Tiroler Fußballfans war grenzenlos. Landeshauptmann Eduard Wallnöfer setzte die Sperrstunde aus. In der Innsbrucker Innenstadt wurde die ganze Nacht überbordend gefeiert; Autocorso, ohrenbetäubender Lärm und Vandalenakte inklusive, wie die Tiroler Tageszeitung am 21. Juni berichtete.

„Erster Höhepunkt: Um etwa halb vier Uhr morgens traf der Autobus mit der Mannschaft und ihren Betreuern ein und wurde von den unentwegt hupenden ‚Auto-Mobilisierten‘ Fanatikern im Triumph in die Stadt geleitet. In der Leopoldstraße wurden die Spieler von den begeisterten Anhängern aus dem Bus geholt und im Triumphzug auf den Schultern umhergetragen. Im Schritt ging es bis zur Maria-Theresien-Straße weiter.

Die Polizei drückte mehr als beide Augen zu, war aber sichtlich überfordert in dem Bemühen, die Kolonnen der begeisterten Autofahrer zu steuern. Verkehrszeichen und Einbahnregelungen hatten ihre Bedeutung verloren. Eine genaue Bilanz ist noch gar nicht zu ziehen. Bei den Wachzimmern sind zahllose Anzeigen über Sachbeschädigungen eingelangt, insbesondere auch, daß parkende Personenautos durch aus den Fenstern herabgeworfene Gegenstände beschädigt worden sind. Das beweist, daß der Sieg nicht nur auf der Straße und in Gastlokalen, sondern auch privat mit überschäumender Freude gefeiert wurde.“

Am Vormittag des 20. Juni fand im Barocksaal des Hotel Europa – der bekanntlich vor etwa einem halben Jahr zerstört worden ist – ein offizieller Empfang statt. Der Weg dorthin wurde für die Mannschaft zu einem neuerlichen Triumphzug. „Rund 25.000 Menschen, so schätzte die Polizei, hatten die Straßen gesäumt, als die Mannschaft des neuen österreichischen Fußballmeisters durch Innsbrucks Straßen fuhr.“ Wie man auf den Bildern des Beitrags erkennen kann, war „Merchandising“ Anfang der 1970er-Jahre noch ein absolutes Fremdwort. Sportexperten und Rätselfreunde sind herzlich eingeladen, die Spieler auf dem Wagen und die Portraits auf der Fassade des Kaufhaus Tirol zu benennen. Und wie immer freuen wir uns, wenn Zeitzeugen in den Kommentaren ihre persönlichen Erinnerungen mit uns teilen.

Anlässlich dieses Jubiläumsjahrs präsentieren wir übrigens in einer Vitrine im ersten Stock des Stadtarchivs einige Erinnerungsstücke, Fotos und Berichte. Eine zweite Vitrine widmet sich einem anderen wackeren Jubiläum, das dieses Jahr gefeiert wurde und wird (mehr wird nicht verraten)! Selbstverständlich kann bei uns auch in alten Tageszeitungen geblättert werden. Und Dank des Wackerarchivs stehen Mitglieder- und Stadionzeitungen ab den 1960er-Jahren in unserer Datenbank digital zur Verfügung. Einem ausführlichen nostalgischen Blick steht also nichts im Wege.

Apropos nostalgischer(?) Blick zurück: Die Tiroler Tageszeitung vom 21. Juni 1971 begann ihren Bericht über die Meisterfeiern mit einem Vergleich zum Einmarsch Nazideutschlands in Österreich, der wohl damals schon Verwunderung hervorgerufen haben muss, heute aber völlig sprachlos macht: „Eine ‘Freinacht‘, wie sie Innsbruck seit dem 11. März 1938 bisher nie erlebt hat, gab es vom Samstag auf Sonntag für die Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck, seit Samstag die Stadt des österreichischen Fußballmeisters. Die Begeisterung schlug hohe Wellen, erfaßte die ganze Stadt…

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-9313, Ph-9314 Fotograf: Fedor Viktor Habermüller)

Dieser Beitrag hat einen Kommentar
  1. Eine kleine Ergänzung.
    Da ich (natürlich) damals auch dabei war, möchte ich versuchen, die Spieler aufzuzählen, die auf dem Wagen zu sehen sind.
    Ganz vorne Ettmayer, Jara, Masseur Eisank, Trainer Otto Baric (mit Sohn)
    Weiters Franz Wolny, Toni Thiel („TT“ Sportchef), Heinz Binder, Hans Eigenstiller, Francescin, Obert, Werner Kriess, Leo Tschenett, Leopold Grausam, Herbert Rettensteiner

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