Maria-Theresien-Straße 1857 (oder so)
Dieses Motiv, sogar mit fast der gleichen Staffage, kennt man. Es gibt aus der Zeit Stahlstiche und Lithographien davon. Als kleine künstlerische Fingerübung wurden solche Darstellungen von Kunstinteressierten oft nachgemalt. Hier in Aquarell. Natürlich ist es auch nicht ausgeschlossen, dass die Kunst vor Ort entstanden ist. Aber es gibt im 19. Jahrhundert schon zahlreiche Journale, die in den bürgerlichen Salons auflagen, in denen zahlreiche Stahlstiche abgedruckt waren. Am Ende des Jahrhunderts kommen dann die deutlich billigeren Holzstiche und machen aus den Journalen schon fast zu einer Illustrierten. „Vom Fels zum Meer“ kommt erst später, aber die „Gartenlaube“ gibt es da schon.
Aber schauen wir uns die Szenerie ein bisschen genauer an: Es gibt sehr viel zu entdecken. Die bunten Kleider der Frauen vermitteln fast einen südländischen Eindruck. Da hilft auch der schwer beladene Esel. Und ein Mann mit einem turbanähnlichen Kopfschmuck, der auf einem Rupfensack sitzt. Trotzdem könnten Fachmenschen die ein oder andere Tracht identifizieren.
Bürgerlich-urbane Kleidung entdeckt man nur im Hintergrund.
Dass wir uns in Innsbruck befinden steht außer Zweifel. Zu klar und zu „richtig“ ist die Darstellung. Auch die Pylone am Eingang der Altstadt „stimmen“. Naja, einigermaßen halt. Kurios ist der Baukörper der Spitalskirche, die eher an Trient erinnert. Auch wenig schmeichelhaft ist der Stadtturm angedeutet. Kaum zu übersehen. Wenn für Türme einen Body-Mass-Index gäbe, dann würde der Stadtturm einen sehr hohen Wert erreichen und umgehend auf Diät gesetzt werden. Auf 0-Diät.
An den Häusern faszinieren die teilweise langen Tücher, die offenbar als Sonnenschutz dienen sollen. Am Rathaus ist der Maler/die Malerin irgendwie durcheinander gekommen. Am späteren Rathaus scheinen diese Tücher vom zweiten Stock bis zur Straße hinunter zu reichen.
Das erste Haus rechts ist zwar recht pittoresk dargestellt, aber es ist halt historisch falsch.
Links unten ist dieses kleine Kunstwerk mit „E. Costa 1857“ signiert und datiert. Ob es Absicht des Künstlers/der Künstlerin war, sich am Abwasserschacht zu verewigen?
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck)