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Heilig’s Blechle!

Heilig’s Blechle!

In den späten 1920er-Jahren hielt eine neue Rubrik Einzug in die Lokalpresse: Verkehrsunfälle. Das mag nicht weiter verwundern, verzeichnete doch allein die Innsbrucker Polizei für das Jahr 1926 186 Unfälle im Straßenverkehr. Die drei häufigsten Unfallursachen waren:
X) Schnellfahren und Unvorsichtigkeit (94 Fälle)
X) Unvorsichtigkeit der Fußgänger (39 Fälle)
X) Nichtbeachtung der Fahrordnung (34 Fälle)
Fahradfahrer (65 Fälle), PKW-Lenker (57 Fälle) und Motorradfahrer (25 Fälle) waren zusammen für rund 80% aller Verkehrsunfälle in Innsbruck verantwortlich.

Verkehrsunfall am Rennweg, um 1932. Ein Cabriolet (Steyr XX) kollidierte mit einem Autobus der Linie 4.

Bis zum Jahr 1930 sollte sich die Zahl der Verkehrsunfälle in Innsbruck mehr als verdoppeln. Insgesamt registrierte die Polizei in diesem Jahr 393 Verkehrsunfälle im Stadtgebiet. Die Hauptursachen waren nach wie vor Schnellfahren und Unvorsichtigkeit (256 Fälle), gefolgt von Unvorsichtigkeit der Fußgänger (59 Fälle) und Nichtbeachtung der Fahrordnung (37 Fälle). „Durch die Unfälle wurden 451 Personen (im Jahre 1929 338 Personen) gefährdet, 168 (169) Personen wurden leicht und 27 (27) Personen schwer verletzt, davon 46 (48) Frauen und 22 (22) Kinder. Tödlich verunglückt sind 10 (3) Personen.“

Der Unfall wurde von der städtischen Sicherheitswache genau dokumentiert, wie diese Fotos zeigen.

Mit Blick auf den Straßenverkehr war das Jahr 1930 mit im Schnitt 1,07 Unfällen/Tag zweifelos ein annus horribilis für die Stadt Innsbruck. Glücklicherweise nahmen die Zahlen in weiterer Folge kontinuierlich ab. Für das Jahr 1931 sind noch 335, für das Jahr 1932 dann „nur“ mehr 275 Verkehrsunfälle verzeichnet. Mit Blick auf das Jahr 1932 wurden die Unfälle „verursacht durch Zusammen­stoß von Auto und Personen in 21 (37) Fällen, durch Zusammenstoß von zwei Autos in 24 (45) Fällen, Auto und Motorrad in 21 (19) Fällen, Auto und Fahrrad in 48 (58) Fällen, Auto und Wagen in 8 (8) Fällen, Auto und Lokalbahn in 19 (26) Fällen, Motorrad und Per­sonen in 20 (11) Fällen, zwei Motorräder in 6 (7) Fäl­len. Motorrad und Fahrrad in 16 (14) Fällen, Motor­rad und Wagen in 3 (1) Fällen, Motorrad und Lokal­bahn in 2 (2) Fällen, Fahrrad und Personen in 38 ( 41) Fällen, zwei Fahrräder in 19 (18) Fällen, Fahrrad und Wagen in 0 (2) Fällen, Fahrrad und Lokalbahn in 1 (5) Fällen, Wagen und Lokalbahn in 3 (0) Fällen, Lokalbahn und Personen in 4 (2) Fällen. Sonstige Un­fälle waren 23 (41).“

Wo ein Unfall passiert, sind auch die Schaulustigen nicht weit – daran hat sich leider nichts geändert.

(StAI, Slg. Kreutz)

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare
  1. Bremsspuren sucht man vergebens. Bei den Bremsen damals war das auch eher nicht zu erwarten. Aufgrund der akkuraten Beweisaufnahme war die Schuldfrage noch in Diskussion. Den köstlichen Begriff „Hauptangriffspunkt“ find ich allerdings schon mal als möglichen Hinweis.

  2. Eine herrliche Dokumentation, danke dafür! Natürlich ohne pietätlos sein zu wollen und in der Hoffnung, dass es nur ein Blechschaden war, spult sich angesichts dieser Fotos vor meinem geistigen Auge eine nachvertonte Buster-Keaton-Szene mit knatternden Motoren, Clownshupengeräuschen, Klavierbegleitung und hektisch umherlaufenden, entsetzt gestikulierenden Passant:innen und Polizisten mit dicken Schnurrbärten ab.
    Die Busfahrer:innen des KVI (wobei das wahrscheinlich ungegendert bleiben könnte) hatten damals jedenfalls schon ähnlich viel Stress wie heute, vielleicht auch noch mehr, standen sie doch in direkter Konkurrenz mit den Straßenbahnen der LBIHiT, im Fall der Buslinie 4 mit der Straßenbahnlinie 1. Natürlich vergebens, da die Gummiradler schon damals dem Schienenverkehr nicht das Wasser reichen konnten.
    Abgesehen davon finde ich aber das „Rechts fahren!“-Schild in der Windschutzscheibe des Linienbusses besonders interessant, lag die Umstellung von Links- auf Rechtsverkehr in Tirol zum Zeitpunkt des Geschehens doch erst ca. zwei Jahre zurück. Vielleicht ist auch darin – neben fehlenden Geschwindigkeitsbeschränkungen, Straßenmarkierungen und anderen Regulativen – ein Grund für die zahlreichen Unfälle in der im übrigen auch sehr interessanten Statistik zu suchen?

    1. Stadtauswärts gesehen knapp davor. Wenn man auch noch den Blickwinkel zur St. Mikolauser Kirche berücksichtigt, dann ist der Unfall auf der Kreuzung Rennweg – Karl Schönherr Straße passiert.

      Der vor Herrn Schneiderbauers geistigem Auge abrollende Buster Keaton Film hat sich sicher so abgespielt: Busfahrer sieht Steyr kommen und bleibt halben Leibes auf dem Rennweg stehen, Busfahrer will den Steyr vorbeilassen. Steyrfahrer trötet mit der Clownhupe, nimmt an, der Bus fährt weiter und will hinter dem vermeintlich einbiegenden Bus (Tröt Tröt!) vorbeifahren. Busfahrer begreift dies und fährt vor, um den Steyr hinten herum kurven zu lassen Tröt! Tröt! Steyrfahrer reich, aber schwer von Begriff, hat soeben bemerkt, daß der Busfahrer ihn vorne herum vorbeilassen möchte, oder?. Jesses! Der Bus fährt ja doch vor. Trööt!! Trö *##!! Lieber hupen als bremsen.
      Da sich damalige Steyr 20 Fahrer gute Rechtsanwälte leisten konnten, hat man die Szenerie penibel genau mit der Beflissenheit heutiger Smartphone Fotografen- aufgenommen.

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