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Geballtes Wissen

Geballtes Wissen

Zu Semesterbeginn stellt sich für Studierende stets wieder aufs Neue die Frage, welche und wie viele Lehrveranstaltungen man besuchen will. Dazu werden online eifrig die Vorlesungsverzeichnisse studiert und möglichst effiziente Stundenpläne erstellt. Bis vor wenigen Jahren erschienen diese Verzeichnisse noch in gedruckter Form, zuletzt als ziemlicher ‚Ziegelstein‘.

Die Geschichte dieser gedruckten Vorlesungsverzeichnisse in Innsbruck, reicht dabei bis etwa in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts. Diese haben sich aber nur selten erhalten. Diese ersten Verzeichnisse waren dabei nicht nur eine Informationsquelle für die Studenten, sondern dienten auch zur Disziplinierung der Professoren, indem schwarz auf weiß festgehalten war, wann Vorlesungen stattfinden sollten. Sie waren aber auch eine Form von Werbematerial, das die Leistungen der Professoren festhielt und Studieninteressierte informieren sollte.

Erst mit der Rückkehr Tirols unter die Habsburgische Herrschaft nach 1814 werden die Vorlesungsverzeichnisse dann in höherer Auflage gedruckt und an andere Universitäten und sämtliche Gubernien der Monarchie versendet. Für die Innsbrucker Universität liegen diese Kataloge seither vollständig vor, und bilden somit eine interessante und aufschlussreiche Quellengattung. Die Verzeichnisse listen nämlich nicht nur sämtliche angebotene Vorlesungen auf, sie verzeichnen überdies alle Lehrenden mit Titel, Amt und Wohnanschrift, die wissenschaftlichen Sammlungen und Institute sowie deren Mitarbeiter und das sonst oft vergessene nicht-wissenschaftliche Personal, wie den Pedell oder den Universitätstürsteher, die wesentlich zum Funktionieren des Lehrbetriebs beigetragen haben.

Ausschnitt aus dem Vorlesungsverzeichnis der Philosophischen Fakultät, Sommersemester 1863.

Die Vorlesungsverzeichnisse sind aber auch eine wertvolle Quelle, will man etwa wissen, wer was wann gelehrt hat und wann beispielsweise neue Fächer, Lehren oder Theorien erstmals in der Lehre auftauchen. Sie gewähren Einblick in die Unterrichtssprache und die Mehrsprachigkeit an der Universität und spiegeln aktuelle Themen und Trends, nicht nur in der Wissenschaft, wider. Auch verdeutlichen sie das stetige Anwachsen des Wissens. Betrachtet man etwa nur die zweite Hälfte des 19. Jahrhundert so fällt allein am Umfang des Vorlesungsverzeichnisses auf, wie groß der Wissenszuwachs in wenigen Jahrzehnten war: Umfasste das Verzeichnis 1848 lediglich ein paar Seiten, war es bis zum Ende des Jahrhunderts auf etwa 50 Seiten angewachsen. Wer nun selbst in den Verzeichnissen schmökern möchte, der sei auf die Digitale Bibliothek der Universitäts- und Landesbibliothek verwiesen, dort gibt es digitalisierte Ausgaben der Verzeichnisse, die allerhand Einblicke in die Lehre bieten. So manche*r Studentin und Student wird sich im Übrigen wohl auch freuen, dass Lehrveranstaltungen heute nicht mehr um 6 Uhr beginnen.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare
  1. Manche Studierende werden sich wohl auch freuen, dass das studentische Rauchverbot von 1823 nicht mehr gilt.
    Damals hieß es ja:

    „An sämtliche Herren Akademiker!

    Die Hohe Landesstelle hat unter dem 15. Februar d. J. dem Lyceal-Rectorate aufgetragen durch Erinnerungen, Ermahnungen und andere in der akademischen Disciplin liegende Mittel dem überhandnehmenden schädlichen Tabakrauchen der Studierenden mit Nachdruck entgegen zu wirken.
    Das Rectorat erwarteT es übrigens von der geistigen und moralischen Bildung der Herrn Akademiker, daß sie sowohl die Nachtheile dieser widrigen Sitte einsehen, als auch dem erklärten Willen der Hohen Landesstelle nicht entgegen handeln werden.

    Innsbruck am 7ten November 1823
    Dr. F.C. Karpe derzeit Lyceums-Rektor“

    Inwiefern dieses kulturhistorisch bemerkenswerte Verbot beachtet wurde und wie lange es bestand, ist mir aktuell jedoch unbekannt.

    1. Das Rauchverbot für Studenten galt bis zu Neufassung der Disziplinarordnung im Jahr 1849. Bis dahin war den Studierenden – und wie Herr Hirsch richtig schreibt, ging es dabei ausschließlich um das Rauchen von Pfeifen – nicht nur das Rauchen verboten, sondern auch das Glücksspiel, ja überhaupt der übermäßige Besuch von Gast- und Kaffeehäusern. Die Akademischen Gesetze legten sogar fest, dass Studenten im Winter nicht nach 9 Uhr abends und im Sommer nach 10 Uhr Abends außer Haus angetroffen werden durften.
      Allerdings kann man davon ausgehen, dass die Studenten sich nur teilweise an die Regelung gehalten haben, denn es finden sich immer wieder Anschläge für das Schwarze Brett, mit denen den Studenten das Rauchverbot eingeschärft wurde. Eine Abbildung des Anschlags für das Schwarze Brett, die Sie oben zitieren, ist übrigens hier zu finden: https://www.uibk.ac.at/350-jahre/geschichten/kategorie-2/s03-ueberhandnehmende-schaedliche-tabackrauchen.html

  2. Damals war ein Raucher noch ein Pfeiferaucher, der mit umständlichen Gesteckpfeifen, womöglich mit bemaltem Porzellankopf, hantierte. Heute Sammelobjekte.

    Was mir sofort ins Auge stach: Der frühest mögliche Vorlesungstermin – für Analytische Geometrie – wurde von 7-8 Uhr wahrgenommen, für einen Studenten also mitten in der Nacht. Fast 150 Jahre später hielt Prof. Lochs die selbe Vorlesung von 8-9. Immerhin eine Stunde Verbesserung.

    1. Ja, da haben Sie Recht, das wird sicherlich die meisten freuen, wobei es auch Professoren gab, deren Vorlesungen bereits um 6 Uhr begannen, wie jene vom Botaniker Anton Kerner, der wie im Verzeichnis zu lesen ist, täglich von 6-7 Uhr las.

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