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Fokus, Blende, Zeit I

Fokus, Blende, Zeit I

Für die Jüngsten in unserer Leser*innenschaft hier ein kleiner mehrteiliger Ausflug in die Welt der Glasplatten-Belichtung und -Ausarbeitung. Die Großmutter und die Urgroßmutter des Autors dieser Zeilen hatten als gutbürgerliche Töchter aus wohlhabenden Innsbrucker Familien das Hobby der Fotografie für sich entdeckt und konnten es sich auch leisten, dieses zu betreiben. Auf den Dachböden der Villa in Mutters fanden sich dazu Belege der halben Geschichte der Fotografie – bis irgendwann leider jemand Teile davon leihweise mitgenommen hatte. Unglaublich unhandliche Formate, 6×9 cm, 12×18 cm, gute Objektive, Stereokameras, schiere Balgenmonster, Laternas Magicas, alle in gutem Zustand und mit einem hörbaren „Klick“, wenn der Enkel 100 Jahre später versuchte herauszufinden, wie dieses Trumm zu bedienen sein könnte. Ganz ohne Bezug zur Tagespolitik: Unsere ungeborenen Enkel und Urenkel werden es eher nicht schaffen, die Handykameras dieser Tage zu starten oder unsere Whatsapp-Chats nachzulesen.

Die beiden Damen, die übrigens nicht die beiden großartigen Frauen auf dem Bild aus dem Archiv der Familie Brunner-Nemec sind, hatten auch immer eine Abneigung gegen Zelluloid. Das war sehr klug, weil die Nitratfilme der 1920er und 1930er Jahre schon bei 38 Grad Raumtemperatur zu brennen beginnen konnten und somit schlicht lebensgefährlich waren. Unglaublich, aber wahr: Sie sind es immer noch. Lagern Sie nichts davon an Orten, wo ein kleines Verpuffungsfeuer größeren Schaden anrichten kann. Auch wenn Archivare sehr ungern Dinge wegwerfen: Bei alten Filmen ist die Entsorgung durchaus eine Option.

Also wurden die beim Glaser zugeschnittenen Glasplatten in der Dunkelkammer mit einer lichtempfindlichen Lasur bestrichen, die man dann trocknen ließ und in genauso lichtdichten Behältnissen mit sich führte, wenn man auf Fotosafari in den eigenen Garten oder nur per Fensterblick in die Stadt wandelte. Der Klick war noch nicht zu hören. Jetzt kommt die Frage an die kreativen Frauen: Was soll aufs Bild?

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare
  1. Ein herrliches Beitrag, sowohl das Foto als auch der Text.

    Es ist in der Tat eine interessante Frage, was von den zahlreichen Handyfotos in 100 oder 200 Jahren noch für die Nachwelt übrig sein wird…….. Am ehesten werden noch die auf den Servern diverser Social-Media-Profile gespeicherten Fotos dauerhaft gesichert sein.

    Im Gegensatz zu 100 Jahren alten Glasplattenarchiven, welche durchaus einige Jahrzehnte unbeaufsichtigt auf Dachböden oder im Keller lagern können, sind diverse USB-Sticks, CD-Roms und Disketten wohl nicht für so langewige Aufbewahrungszeiten geeignet.

  2. Das nenn‘ ich Tiefe! Ein Maler hätte dafür ziemlich (tief) in die Perspektiven-Trick-Kiste greifen müssen. Auch schön, wie die stellenweise durch die Bäume scheinende Sonne ihre hellen Flecken auf den Waldboden zaubert.
    Ich vermute jetzt einfach, auf’s Bild sollten die genagelten Schuhe der Dame mit der weißen Bluse. Velleicht sogar, weil sie so im Kontrast zu diesem eleganten Kleidungsstück stehen?

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