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Eine Frage Der Kommunikation

Eine Frage der Kommunikation

Vor der Einführung von Funkgeräten gab es bei der Feuerwehr – ähnlich wie beim Militär – Adjutanten und Hornisten. Letztere übermittelten die Befehle und Kommandos, indem sie das jeweilige Signal, etwa „Wasser marsch“, „Wasser einstellen“ oder „Sammeln“, bliesen. Zudem spielten sie bei der Alarmierung der Feuerwehrmänner im Ernstfall eine wichtige Rolle. Allerdings konnten (oder wollten) das nicht alle so sehen, wie ein Vorfall im Herbst 1899 in Wilten zeigt, der hohen Wellen schlug.

Am 25. September 1899 druckten die Innsbrucker Nachrichten einen namentlich leider nicht gezeichneten Leserbrief ab. Darin heißt es:

Allgemeinen Unwillen erregte bei der vor­ gestrigen Alarmierung der Wiltener Feuerwehr das Vorgehen eines signalgebenden Feuerwehr­mannes in der Andreas Hoferstraße. Die durch das Feuersignal erschreckte Bewohnerschaft dieser Straße sowie die zahlreichen Passanten fragten denselben vergebens nach dem Ort des Brandes, wo doch eine etwa zweimalige Auskunftsertheilung in der ganzen Straße hingereicht hätte; einmal verstieg sich der Mann gegenüber einen ihn höflich Fragenden sogar zu der tactlosen Bemerkung, er soll seIber schauen gehen, wo es brenne. Wir zweifeln nicht, dass die Feuerwehrcommandantschaft das geeignete veranlassen werde, um die Widerkehr eines so widerlichen Vorgehens seitens eines Feuersignalisten zu verhüten.

Auf diese Beschwerde antworteten die Hornisten der FF Wilten drei Tage später mit einem eigenen Leserbrief:

Als Erwiderung des Eingesandten vom 25. ds. erlauben wir uns höflichst folgendermaßen zu rechtfertigen: In erster Linie sind die beordeten Hornisten beauftragt, die ganze Mannschaft der Freiw. Feuerwehr zu alarmieren, damit selbe sich schnellstens am Brandplatz versammle. Die Hor­nisten haben ja auch keine Zeit, sämmtliche Neu­gierige zu befriedigen, und würden dadurch den ihnen auferlegten Dienst vernachlässigen. Man wird nicht verlangen können, dass der Hornist in seinem Laufschritt das Hornsignal geben und zu gleicher Zeit auch den Neugierigen Auskunft ertheilen soll. Der Einsender vom 25. ds, möge sich nur in die Lage eines Feuwehr-Hornisten versetzen. Der Feuerwehr-Hornist ist zum Alarm­blasen da, aber nicht zum Feueransagen! Die Hornisten der Freiw. Feuerwehr Wilten.

Damit hatte diese Angelegenheit jedoch nicht ihr Bewenden. Einige Tage später erschien ein weiterer Leserbrief, der den Vorfall zum Anlass für grundsätzliche Überlegungen nahm:

(Zum Feuerwehr-Hornisten-Eingesendet vom 28. Sept.) Dieses Eingesendet gibt uns erwünschten Anlass zu einer Erwiderung – nicht um mit einer Polemik zu antworten, sondern um einen Uebelstand festzuhalten, der die gesammte Bevölkerung Willens und die Ortsfeuerwehr in ganz gleichem Maße betrifft. Wir halten zwar auch heute noch die Haltung jenes bestimmten einen Hornisten, welcher wohl zu einer höhnischen Bemerkung, nicht aber zu einer sachlichen Antwort die Zeit zu haben schien, für nicht gerechtfertigt, müssen aber den Standpunkt der gesammten Feuerwehrhornisten im „Eingesendet“ als vollauf richtig anerkennen. Von diesem Standpunkt aus sind wir aber mit Grund gezwungen, oben bezogenen Uebelstand bloßzulegen und allen maßgebenden Kreisen die sofortige Beseitigung desselben dringend nahe zu legen. Die Einwohnerschaft von Wilten hat ein wohlbegründetes Recht auf irgend eine Weise zu erfahren, wo das allarmierte Feuer sich befindet. Es sind hier drei Punkte maßgebend.
1. Wilten als solches ist ein derartiges Gemisch von Alt- und Neubauten, dass je nach der Windrichtung selbst die Bewohner der modernen Ortstheile rechtzeitig wissen müssen, ob ein Brand im Orte steht oder außerhalb desselben.
2. Bildet Wilten mit der Stadt Innsbruck einen abgeschlossenen Interessenkreis. Geschäftsinhaber und Angestellte wohnen in Wilten, die in Innsbruck ihr Geschäft beziehungsweise ihre Brotherren haben, von anderen verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Beziehungen beider Bevölkerungskreise gar nicht zu reden. Diese Interessengemeinschaft verpflichtet aber Hunderte, sich zu kümmern, ob der Brand im Stadtbezirk ist oder nicht.
3. Hat der gesammte Feuerbereich eine solche Ausdehnung, dass man nahezu wöchentlich von einem Alarm überrascht werden kann, der sich thatsächlich auf den weitern oder weitesten Feuerbereich bezieht. Ob jetzt nun ein Feuerschein hinter Hall oder ein Brand in Wilten, Innsbruck oder wiederum in nächster Nähe dieser Stadt entstanden ist, für alle Fälle hören wir immer nur dasselbe Signal und wissen erst recht nicht, was Hunderte, unter Umständen auch Tausende das Recht und die Pflicht haben, zu wissen.
Eine Abhilfe diesbezügtich liegt schon deshalb sehr nahe, weil auch die Ortsfeuerwehr selbst an einer untrüglichen Verschiedenheit der Signale ein technisches Interesse hat. Um einen einfachen Fall herauszugreifen: Wozu soll die ganze Feuerwehr des großausgedehnten Ortes allarmiert werden, wenn nur die Landfeuerspritze auszurücken hat? Hiemit haben wir bereits den Weg zur Abhilfe beschritten. Derselbe besteht in einer principiellen Verschiedenheit der Signale. Das Nebelhorn- oder Trompetensignal hat zur Aufgabe, die gesammte Bevölkerung von einem Brande in Wilten oder Innsbruck zu verständigen und dementsprechend auch die gesammte Feuerwehrmannschaft zu Hilfe zu rufen. Das Signal für die nähere und weitere Umgebung ist die Huppe [sic]. Diese alarmiert vornehmlich die Feuerwehr. Wir kennen Städte in Oesterreich, die dieses Signal so gemeinverständlich organisiert haben, dass es jedem Laien möglich ist, aus Grund desselben die ungefähre Zone des Feuerbereiche zu bestimmen. Die meisten Leute sind ja für den Feuerallarm sehr empfindlich und viele kommen schon beim Feuerzeichen in eine Aufregung, als züngle die Lohe am eigenen Dache. Wie beruhigend muss die Verschiedenheit der Signale wirken! Dieselbe hängt aber auch mit der Organisation der Ortsfeuerwehr zusammen, so dass auch die Feuerwehr selbst an unserer heutigen Anregung lebhaftes Interesse haben dürfte und es in Zukunft den wackeren Hornisten der Wiltener Feuerwehr möglich sein wird, mit ihren Signalen nicht nur zu allarmieren, sondern auch die Feuerstätte zu markieren und zugleich auch beruhigend einzuwirken.

Dieser Leserbrief enthält durchaus sinnvolle Anregungen, die zu diesem Zeitpunkt in abgewandelter Form innerhalb der Stadt Innsbruck bereits umgesetzt worden waren, wie der untenstehende Aushang zeigt.

(StAI, VO-167, 1897)

Wie es in Wilten weiterging, bleibt noch zu klären. Jedenfalls beschloss der Innsbrucker Gemeinderat im Feber 1904 dort vier Feuermeldestationen aufzustellen: „Die bekannten Alarmierungsapparate werden in der Nähe des Hotels Veldidena, am Pinihause, an der Ecke der Andreas-Hofer- und Schöpfstraße bei der Graßmayr’schen Glockengißerei Aufstellung finden.“

PS: Unser Titelfoto (StAI, Ph-A-24689) zeigt Max Mantl (1884–1956), der im Jahr 1902 der IV. Kompanie als Hornist beitrat und 1913 zum Stabshornisten der Innsbrucker Feuerwehr ernannt werden sollte.

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