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Dienstvorbereitung

Dienstvorbereitung

Wir machen heute wieder einen Exkurs in die Frauengeschichte, denn ich möchte Ihnen einen der zahlreichen Frauenvereine Innsbrucks vorstellen.

Die Katholische Dienstmädchen-Organisation für Tirol wurde 1913 gegründet. Der Verein wollte zur „Förderung des religiösen und sittlichen  Lebens der katholischen weiblichen Hausbediensteten“ beitragen. Weiters sah er sich dazu verpflichtet, die Vereinsmitglieder auf ihren Beruf und später auch auf die Rolle als Hausfrau und Mutter vorzubereiten. Zum Erreichen dieser Ziele sollte ein Dienstmädchen-Heim in Innsbruck errichtet werden (Ort unbekannt), das mit einer Bibliothek ausgestattet, um „gute Lektüre“ verbreiten zu können. Die Dienstmädchen sollten sich am kirchlichen Leben beteiligen, die heiligen Sakramente empfangen und Vorträge „religiösen, sozialen und allgemein belehrenden Inhaltes“ hören, die bei Versammlungen an jedem zweiten Sonntag im Monat gehalten wurden. Eine Einladung zu einer derartigen Versammlung habe ich Ihnen heute als Foto mitgebracht.

Der Verein hatte allerdings nicht nur eine belehrende, sondern auch eine unterstützende Funktion. So unterstützte er die Dienstbotinnen beim Aushandeln der Dienstverträge mit ihren Herrschaften, vermittelte Stellen unentgeltlich oder half erkrankten Mitgliedern bei der Genesung, indem sie entweder eine zeitweilige Unterkunft zur Verfügung stellten oder eine Hilfskassa für arbeitslose Mitglieder schafften. Finanziert wurde die Organisation durch Mitgliedsbeiträge, freiwillige Spenden oder Vermächtnisse oder durch die Erträge der von ihnen organisierten Veranstaltungen.

(Verena Kaiser)

(Fl-379)

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare
  1. Oberflächlich gesehen mögen diese kirchlichen Bemühungen ein Lächeln verursachen, und das zeitgeistpflichtige „typisch typisch“ hergesagt werden, Aber so falsch lag die Kirche vielleicht garnicht. Die Dienstmädchen hatten durchaus in manchen Fällen mit katholischen Dienstherrn übelster Sorte zu tun. Und die vielleicht Aufschrei erzeugende „Vorbereitung auf die Rolle als Frau und Mutter“ war damals eine beinahe allgemeingültige Präambel des weiblichen Daseins.
    Der Stundenplan der Vorträge bietet einen Einblick in die damalige Arbeitswelt eines Dienstmädchens. Dienst wahrscheinlich von 6 Uhr früh bis 8 Uhr abends, Aber immer noch besser als die Schinderei auf einem Bauernhof oder in der Fabrik.
    Interessant wäre zu wissen, welcher Prozentsatz der jungen Frauen da wirklich teilgenommen hat.

    1. Es könnte auch sein, dass man den Dienstmädchen generell lotterhaftes Verhalten unterstellte und sie in den Exerzitienvorträgen zu läuten suchte. Bedrängende Dienstherrn und Söhnchen wurden eher verschont und verschwiegen, denn Schuld waren immer die Frauen.

    2. Lieber Herr Hirsch,

      vielen Dank, dass Sie unsere Gedanken mit uns geteilt haben. Was den Prozentsatz an Teilnehmerinnen angeht, hoffe ich bald mehr Auskunft geben zu können, wenn ich meine Masterarbeit zum Thema Frauenvereine in Innsbruck abgeschlossen habe. Es handelt sich hierbei um noch recht unerforschte Materie.

      Liebe Grüße

      Verena Kaiser

  2. 1914 kam es die Dienstmädchen betreffend sogar zu einem Einbruch im Widum von Dreiheiligen. Der Tiroler Anzeiger vom 4. Mai 1914 berichtet über äußerst dramatische Szenen, welche sich in den frühen Morgenstunden abspielten:

    „Einbruch im Widum in Dreiheiligen. Der
    glänzende Kassabericht der Krankenkasse der
    Dienstmädchen am vorigen Sonntag scheint gestern
    früh einen geldgierigen Einbrecher aus den Ge­
    danken gebracht zu haben, sich in der Kanzlei des
    Widums in Dreiheiligen Geld zu holen. Er ver-
    schaffte sich durch das rückwärtige Fenster Ein-
    gang mittels Brecheisen, Klammern usw. zur
    Kassa. Aber es klirrte das Fenster zu stark und
    weckte einen Schläfer. Sofort wurde die Poli­
    zei verständigt und sie kam gerade zurecht, um
    noch Zeuge zu sein, wie der Einbrecher mittels
    Klammer die Schublade aufbrechen wollte. Der
    Ruf des Wachmannes schreckte ihn plötzlich auf,
    er wollte sich zur Wehre setzen, doch o Weh! die
    Tür war fest verschlossen, ein Fenster ebenso, und
    das erbrochene Fenster verstellte der Wachmann
    mit dem Revolver in der Hand. Als der Ein-
    brecher merkte, daß man die Tür erbrechen wollte,
    zog er es vor, freiwillig sich durch das erbrochene
    Fenster hinauszuzwängen und so in die Arme
    des Wachmannes zu fallen. In fünf Minuten
    war die ganze Verhaftung fertig und mit ge-
    täuschten Hoffnungen ging der junge Einbrecher
    von zwei Wachmännern begleitet zur Tür hinaus.
    Es war gegen 3 Uhr früh. Der Einbrecher soll
    aus Ungarn gebürtig, und aus Innsbruck ver-
    wiesen sein. Um derartige Individuen vor Scha-
    den und Enttäuschungen zu bewahren, wird auf–
    merksam gemacht, daß über Nacht im Kassenlo-
    kale kein Geld aufbewahrt ist.“

    1. Lieber Herr Auer,

      vielen Dank für diesen interessanten Zeitungsartikel. Gut, dass niemand der Damen zu Schaden gekommen ist.

      Liebe Grüße
      Verena Kaiser

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