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Am Rio Terà Del Gießen (II)

Am Rio Terà del Gießen (II)

Die jüngere Leser*innenschaft kennt das Phänomen der After-Binge-Depression, eine genau genommen auch schon in den 1980ern bekannte Form der Massenpsychose, die dann eintrat, wenn beispielsweise die letzte Folge einer Schwarzwaldklinik-Staffel ausgestrahlt wurde und so schnell keine weitere Episode mehr die zeitlosen Dialoge von Klaus-Jürgen Wussow (als Prof. Brinkmann) mit Gaby Dohm (als Christa Mehnert, später auch Brinkmann) über die frühen heimischen Röhrenfernseher schon ganz in Farbe flimmern lassen würde.

Heute endet die kurze Serie der Verbauung des Gießenbachs mit gnadenlos dokumentarischen Bildern der Baustelle, die aus dem natürlich streckenweise schon vorher kaum mehr als naturnah zu bezeichnenden Gewässer einen unsichtbaren und biologisch toten Kanal machten. Städtischer Tiefbau ist die hohe Kunst des Pragmatismus, für Krokodilstränen ob eines zerstörten Libellenteichs oder Kaulquappenparadieses ist da wenig Platz.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare
  1. Eine wirklich interessante technische Dokumentation der damaligen Bauweise. Der Schalzimmerer hatte wirklich noch alle Hände voll zu tun. Am vorletzten Foto schafft er für eine Sekunde sogar die Illusion einer Mühle. Und das Hin und Her mit dem Beton von der immer weiter entfernten Mischmaschine, die man auch ein paar Mal umgeparkt haben wird, Knochenarbeit.
    Die Bäume und sogar die Stauden blieben dagegen, so wie’s ausschaut, stehen.

  2. Auch die Fortsetzung ist sehr interessant, danke!
    Die Aufgaben und Ziele städtischen Tiefbaues haben sich allerdings seit damals gewandelt, heute würde man so eine wertvolle „blaue Infrastruktur“ nicht mehr unter die Erde verbannen. Städtischer Tiefbau hat heute vor allem auch die Aufgabe, Fehler von früher, wie etwa die Ansätze zur Autogerechten Stadt und die Vollversiegelung, rückgängig zu machen. Pragmatismus reicht da nicht aus. Wir können heute froh sein um jedes offene Gewässer, das uns hilft, städtische Hitzeinseln zu entschärfen. Wir haben leider in Innsbruck viel zu viel unter die Erde gelegt und zugeschüttet, auch der Sillkanal zählt da dazu, und müssen neue Wasserflächen mühsam schaffen. Den Höttinger Gießen wenigstens abschnittweise wieder an die Oberfläche zu holen wurde bereits geprüft, ist aber leider nicht zu vernünftigen Kosten machbar und wäre auch nur im Oberlauf möglich. Als das Gewässer noch an der Oberfläche verlief, hatte es ein geringeres Gefälle und vor der Mündung in den Inn eine Stufe. Das verrohrte Gewässer hat aber ein gleichmäßiges Gefälle und ist daher im Unterlauf bis zu 6 m unter Normalniveau. Ein 6 m tiefer offener Kanal würde wenig Sinn machen. Im Oberlauf, wo der Kanal nicht so tief liegt (wie auch auf den Fotos zu sehen), ist das Problem ein anderes: es gibt dort Überlaufkammern in der Abwasserkanalisation, über die bei Starkregen Schmutzwasser in den Gießenkanal und dann weiter in den Inn eingeleitet werden kann. Das bedeutet, dass dort leider auch Dreck hängen bleibt, der bei einem Oberflächengewässer in der Stadt unerwünscht ist, Biotope und naturnahe Gestaltung wären deshalb nicht möglich, und eigene Entlastungskanäle wären unglaublich teuer. Sehr schade.
    Nachdem der Gießenbach ja früher das Freibad Höttinger Au speiste, hat so eine Schmutzwassereinleitung früher, wenn überhaupt, wohl erst weit im Unterlauf stattgefunden.

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