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Altbekannt

Altbekannt

Dieses Bild ist spätestens seit seinem Erscheinen in dem „Stadt-Vielfalten“ Band zum Stadtteil Hötting, der vor allem die Bilder aus der Sammlung Kreutz als Grundlage nutzte, quasi ein Gassenhauer unter den Hötting-Fotos. Trotzdem hat es das Bild bis jetzt nicht auf Innsbruck erinnert geschafft, was ich für ein großes Versäumnis halte. Die Fleischhauerei von Ludwig Fischler ist auf dieser Adresse (damals Schneeburggasse 12) im Adressbuch nur in den Jahren 1906-1908 eingetragen. Auch das Schild „Gemeindeamt Hötting“, welches am Rainerwirt zu sehen ist, könnte mit dieser Datierung übereinstimmen und auch die verwendeten Verkehrsmittel deuten könnten auf diesen Entstehungszeitraum hindeuten. Der Rainerwirt wird allerdings erst in den 30-ern als „Roter Adler“ im Adressbuch angeführt, was bei dem Datierungsversuch etwas irritiert. Und fraglich ist auch, ob die Ritsche (abgetragen 1930), die oberhalb der Straße zur „Sieß-Mühle“ verlief, nicht eigentlich von dieser Position aus zu sehen sein müsste…

(Stadtarchiv Innsbruck, Sammlung Kreutz)

Dieser Beitrag hat 14 Kommentare
  1. Die Adressbücher sind hierzu wohl nicht das Maß aller Dinge, als vielmehr eine Komplementärquelle. In den Zeitungsarchiven findet man die Bezeichnung des Gasthauses „Roter Adler“ interessanterweise auch bereits vor 1930 sehr häufig.
    1903 erfolgte zum Beispiel die Geschäftsübergabe von Alois Steffan an Josef Kirchner, siehe Annonce in den Innsbrucker Nachrichten:
    https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=ibn&datum=19030131&query=%22roten+adler+h%c3%b6tting%22~10&ref=anno-search&seite=14

    1. Hallo, 1911 ist der besagte Ludwig Fischler zusammen mit nur einer weiteren Person nämlich Ernst Schindl heroben auf Gramart gemeldet.
      Dieser Schindl interessiert mich weil an meinen Balken im Dachboden sein Name steht und er somit wohl der Erbauer unseres Hauses ist. Es war wohl damals üblich von den Holzlieferanten die Namen auf die Bestellung zu schreiben. Er war auch mal im Besitz der Frau Hitt und gehörte zum Widerstand.
      Vielleicht weiß jemand was

  2. Es stellt sich überdies die Frage, wozu man bereits 1906 das Radfahren verbieten musste und dazu bereits eigene Verbotsschilder druckte.
    Auch wenn es dort recht steil und deshalb gefährlich war bergab zu fahren, so war das Rad damals noch mehr Luxusgut und weit weniger verbreitet als 1930. Abgesehen davon musste man damit erst mal rauf kommen.

  3. Es stellt sich überdies die Frage, wozu man bereits 1906 das Radfahren verbieten musste und dazu bereits eigene Verbotsschilder druckte.
    Auch wenn es dort recht steil und deshalb gefährlich war bergab zu fahren, so war das Rad damals noch mehr Luxusgut und weit weniger verbreitet als 1930 auch wenn es bereits 1896 eine Radrennbahn im Sagen gab. Abgesehen davon musste man damit erst mal rauf kommen.

  4. Ich habe das Foto eigentlich auch auf ca. 1930 datiert, in der Annahme, dass der Inhaber Fischler Ludwig Jun., geb. 1909 gewesen wäre, denn Ludwig Sen., geb. 1877 hatte ja sein Geschäft seit jeher in der Kirchgasse 5 (heute Daxgasse 11), im Adressbuch seit 1902 als Geschäftsführer. Tatsächlich hat er dieses Gebäude 1907 nach dem Tod seiner Mutter Maria Fischler, geb. Egger (die Frau Ingenuin Fischlers) als Erbteil erhalten, abgerissen und das noch heute bestehende Haus mit Schlachtraum, Geschäft und Wohnungen innerhalb eines Jahres errichtet. Für diese Zeit übersiedelte er wohl in dieses Geschäft in die Schneeburggasse 12. Das Datum ist also korrekt 1907/08.

  5. Wahrscheinlich haben sich in diesem Steilstück schon einige abwärtsfahrende Radler in bester Gegenwartsmanier zirkusreif derstessen. Daher die Tafel. Außerdem verbieten die Menschen halt mit geradezu neurotischen Besessenheit sowieso alles und jedes.

  6. Zum Schild „Radfahren verboten“: Ab 1906 war im Gemeindegebiet von Hötting für viele Jahre das Radfahren untersagt! Schuld waren offenbar Rowdys, welche zu schnell unterwegs waren. Die Innsbrucker Nachrichten vom 2. Juli 1906 berichten über dieses Verbot:

    „(Das Radfahren in Hötting gänz-
    lich verboten.) In der Gemeinde Hötting
    ist von nun an das Radfahren in den Gassen,
    ansgenommen in der westlichen Richtung in
    der Schneeburggasse und auf der Landstraße in
    der Höttingerau, gänzlich verboten. Der Grund
    dieser Maßnahme ist, daß das Gebot des Lang-
    samfahrens in der geschlossenen Gemeinde keine
    entsprechende Beachtung fand.“

  7. 1912 heißt es in den Zeitungen über die Fahrrad-Rowdys von Hötting:

    „(Radfahren auf verbotenen Geh­
    wegen.) Aus Hötting schreibt man uns: Tag
    für Tag, besonders Früh zwischen 7 bis 8,
    mittags zwischen 12—2 Uhr wird beobachtet,
    wie 3, 4 und mehr Radfahrer auf den kaum
    1 Meter breiten und oft noch von Zäunen
    eingeschlossenen Gehwegen dahersausen und
    Leben und Gesundheit der Passanten aufs ärgste
    gefährden. Um das Verbot der Gemeindevor-
    stehung scheinen sich diese rücksichtslosen Ele­-
    mente wenig oder gar nicht zu kümmern und
    wäre daher eine exemplarische Bestrafung sehr
    am Platze.“

  8. Anlass für die Aufstellung der Radfahrverbotstafeln dürfte seinerzeit dieser Aufsehen erregende Vorfall gewesen sein. Für die Datierung des Fotos bietet der Zeitungsartikel einige Anhaltspunkte. Die Innsbrucker Nachrichten schreiben am 23. Juli 1906:

    „(Vom Rade gestürzt.) Samstag nach­-
    mittag fuhr der Geschäftsgehilfe der Firma L.
    Knapp in Innsbruck; Daniel Natowitz trotz des
    Verbotes für Radfahrer in den Gassen der Ge­-
    meinde Hötting im schnellen Tempo die Schnee-
    burggasse herab. Da ihm die Rücktrittbremse
    versagte, kam er beim Gasthause zum „Roten
    Adler“ zum Sturze, verletzte sich nicht uner­-
    heblich im Gesichte und zerriß sich seine Hose.
    Das Fahrrad brach durch den heftigen Anprall
    in der Mitte entzwei. Natowitz wird sich über­-
    dies wegen Übertretung gegen die Straßenpoli-
    zeiordnung zu verantworten haben.— Zur Ent­
    schuldigung des Verunglückten mag das eine
    angeführt werden: Die Gemeinde Hötting hat
    wohl ein Fahrverbot erlassen, dies dürfte aber
    dennoch vielen noch nicht bekannt sein; die
    Tafeln mit dem Verbotsvermerk fehlen nämlich
    noch! …..“

  9. Noch ein Nachtrag zu meinem Kommentar:
    In Innsbuck-erinnert gibt es dazu mehrere Beiträge.
    http://innsbruck-erinnert.at/mit-diesem-schoenen-foto/ -> das ursprüngliche Gebäude, in dem Ludwig Fischler bis 1907 sein Geschäft hatte.
    http://innsbruck-erinnert.at/eine-adresse-zwei-haeuser/ und http://innsbruck-erinnert.at/altes-raetsel-neue-hinweise/ -> das 1908 neu errichtete Haus von Ludwig Fischler
    sowie http://innsbruck-erinnert.at/unfreiwillig-nach-italien/ -> eine von Matthias Egger einfühlsam erzählte Geschichte über Ludwig Fischlers Einsatz an der Dolomitenfront im 1. Weltkrieg und seine Kriegsgefangenschaft.
    Zur Datierung des Fotos: Nachdem Ludwigs Mutter bereits Anfang Jänner verstarb, das neue Gebäude wohl schon länger geplant war und der Neubau bereits im Laufe des Jahres erfolgte, scheint Ludwig Fischler nur im Adressbuch 1907 mit seinem Ausweichlokal in der Schneeburggasse 12 auf. 1908 war er bereits wieder im Neubau gemeldet. Daher mein Tip: 1907.

  10. Herzlichen Dank Herr Auer für Ihren ausführlichen und interessanten Bericht. Unglaublich was es 1906 schon alles gab und wie man sich über die paar Radfahrer-Rowdies mokierte die im damals ungewohntem und beängstigendem Tempo frech „daherbrausten“ und es sogar zu Schlagzeilen brachten. Wie naiv und von mir anzunehmen, dass die Menschen früher diesbezüglich so anders darauf reagierten.

  11. Noch ein Detail fällt mir auf, das zur Datierung hilfreich sein könnte. Es gibt bereits eine Strom Leitung über den Dächern, allerdings mit nur 3 Drähten, vermutlich für den anfänglich üblichen Zweiphasenwechselstrom
    (2Phasen+ Nullleiter) . 1920 bzw. 1926 erfolgte im Sillkraftwerk die Umstellung auf Drehstrom. Ab da hatten solche Leitungen stets 4 Drähte (3 Phasen +Nullleiter).
    Das spräche für eine Aufnahmezeit vor 1930.

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