Ein Vampir in Innsbruck (III.)
Vlad führte seine Feldzüge mit der Taktik der verbrannten Erde, egal ob er gegen die deutschen Städte Siebenbürgens, mit denen er aufgrund seiner Handelspolitik in Konflikt geraten war, oder die Osmanen zog. Die Walachei und die umliegenden Ländereien wurden durch den Krieg verwüstet und trotz anfänglicher Erfolge war er schließlich gezwungen vor dem Sultan nach Ungarn zu fliehen. Dort wurde er inhaftiert und verbrachte die folgenden Jahre unter Hausarrest. Als jedoch ein neuer Krieg zwischen Ungarn und den Osmanen ausbrach, wurde der entthronte Woiwode noch einmal aus der Mottenkiste geholt. Schließlich stand seine militärische Kompetenz außer Frage und die Zivilbevölkerung die ihm zum Opfer fallen würde, lag ja in Feindesland. Es gelang Vlad sogar, die Walachei zurückzuerobern, allerdings konnte er sich seines Sieges nicht lange erfreuen – er wurde ermordet und sein Kopf in Honig eingelegt nach Istanbul geschickt.
In Anbetracht seiner Biographie verwundert es nicht, dass er sich als Inspiration für Vampirgeschichten eignete, vor allem, wenn man bedenkt, dass in vielen Sagen Vampire durch begangene Untaten und einen gewaltsamen Tod entstehen – Vlads Lebenslauf hat beides zu bieten. Ursprünglichen waren Vampire in ihren Geschichten kaum menschlich, auch wenn sie zuvor Menschen waren, sondern Kreaturen. Auch der Dracula Stokers Roman ist etwas gänzlich anderes als ein Mensch, auch wenn er anfangs in dieser Form auftritt. Er klettert wie ein Echse an den Wänden des Schlosses entlang, kann sich in einen Wolf oder Nebel verwandeln. Als Jonathan Harker ihn in seinem Sarg schlafend findet, nachdem er sich an Menschenblut vollgesogen hat, erregt er Grauen und Abscheu in ihm. Seitdem wurden Vampire immer stärker humanisiert, über Anne Rices Interview mit einem Vampir bis hin zu den Twilight-Romanen, in denen Vampire weniger Monster als Übermenschen mit einer leichten Aversion gegen Sonnenlicht sind.
Jedenfalls ist etwas an der mythischen Gestalt des Vampirs, das Menschen nach wie vor fasziniert und jede Zeit wird ihre eigene Interpretation dieses Mythos finden.
(Signatur 04040301_sommer24_060)