Die unvollständige Vervollständigung

Renate Ursprunger hat vor einigen Jahren ein wunderbares Bild von der Ende der 1920er-Jahre zur – in Raten erfolgten – „Finalisierung der Schillerstraße“ veröffentlicht. Der obige Plan zeigt, dass das Stadtbauamt nicht nur die beidseitige Vervollständigung der Schillerstraße gegen die Ing.-Etzel-Straße (damals Viaduktstraße), sondern auch der Goethestraße geplant hatte. Wie aus der Überschrift hervorgeht, hätten also drei Gemeindewohnblocks mit Mittelstandswohnungen errichtet werden sollen. Geworden ist es dann nur der eine, den man in Renates Beitrag (vermutlich in recht neuem Zustand) sehen kann.

Die 1925 bis 1927 von der Landesbaudirektion nach Entwürfen von Hans Menardi errichtete „Häusergruppe im Heimatstil der zwanziger Jahre des 20. Jhs. in teil secessionistischer, teils sachlicher Prägung, unter starker Betonung der Handwerkskunst“, die sich durch Gesimse, Portale, geschnitzte Figuren und die Sprossenteilung der Fenster auszeichnete. Die Bauten wurden laut Kunsttopographie „in vorbildlicher Weise in das Vorgängerensemble eingebunden“ (Bd. XLV, S. 295). Wie man auf den Plänen erkennt, war ein begrünter Hof mit Platz zum Wäscheaufhängen ein wichtiger Teil der Bauten. Die Straße zwischen den beiden symmetrisch geplanten Bauteile sollte in der Mitte durch eine kleine Grünfläche samt Baumallee aufgelockert werden. Klimaschutz und Verkehrsberuhigung von vor 99 Jahren.

Rätselhaft ist übrigens der projektierte Bauteil in der Goethestraße: dieser findet keine Erwähnung in der Kunstopographie, andererseits scheint die Adresse in den Adressbüchern auf – bei den Eigentümer:innen nur 1935/36. Und auch in der Liste der Bewohner:innen nur spärliche Einträge, die nicht auf ein größeres Wohnhaus hindeuten…

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Pl-297)