Der März 1848 (II.)
In dieser kleinen Serie blicken wir zurück auf das Frühjahr 1848, als die Habsburgermonarchie wie andere europäische Staaten von einer Revolution erschüttert wurde. Damals wurde erstmals eine Verfassung erlassen und eine gesamtstaatliche Volksvertretung gewählt. Im vorangegangenen Beitrag hatte ich den Ausbruch der Revolution und die Wahrnehmung derselben in Innsbruck thematisiert, heute widmen wir uns der Rolle der Studenten in Innsbruck im Jahr 1848.
In Innsbruck hatten besonders die Studenten die Proklamation der ersten Zugeständnisse Kaiser Ferdinands öffentlich gefeiert. Auch wenn die Studierenden im Vorfeld der Revolution nicht aktiv gegen das herrschende System protestiert hatten, so feierten sie nun dennoch die neu gewonnenen persönlichen Freiheiten und die in Aussicht gestellte Verfassung. Die Stimmung unter den Studierenden war in diesen Märztagen 1848 euphorisch, wie wir aus unterschiedlichen Quellen, wie Tagebüchern oder Briefen, nachvollziehen können. Als den Studenten schließlich auch noch erlaubt wurde, eine bewaffnete Studentenkompanie zu gründen, hob das die Stimmung unter den Studierenden noch mehr, konnten sie so doch aktiv die neu erkämpften Rechte verteidigen. Die Studentenkompanie war dabei Teil der neugegründeten Nationalgarde, die Ruhe und Ordnung aufrecht erhalten sollte, vor allem aber die zugesicherten Freiheiten beschützen sollte.
Neben dieser Freude über die zugestandenen bürgerlichen Rechte herrschte unter den Studenten auch eine diffuse deutschnationale Stimmung, wie beispielsweise auch aus dem im Programm des Fackelumzugs verzeichneten Liedern deutlich wird. Dies machten sich die Obrigkeiten zunutze, als im Königreich Lombardo-Venetien aber auch im südlichen Tirol, dem heutigen Trentino, im Zuge der Revolution dort Forderungen nach einer Loslösung der italienischsprachigen Gebiete der Habsburgermonarchie aufkamen. Freischaren aus der Lombardei und Venetien waren kurz darauf auch in die Valsugana und nach Judikarien vorgedrungen, sodass diese Forderung auch eine reale Gefahr geworden war. Daher reiste Erzherzog Johann, der in Tirol beliebt sehr beliebt war – nicht zuletzt, da er sich schon am Aufstand gegen die Bayern im Jahr 1809 beteiligt hatte – und forderte die Tiroler neuerlich auf, zu den Waffen zu greifen. In kurzer Zeit bildeten sich daraufhin zahlreiche Schützenkompanien und auch die Studenten und Professoren bildeten ein eigenes akademisches Korps um die ‚deutsche‘ Grenze im Süden zu verteidigen.
Die diffuse deutschnationale Stimmung unter den Studenten verwandelte sich nun in eine offen artikulierte Aversion gegenüber allem Italienischen. Das Jahr 1848 ist damit auch in dieser Hinsicht eine Zäsur, zeigten sich hier doch erstmals deutlich diese Bruchlinie zwischen den Sprachgruppen innerhalb Tirols. Ende April zogen die Studierenden schließlich gemeinsam mit Truppen aus dem Stubai in die Valsugana. Auf dem Weg dorthin wurden sie in allen größeren Orten mit Hochrufen empfangen, was auf die Studenten mächtig Eindruck machte. Wenig später erreichten sie die Valsugana, wo die Studenten bis Mitte Juni stationiert waren und auch in einzelne Gefechte verwickelt wurden.
Bei der Rückkehr nach Innsbruck Ende Juni 1848 wurden die Kompanien von Kaiser Ferdinand und der kaiserlichen Familie empfangen wurde. (siehe Titelbild) Damit endete der Feldzug der Studenten und ihr Revolutionserlebnis 1848. Für viele der beteiligten Studenten war dies ein prägendes Erlebnis, das auch die politische Einstellung dieser Männer nachhaltig prägte. Mehrfach trafen sich die Angehörigen dieser Akademischen Kompanie noch zu Veteranenfeiern.
In Innsbruck erinnert heute nur wenig an dieses Ereignis. Am Bergisel findet sich etwa ein Denkmal für die 1848/49 gefallenen Kaiserjäger. Auch im Hauptgebäude der Universität findet sich ein Erinnerungsstück an diesen Feldzug, allerdings muss man etwas danach suchen: im ersten Stock des Hauptgebäudes ist die Fahne der Studentenkompanie ausgestellt. Die Weihe dieser Fahne ist im Übrigen im Zeugnis oben links abgebildet.
(Titelbild: Stadtarchiv/Stadtmuseum Ph-12568; Einen guten Eindruck über die Erfahrungen der Studenten im Jahr 1848 bietet das Tagebuch des damaligen Studenten Joseph Hundegger, das von meinem Kollegen Matthias Egger schon vor Jahren ediert worden ist.)