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Wer Die Wahl Hat – II

Wer die Wahl hat – II

Dass derzeit Wahlkampf herrscht, ist ja kaum zu übersehen. Daher werde ich in loser Folge, ohne Anspruch auf Vollständigkeit und auch nicht chronologisch oder irgendwie konsistent einige historische Schlaglichter auf die Wahlen zu den städtischen Vertretungen werfen. Im ersten Beitrag ging es um die Besonderheiten des Wahlrechts in den letzten Jahrzehnten vor dem Zusammenbruch der Monarchie.

Heute blicken wir noch weiter zurück in die Geschichte, genauer gesagt in die Frühzeit der Innsbrucker Stadtgeschichte, die bekanntlich mit der ersten Erwähnung der Stadt ins späte 12. Jahrhundert zurückreicht. Zum damaligen Zeitpunkt bestimmte ein vom Landesherrn eingesetzter Richter als dessen Vertreter die Geschicke der Stadt. Wie der Name es erahnen lässt, war er in erster Linie für die Rechtsprechung in der Stadt zuständig, er hatte aber auch andere Verwaltungsaufgaben in der Stadt und überwachte beispielsweise die Zahlung von Steuern und Abgaben. Saß er zu Gericht, unterstützten ihn mehrere Geschworene aus der Bürgerschaft. Aus diesen Geschworenen entwickelte sich im Laufe der Zeit eine feste Institution: der Rat der Stadt, der seit etwa 1300 als ständiges Organ nachweisbar ist.

Im Laufe des folgenden Jahrhunderts emanzipierte sich die Stadt allmählich vom Landesherren und gewann an Autonomie. Ausdruck fand das darin, dass die Bürger der Stadt nun einen Bürgermeister wählten, der an der Spitze des Rates stand und die Geschicke der Stadt leitete. Das Amt des Stadtrichters bestand weiterhin, allerdings war dieser nun alleinig für die Rechtsprechung innerhalb der Stadtgrenzen zuständig. Ähnlich wie andere Ämter wurde der Stadtrichter alljährlich neu bestellt und zwar am St. Erhardstag (8. Jänner). Dann versammelten sich alle wahlberechtigten Bürger – also nur jene, die das volle Bürgerrecht besaßen und damit eine überschaubare Gruppe – und wählten einen neuen Stadtrichter. Dabei gab es zwar einen Dreiervorschlag, der aber letztlich nicht bindend war. Gewählt wurde übrigens mündlich und reihum in zwei Wahlgängen. Der erste Wahlgang diente zur Ermittlung von drei Kandidaten für die Stichwahl im zweiten Durchgang.

Im heutigen Titelbild sehen Sie die Ergebnisliste der Wahl zum Stadtrichteramt im Jahre 1680, die auch den geschilderten Wahlmodus nachvollziehbar macht. Oben im Bild ist das Ergebnis des ersten Durchgangs festgehalten, hier verteilen sich die Stimmen noch auf mehrere Kandidaten. Die untere Strichliste zeigt das Ergebnis des zweiten Durchgangs, in dem sich der Kandidat Antoni Rainer recht deutlich durchsetzte. Jörg Aigner, der im ersten Durchgang noch 65 Stimmen erhalten hatte, stürzte in der Stichwahl deutlich ab, der dritte Kandidat Philipp Rait erhielt zwar mehr Stimmen, schnitt aber auch im zweiten Durchgang schlechter ab.

Die Wahl des Stadtrichters konnte übrigens auf jeden Bürger fallen, zudem war man verpflichtet die Wahl auch anzunehmen, was – wie man sich vorstellen kann – bei manchen Amtsträger zu nachlässiger Amtsausübung geführt hatte, noch dazu, da das Amt nicht besoldet war. Die Zuständigkeit beschränkte sich in der Regel auf die niedere Gerichtsbarkeit. Für alle Verbrechen, die mit der Todesstrafe bedroht waren (auch schwerer Diebstahl) war das Landgericht Sonnenburg zuständig. Der Richter amtierte im Rathaus. Haftstrafen mussten im Stadtturm (Inwohner:innen) bzw. im Vorstadtturm (Bürger:innen) abgesessen werden. Der Stadtrichter hatte auch die Aufgabe der wöchentlichen Brot- und Fleischbeschau, am Markt prüfte er außerdem regelmäßig die Gewichte und Maße, überdies war er für die Sicherheit in der Stadt zuständig und musste diese überwachen.

Das Amt wurde erst im frühen 19. Jahrhundert endgültig abgeschafft bzw. in das k.k. Stadt- und Landrecht übergeführt, wobei die Bürgerschaft keine Mitbestimmung bei der Wahl der Richter mehr besaß.

(Stadtarchiv/Stadtmuseum, Akt-278)

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