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Tiroler Skimeisterschaften 1927

Tiroler Skimeisterschaften 1927

Vor einiger Zeit hatten wir erst einen kleinen Skisprung-Schwerpunkt, der heute noch etwas erweitert werden soll. Diesmal möchte ich an die Tiroler Meisterschaft im Skilauf von 1927 in Innsbruck erinnern, die aus Langlauf und Skispringen bestand, also das was wir heute als Nordische Kombination bezeichnen. Die Besonderheit dieser Meisterschaft war, dass damals erstmals ein Wettkampf auf der Bergiselschanze stattfand. Ein Jahr lang hatte die Schanze auf ihre Einweihung warten müssen: 1925 begonnen und für die Wintersaison 1925/26 fertiggestellt, konnten im Jahr der Fertigstellung aus Schneemangel keine Wettbewerbe stattfinden.

Im Jänner 1927 war es dann aber soweit, nun lag ausreichend Schnee und die Schanze war, wie die Innsbrucker Nachrichten vermeldeten, in „vorzüglichem Zustand“. Die Wettkämpfe wurden schon Wochen zuvor in Zeitungen und mit Plakaten angekündigt. Ein solches Plakat ist im Titelbild zu sehen. Das Panorama im Hintergrund passt dort allerdings nicht so ganz zur Richtung, in die die Springer vom Bergisel in die Tiefe springen sollten. Der bekannte Landschaftsmaler und Illustrator zahlreicher Werbeplakate und Alpiner Führer, Rolf Bakalla, wollte damit wohl auch die Problematik umgehen, dass man den Springer sonst nur von hinten gesehen hätte. Die Innsbrucker Bevölkerung hatte damit offenbar kein Problem, denn sie pilgerte in Massen zu dem Spektakel am Bergisel. Die Innsbrucker Nachrichten berichten von mehr als 5000 Zuschauer*innen beim Sprunglauf.

Schon am Vortag hatte die Meisterschaft mit dem Langlaufbewerb begonnen. Die Langlaufstrecke führte über knapp 16 km von Heiligwasser zunächst nach Patsch, von dort zurück über den Gründwalderhof nach Rinn und zurück über Sistrans, Rans hinunter nach Amras zum Ziel beim Tivoli. Die aus heutiger Perspektive etwas ungewohnte Streckenführung mit langen Abfahrten war für die damalige Zeit aber üblich. Ähnlich wie heute war indes auch damals der Sieger ein Norweger, Johann Blomseth, der für den Wintersportverein Kufstein an den Start ging und 1926 Österreichischer Meister geworden war. Für die Strecke benötigte er 1 Stunde und 4 Minuten.

Gretl Lantschner (später Alt-Lantschner), die Siegerin der Tiroler Meisterschaften im Langlauf 1927. Hier in einem Foto aus dem Jahr 1928, in: Die Bühne 169/1928, S. 31.

Auch 13 Frauen nahmen an dem Langlaufbewerb teil. Hier siegte Gretl Lantschner für den Innsbrucker Skiklub. Lantschner stammte aus einer skibegeisterten Familie, ihr Bruder Hellmut Lantschner und ihre Cousins Fritz und Gerhard waren ebenfalls erfolgreiche Skifahrer aber auch illegale Nationalsozialisten der ersten Stunde (siehe dazu auch das jüngst erschiene Buch von: Andreas Praher, Österreichs Skisport im Nationalsozialismus: Anpassung – Verfolgung – Kollaboration, 2021). Gretl Lantschner feierte in den folgenden Jahren noch einige Erfolge als Skifahrerin, etwa mit einem dritten Platz bei den ersten österreichischen Meisterschaften im alpinen Skilauf 1928. Sie war aber regelmäßig von Verletzungen geplagt und verpasste daher mehrfach ganze Saisonen.

Der Höhepunkt der Tiroler Meisterschaft 1927 folgte schließlich am Sonntag mit dem Sprunglauf. Das Wetter spielte zwar nicht ganz mit, der leichte Schneefall konnte das Springen aber nicht verhindern. Unter den Augen von zahlreich erschienener lokaler Politprominenz siegte hier Martin Neuner, der für Garmisch startete, vor Johann Blomseth, der sich damit auch den Gesamtsieg aus Langlauf und Sprunglauf souverän sicherte. Für Blomseth war es damals nicht der erste und nicht der letzte Sieg. Er war zum damaligen Zeitpunkt sehr erfolgreich und gewann zahlreiche Bewerbe in Österreich und Tirol. Blomseth spielte im Übrigen auch auf eine andere Weise eine nicht unwichtige Rolle in der Tiroler Skigeschichte, war er doch Mitarbeiter von Franz Kneissl in Kufstein und brachte somit sein Knowhow aus Norwegen und seine Erfahrungen aus Wettbewerben direkt in den Bau neuer Skier mit ein.

Den weitesten Sprung des Tages bei den Tiroler Meisterschaften 1927 und damit gleichzeitig auch den ersten Schanzenrekord am Bergisel erzielte der Hofgasteiner Heinrich Mayerl mit 47 Metern. Lobend hervorgehoben wurden in der Berichterstattung der besonders ästhetisch springende Lokalmatador Hans Greussing sowie die guten Leistungen und weiten Sprünge der Nachwuchsathleten. Frauen nahmen am Sprunglauf nicht teil.

Am Abend wurden die Sieger der einzelnen Klassen aus der Kombination beider Wettbewerbe geehrt und die gelungene Einweihung der Schanze gefeiert.

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Pt-106)

Dieser Beitrag hat einen Kommentar
  1. Wieder ein wunderbar fachkundiger Artikel zur Innsbrucker Sportgeschichte, vielen Dank für diesen Beitrag! Beiträge wie diese sind immer eine Freude zu lesen.

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