Thalias Wächter
Am Abend des 8. Dezember 1881 ereignete sich in Wien eine der größten Brandkatastrophen in der Geschichte der Habsburgermonarchie. Kurz vor Beginn der Vorstellung – es stand Offenbachs komische Oper Hoffmanns Erzählungen am Programm – brach hinter der Bühne des Ringtheaters ein Feuer aus, das sich rasend schnell ausbreitete und 384 Menschen das Leben kosten sollte. Ein technischer Defekt, gravierende bauliche Mängel, menschliches Versagen und eine nicht adäquat ausgerüstete Feuerwehr – den Einsatzkräften standen angeblich „nur 1 Sprungtuch, nur 1 Dampfspritze und nicht genügend Rettungsleitern zur Verfügung“ – hatten wesentlichen Anteil an dieser Tragödie.
Vor dem Hintergrund dieser Katastrophe wurde der vorbeugende Brandschutz in Schauspiel- und Opernhäusern in ganz Europa grundlegend erweitert. Noch im Dezember 1881 beschloss der Wiener Gemeinderat, dass „in jedes Theater zwei städtische (also professionelle) Feuerwehrleute entsandt werden. Die allabendliche Abordnung dieser Beamten zu den Vorstellungen war ab 1.1.1882 von den Theatern durch eine Gebühr abzugelten.“
Die FF Innsbruck hielt aufgrund des Ringtheaterbrandes am 19. Dezember 1881 eine außerordentliche Hauptversammlung ab, bei der „über Antrag Christof Hummel’s [er gehörte dem 2. Zug der FF Innsbruck an] die freiwillige Uebernahme der Feuerwache im k. k. Nationaltheater“ unter der Voraussetzung beschlossen wurde, dass die Innsbrucker Feuerwehr „die aus dieser Wache erwachsenden Regiekosten nicht übernehme und für allfällige Unglücksfälle jede Verantwortung von Vornehinein ablehne. Sofort meldeten sich 54 Feuerwehrmänner freiwillig zur Theaterwache, deren Art und Weise der Ausführung der Kommandantschaft überlassen wurde, die auch eine diesbezügliche Dienstordnung zu entwerfen hat.“
Das Verhältnis zwischen dem Theaterpersonal und der -wache gestalte sich jedoch nicht konfliktfrei, wie sich bei der Generalversammlung der Innsbrucker Feuerwehr am 13. Feber 1884 zeigte. Die Feuerwehrmänner, die „stricte auf Hintanhaltung von feuergefährlichen Handlungen und Intacthaltung der Löschvorrichtungen“ achteten und den „in dieser Beziehung […] schon seit langen Jahren eingebürgerte[n] Schlendrian“ zu bekämpfen suchten, scheinen sich damit keine besonderen Freunde beim Theaterpersonal gemacht zu haben. Jedenfalls wurde in der Versammlung das „Benehmen des Theaterpersonales der Wache gegenüber“ kritisierte und damit gedroht, dass „in der kommmden Saison, wenn nicht ein erträglicher modus vivendi geschaffen wird, die freiwillige Feuerwehr die Theaterwache vielleicht gar nicht mehr übernehmen“ werde. Allerdings kritisierte zumindest ein – namentlich nicht genannter – Redner auch „das Benehmen einzelner Feuerwehrmänner bei der Theaterwache“. Es dauerte bis zum August 1884, ehe sich die Innsbrucker Feuerwehr dazu durchringen konnte, die Theaterwache auch weiterhin zu übernehmen.
Unser Titelbild zeigt die Theaterwache der Freiwilligen Feuerwehr Innsbruck der Spielzeit 1908/09. Wir sehen sitzend von links nach rechts den Magistrats-Konzipisten Dr. Rudolf Brix, den Innsbrucker Branddirektor Viktor Freiherr Graff sen. und den Kommandanten der Theaterwache Heidegger. Hinter ihnen steht die Mannschaft der Theaterwache.
Da sich der Innsbrucker Gemeinderat und das Feuerwehrkommando Ende 1909 nicht über die Entlohung der Theaterwache einigen konnten – Branddirektor Baron Graff hatte unter Verweis auf die allgemeine Teuerung für eine Erhöhung plädiert – legte die FF Innsbruck mit 1. Jänner 1910 diese Aufgabe zurück. Der Gemeinderat beschloss daher künftig die „ständige Feuerwehr“ (= Berufsfeuerwehr) mit der Wache im Stadttheater zu betrauen und gleichzeitig ihren Stand um zwei Mann zu erhöhen.
(StAI, Ph-M-15317)
Dieser Christof Hummel war der Vater oder Großvater des berühmten „Luftfahrt-Utopisten“ Oskar Hummel.
Christof Hummel senior rettete anno dazumal auf tollkühne Weise eine ertrinkende Frau aus dem Sillkanal, wie im Innsbrucker Tagblatt vom 19. Mai 1876 berichtet wird:
„(Errettung aus großer Gefahr.) Gestern Nachmittags
beiläufig um 5 Uhr fiel oberhalb der ehem. Baur’schen Fabrik
in Wilten eine etwa 60 Jahre alte Frauensperson, welche mit
Begießen im Garten beschäftigt war, in den Sillkanal. Sie
passirte das bei der Seppi’schen Schlosserei befindliche Wasserrad
und auch den Theil des Kanals, welcher überbaut ist und war
daran, im nächsten Augenblick unter die Wasserräder der Hibler‘-
schen Feigenkaffee – Fabrik zu kommen, als der 63jährige Herr
Christof Hummel, welcher gegenwärtig bei seinem gleich-
namigen Sohn auf Besuch hier anwesend ist, die über den Kanal
gespannte Kette ergriff, mit Muth und Geistesgegenwart in das
Wasser sprang, die im nächsten Augenblick rettungslos Gewesene
dem Wasser entriß und ihr so das Leben rettete.“
Vielen Dank für dieses Fundstück, lieber Herr Auer. Der von Ihnen erwähnte Chr. Hummel starb am 12. April 1896 im 84. Lebensjahr: https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=ibn&datum=18960413&query=%22Christof+Hummel%22&ref=anno-search&seite=7 Er war demnach der Großvater von Oskar H.
Christof Hummel jun. (gest. 13.9. 1932) ist 1868 in die FF Innsbruck eingetreten:
https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=tan&datum=19320917&query=%22Christoph+Hummel%22&ref=anno-search&seite=21 bzw: http://feuerwehr.stadtarchiv-innsbruck.at/bild.php?id=1554&suchtext=
Er diente über viele Jahre als Adjutant beim Kommando & wurde schließlich zum Ehrenmitglied ernannt …
Und hier noch ein Artikel über das Begräbnis von Christof Hummel im Sept. 1932:
https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=ibn&datum=19320916&query=%22Christoph+Hummel%22&ref=anno-search&seite=6
Der TA brachte einen ausführlichen Nachruf: https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=tan&datum=19320914&query=%22Christoph+Hummel%22&ref=anno-search&seite=6
Allerdings war Hummel 1932 offenbar doch nicht der älteste Feuerwehrmann Tirols:
https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=tan&datum=19320923&query=%22Christoph+Hummel%22&ref=anno-search&seite=7
Herrlich! Vielen Dank, lieber Herr Egger!
Die famosen neuen Infos über den Feuerwehrmann Christof Hummel junior sind sehr aufschlussreich und bieten viele neue Einblicke.