Nur keine Aufregung!
„Nur keine Aufregung!“ lautet der Titel des obigen, 1912 entstandenen Projektvorschlags für die Verbauung der sogenannten „Zelgergründe“ zwischen der heutigen Heiliggeist- und Salurnerstraße. Wie wir wissen, sorgte diese Fläche mehr als nur einmal für Aufregung, etwa die Frage der Errichtung eines Stadtparks, die Benennung in Bismarckplatz oder die Pläne von Clemens Holzmeister aus dem Jahr 1921.
Der Titel dieses Entwurfes ist auch 1912 als Mischung von Wunschdenken und Ironie einzuordnen. Denn zu diesem Zeitpunkt war die Causa „Zelgergründe“ schon ein veritables Politikum.
1907 war die Stadt mit den Erben des 1905 verstorbenen Kaufmanns Karl Zelger offenbar schon einmal kurz vor Abschluss von Kaufverhandlungen gestanden. Es spießte sich am Preis: Die Erben wollten 300.000 Kronen (heute ca. 1,9 Millionen Euro), die Stadt bot exakt kalkulierte 261.050 Kronen (IN, 4. Mai 1907, S. 5). Zu diesem Zeitpunkt war die Baulinie von der Maximilianstraße zurückgerückt worden. (IN, 6. April 1907). Es dauerte aber noch fast exakt zwei Jahre, bis die Erben dies lautstark als unzulässigen Eingriff in ihren Privatbesitz verurteilten und sich mit einer wortreichen „Aufklärung“ an sämtliche Gemeinderäte wandten. (IN, 2. April 1909, S. 8) Die Stadt antwortete ebenfalls ausführlich auf den Vorwurf, man habe die Baulinie still und heimlich verlegt, um den Grund zu entwerten und ihn sich zu erschwindeln. Trotz dieser Verstimmungen brachten Erben und Stadt nach monatelangen zähen Verhandlungen den Kauf 1911 doch noch über die Bühne.
Die ursprüngliche Idee, auf dieser Fläche einen großen Park zu schaffen, war währenddessen Stück für Stück fallen gelassen worden. Ursprünglich war geplant, auf der Fläche des späteren „Hochhauses“ ein Internat zu errichten, und ansonsten „einen öffentlichen Park zu schaffen“ (Innsbrucker Nachrichten, 6. April 1907), aber noch vor dem Ankauf 1911 wurden Möglichkeiten zur Errichtung eines Gewerbemuseums, sowie von Wohn- und Geschäftsbauten geprüft.
In der Gemeinderatssitzung vom 7. März 1912 fiel nach großer Debatte die definitive Entscheidung, hier beides, sowohl Privatwohnungen als auch einen 600-800 Quadratmeter großen Park zu errichten und „einen Ideenwettbewerb unter den Architekten auszuschreiben“.
Auch dieser Schritt brachte neue Aufregung mit sich: Die „Zentralvereinigung österreichischer Architekten“ riet ihren Mitgliedern aufgrund der „Unzulänglichkeit der Preise“ von der Teilnahme ab. Der erste der drei Preise betrug 800 Kronen (heute ca. 4600 Euro) und stünde „in recht unharmonischem Verhältnis zum Arbeitsaufwand“, befand der Allgemeine Tiroler Anzeiger am 13. April. Gerade wenn eine größere Stadtgemeinde eine solche Ausschreibung vornahm, die natürlich begrüßenswert war, sollte eben auch eine entsprechende Honorierung einkalkuliert werden.
Die letztendlich 15 Bewerbungen wurden im Mai im Adlersaal der Stadtsäle öffentlich ausgestellt und auch fachkundig in der Presse besprochen (vgl. etwa ATA, 9. Mai 1912, S. 5). Das Projekt „Nur keine Aufregung!“ der Architekten Payr und Baier gewann übrigens den zweiten Preis hinter dem ebenso von ihnen stammenden und ebenso klingenden Entwurf „Achtung, Eisberg!“ und vor „Hoch Innsbruck“ von Karl Ruetz und Josef Senn. (IN, 2. Mai 1912).
Da eine Umsetzung – wohl nicht zuletzt aufgrund des Ersten Weltkriegs – letztendlich unterblieb, sollten die Zelgergründe in den folgenden Jahrzehnten noch mehrmals für weitere Aufregungen sorgen…
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Pl-414-2)
Ein wunderbarer Plan!
Im Nachhinein betrachtet ein Wahnsinn, dass der Kauf für den Stadtpark wegen 40.000 Kronen gescheitert ist. Der Preis von 300.000 Kronen ist aus heutiger Sicht ja ein wahres Schnäppchen.
Gute 10 Jahre später bekam man dafür wegen der Hyperinflation fast gar nichts mehr zu kaufen.
Dafür hat man seitens der Stadt aber vorausschauender Weise den Achensee gekauft. Dass dieser vorher dem Kloster Fiecht gehört hat, werden viele Innsbrucker und Innsbruckerinnen nicht wissen.