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Eine Frau Hat Zwei Lebensfragen (Innsbrucks Frauen Teil III)

Eine Frau hat zwei Lebensfragen (Innsbrucks Frauen Teil III)

Was soll ich anziehen und was soll ich kochen? So beschrieb es zumindest eine bekannte Dr. Oetker-Werbung aus den 50er-Jahren. Die Traumfrau von damals war häuslich, hübsch und unselbstständig, eine Idealvorstellung, die über Jahrzehnte hinweg in den Köpfen der Gesellschaft vorherrschend war. Verstärkt wurde dieses Bild durch Werbung, wie sie auch hier auf unserem Foto zu sehen ist. Wir sehen wie Töchterchen Inge in die Kunst des Backens und des Kochens eingewiesen wird und damit das Gericht ihrer Wahl, wenn sie diesbezüglich überhaupt eine freie Wahl hatte, auch definitiv kein Reinfall wird, steht ihr der ADEG-Kaufmann mit Rat und Tat zur Seite, denn der ist essentiell für einen gelungenen Einkauf. Ach, Inge hatte es noch gut! Heute gibt es ja den klassischen Kaufmann nicht mehr, deswegen verwechsle ich im Geschäft auch immer die Butter mit dem Hundefutter. Ärgerlich!

Aber nicht nur die Werbung war voll mit sexistischen Klischees, auch die informativen Medien machten davon Gebrauch. So existierte in den 70er-Jahren in der Tiroler Tageszeitung die Rubrik ,,Für die Frau geschrieben“ oder auch „Frau und Familie“, die jeden Samstag veröffentlicht wurde und eine Seite ausfüllte. Berichtet wurde darin über Themen, die sich auf die vermeintlichen Interessen der Frauen bezogen: Ehe, Kinder, Mode, Raumgestaltung und Schönheit. Wahrscheinlich war mann der Meinung, dass mit dieser umfangreichen Themenauswahl der Wissensdurst einer Frau gestillt sei. Neben recht allgemeinen Artikeln über Kinder und Morgengymnastik, fand man in diesem Abschnitt auch ,,nützliche“ Tipps, die darauf ausgelegt waren, den Frauen das Leben leichter zu machen. Unter anderem „trägt die Anpassungsfähigkeit der Frau und Freude an Geselligkeit bei beiden Partnern sehr zum Gelingen einer Ehe bei!“. Ein Vorschlag zur Entlastung berufstätiger Frauen war, dass die Geschäfte zweimal wöchentlich bis 20 Uhr geöffnet sein sollten, damit berufstätige Frauen an einigen Tagen auch nach Feierabend in Ruhe einkaufen können.“ Wollte man einen Liebesbrief an seine Angebetete schreiben, galt es gründlich darüber nachzudenken, denn Frauen „wollen Beteuerungen, […] Ergüsse und schöne Worte auf Papier sehen, selbst wenn sie wissen, daß vieles in dem Geschriebenen Herzeroberung mit Taktik sein könnte und oft auch ist.“

Für mich als Frau mit Baujahr 1999 ist es sehr interessant zu lesen, was damals eine perfekte Frau ausmachte beziehungsweise wie man versuchte mittels solcher Medien die Frauen nach den Wünschen der Gesellschaft zu formen. Wenn man heute von diesen Maßstäben ausgehen würde, wäre ich vermutlich die katastrophalste Frau der Stadt, aber die Zeiten haben sich ja geändert, zum Glück. Genug für heute, ich muss weitermachen, um 17 Uhr ist Feierabend und dann muss ich noch ein paar Dinge in der Stadt erledigen. Gott sei Dank haben die Geschäfte heute bis 20 Uhr auf!

(Stadtarchiv Innsbruck, Div-3369; TT, Nr.100/145, 1970, S.16/S.12)

(Verena Kaiser)

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