Eine banale Straßenszene
Die Kreuzung Amraser Straße und Südring. Menschen warten auf die 3er aus Amras. In den 1970ern? So weit so banal. Sehr viel spannender wird es auch nicht mehr.
Und doch sind es wieder einmal die viele kleinen Beobachtungen, die uns in Nostalgie schwelgen lassen. Oder wann sind Sie das letzte Mal einem Mann mit Knickerbockern, grauen Wollstrümpfen und – vor allem – Fellmütze begegnet? Diese Monstren, die Hüte, nicht der Mann, a la Ceausescu waren damals gar nicht so selten. Irgendwann sind sie dann aus der Mode gekommen und wurden ein Festessen für Generationen von Motten. Aus welchem Tier so ein Ding gefertigt wurde, kann ich nicht sagen. Aber in der Zeit waren auch – horribile dictu – Seehundschuhe en vogue. Wenn ich mich recht erinnere gab es Ende der 1970er Jahre einer der ersten (mir bekannten) Aufdeckungsfilmen von Tierschützern, die in der Arktis die Täter beim Erschlagen der Seehundbabys gezeigt haben. Mit Holzkeulen. Da erinnere ich mich genau. Da war es dann binnen weniger Jahre mit den Seehundschuhen vorbei. Ich habe auch nie gehört, dass in unseren Breiten deswegen jemand erfroren wäre.
Daneben eine Frau, vielleicht in einem Persianer-Mantel. Aber da erspar ich Ihnen die Geschichten.
Zu den Autos freue ich mich auf die forensische Identifizierung durch die FachleserInnenschaft. Da gibt es die Italiener, die deutsche Halbkugel, der zu klein geratene Straßenkreuzer und der verspielte Franzose. Oder so.
So ist das banale Foto vielleicht doch spannender als es auf den ersten Blick geschienen hat.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck; Ph/A-24724-020)
Man sieht am Straßenlampenmast auch heute noch Wegweiser. Damals zeigten die u.a. Richtung Tummelplatzweg und versprechen wohl über die Schloßstraße nach Aldrans oder Ampass zu gelangen.
Heute ist hier Fahrverbot. Ob das schon seit dem Autobahnbau 1965 so war kann ich nicht sagen. Vielleicht kann der Wagen der „3er“ die Zeit eingrenzen ?
Ich finde besonders spannend, welche Gefühle und Gedanken mich sofort gepackt haben in Ansicht dieses Fotos im Winter. Ich wohnte damals in der Reichenau und ging zur Schule: genau so war damals ein trüber Wintertag: Glatsch am Boden und in der trüben Luft der Geruch nach den vielen Kohle- und Ölheizungen, der vebliebene Schnee war auch durch den Smog und Russ grauschwarz gepudert. und jeden Abend war es meine verfluchte Aufgabe, aus dem Kohlenkeller den Kohlenkübel mit Koks in den vierten Stock zu schleppen. Aufzug: haha!
Die Autos wurden ja schon als europäische Repräsentanz beschrieben. Sie deuten meinerserachtens auf eine Zeit des Fotos Ende der 60er, allenfalls Anfang 70er Jahre hin
Jedenfalls ist die Endhaltestelle der Linie 3 schon am Ende der Amraserstraße. Das bedeutet, dass das Photo nicht vor 1965 gemacht wurde. An den Häusern lässt es sich kaum besser bestimmen; die stehen alles jedenfalls seit 1965. Allenfalls der Wohnblock links (Amraserstraße 91-99) war damals recht „frisch“ und daher könnte das Photo einige Jahre später aufgenommen worden sein, da der Außenraum dort nicht mehr nach Baustelle aussieht. Somit kann ich die Datierung von Herrn Foedisch nur unterstützen.
Mein Vater hatte übrigens ebenfalls eine solche Seehundfellmütze. Die Anrede „Conducător“ fiel bei uns zuhaus, wenn er sie aufhatte, nicht selten. Ich halte die Mütze als Andenken (an meinen Vater – nicht das da ein anderer Verdacht aufkäme) in Ehren. An sehr strengen Wintertagen habe ich sie sogar gelegentlich im Einsatz (also in den letzen 20 Jahren so ca. 2x) und werde dann natürlich auch blöd angeredet. Warm ist die Mütze jedenfalls schon und dass man die Ohrenschützer einklappen kann ist gerade wenn die Sonne rauskommt angenehm – habe sie mir gerade zum Schreiben dieses Posts aufgesetzt.