Der Reichsnährstand (III.)
Das Erbhofgesetz war bei der Definition von „deutsch oder stammesgleichen Blutes“ noch deutlich strikter als die späteren Nürnberger Gesetze. Als Bauer kam nur in Frage, bei dem ab 01. Januar 1800 kein „jüdisches oder farbiges Blut“ nachzuweisen war. Hinzu kamen Untersuchungen zu möglichen Erbkrankheiten. Dies entsprach ganz der Vorstellung der Darrés, eine neue, rassisch definierte Aristokratie heranzuzüchten.
Nach seiner Ernennung zum Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft verfolgte Darré auch primär seine rassenideologischen Visionen, die eigentliche Landwirtschaft war dabei ein bloßes Anhängsel. Dies brachte ihm scheinbar auch so einigen Spott in seinem Umfeld ein – so soll man von ihm gesagt haben, er sei ein Wunderkind gewesen, denn er habe mit vier Jahren schon so viel von Landwirtschaft verstanden wie heute. Die Ernennung eines Ideologen zum Leiter eines so wichtigen Ressorts – schließlich war die Gewährleistung einer ausreichenden Nahrungsversorgung im Kriegsfall von großer Bedeutung für das NS-Regime – zeigt das Primat der NS-Rassenideologie über pragmatische Überlegungen. Die weitere Funktionsfähigkeit gewährleisteten indes die unteren Ränge des Ministeriums, über dessen „politische Unzuverlässigkeit“ man sich in unter den führenden NS-Ideologen oft beschwerte.
Neben dem Reichsnährstand widmeten sich auch das Rasse- und Siedlungshauptamt, dem ebenfalls Darré vorstand, und das Agrarpolitische Amt der NSDAP den Siedlungsplänen des NS-Regimes. Zu den Plänen für die Schaffung des neuen Bauernstandes wurde von 1937 oberster Stelle auch befohlen, Pläne für die Besiedelung von „Neuräumen außerhalb der augenblicklichen Reichsgrenzen“ auszuarbeiten. Der besagte „Neuraum“ umfasste die Tschechoslowakei, die Ukraine und Polen.