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Der Kleine Pu-ju – Schätze Aus Dem Monopol-Archiv (1)

Der kleine Pu-ju – Schätze aus dem Monopol-Archiv (1)

Na, woran denkt wohl der kleine Mann (wenn es tatsächlich einer ist, man weiß ja nie) der hier für die Kamera auf ein Kissen drapiert wurde? Eine Mischung aus Langeweile, Indifferenz und Interesse an der Kamera, würde ich spontan assoziieren. Aber – natürlich – weit gefehlt!

„Die Sternkunde“, so informiert uns die Kartenrückseite, „beschäftigt augenblicklich den kleinen Pu-ju. Südschantung“. Da muss man auch erst einmal drauf kommen. Und wie man überhaupt drauf kommt, steht für mich auch in den Sternen. Gab es vielleicht Anfang des 20. Jahrhunderts einmal fernöstliche Sternenkonstellationen, die weltweit Aufsehen erregten?

Eine erste zeitliche Einordnung liefert der Ortsbegriff, Schantung (Shandong). Im Rennen um Kolonien hatte das Deutsche Kaiserreich 1898 die Pacht eines Teils dieser chinesischen Halbinsel das Gebiet Kiautschou – erzwungen. Nach der Belagerung von Tsingtau (Qingdao) im Zuge des Ersten Weltkriegs gewann das Japanische Kaiserreich im November 1914 die Kontrolle über das Gebiet.

Und rudimentäre Kenntnisse der fernöstlichen Geschichte bzw. googeln lassen weitere Schlüsse zu: Bei unserem kleinen Pu-ju könnte es um Aisin Gioro Puyi (1906-1967) handeln, den letzten Kaiser der seit 1644 regierenden Qing-Dynastie. Hätte sich der auf dieser Karte wohl nicht einmal ein Jahr alte Säugling tatsächlich mit den Sternen beschäftigte, was hätten die ihm wohl erzählt: Dass er 1908, als der regierende Kaiser sein Onkel verstarb (vermutlich vergiftet) im Alter von nur zwei Jahren Kaiser werden würde? Getrennt von seinen leiblichen Eltern in der verbotenen Stadt lebte? Und dass sich die Regenten als so unfähig erwiesen, dass er im Alter von sechs Jahren abdanken musste?

Aber zeitlich ist das etwas rätselhaft. Auf der Rückseite findet sich nämlich im Briefmarkenfeld der Aufdruck „Printed by A. G. Schöllhorn Munich, Bavaria“. Wie man der Firmengeschichte entnehmen kann, gründete Schöllhorn seinen Verlag allerdings erst 1918. Vielleicht ein Frühwerk, das Schöllhorn eine Dekade vor der Verlagsgründung in Eigenregie druckte und vertrieb?

Womöglich könnten die das Bild einrahmenden chinesischen Schriftzeichen irgend etwas zur Aufklärung beitragen? Haben sie mit Sternenkunde zu tun, mit Pu-jus Person oder sind sie rein dekorativer Kauderwelsch? Können sinologisch gebildete Leserinnen dies vielleicht aufklären?

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Bestand Monopol Verlag A. Schöllhorn)

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare
  1. Google Lens kann ja auch übersetzen.
    Links steht:
    Wer als großer Astronom im himmlischen Aufseher arbeitet, sollte wissen,
    Rechts steht:
    Kleiner Kabuto Juni 2019 Sternzeichen Achtung himmlischer Äquator zukünftiger König.

  2. Bei den Schriftzeichen, die das Bild umrahmen, handelt es sich tatsächlich um chinesische Schriftzeichen. Allerdings war das Übersetzen eher schwierig, da es sich um eine ältere Form von Mandarin handelt und viele der Zeichen vereinfacht dargestellt sind, was bei chinesischer Handschrift öfter der Fall ist.
    Herr Pechlaner hat versucht ein paar Zeilen mit Google zu übersetzen, doch denke ich dass hier eine Verwechslung stattgefunden haben könnte, da viele chinesische Schriftzeichen auch Verwendung im Japanischen finden. Der von ihm übersetzte Name “Kabuto” ist eher typisch japanisch.

    Nach längerem Übersetzen und Beratung mit meinem chinesischen Freund, bin ich auf folgende mögliche Übersetzung gekommen:

    Auf den beiden Seitenrändern geht es um ein Kind namens(兜甫), das sechs Monate alt ist und schon alleine stehen kann und auch schon alleine aus dem Bett aufstehen kann. „Jetzt beobachtet er den Nachthimmel, vielleicht wird aus ihm einmal ein Astronom in der Zukunft.“
    Der Text mittig über dem Bild lautet: „Die jüngeren Generationen werden uns mit der Zeit überholen“ und der Text ganz unten mittig:“Wie können wir wissen, dass die Menschen der Zukunft nicht besser sein werden als die Menschen von heute?“

    Diese Postkarte ist wirklich sehr, sehr interessant. „Puju“ könnte der Namen des Kindes sein, Südschantung ist vermutlich Shandong, eine Region in der heutigen südlichen Provinz Shandong.

  3. Bei den Schriftzeichen, die das Bild umrahmen, handelt es sich tatsächlich um chinesische Schriftzeichen. Allerdings war das Übersetzen eher schwierig, da es sich um eine ältere Form von Mandarin handelt und viele der Zeichen vereinfacht dargestellt sind, was bei chinesischer Handschrift öfter der Fall ist.
    Herr Pechlaner hat versucht ein paar Zeilen mit Google zu übersetzen, doch denke ich dass hier eine Verwechslung stattgefunden haben könnte, da viele chinesische Schriftzeichen auch Verwendung im Japanischen finden. Der von ihm übersetzte Name “Kabuto” ist eher typisch japanisch.

    Nach längerem Übersetzen und Beratung mit meinem chinesischen Freund, bin ich auf folgende mögliche Übersetzung gekommen:

    Auf den beiden Seitenrändern geht es um ein Kind namens(兜甫), das sechs Monate alt ist und schon alleine stehen kann und auch schon alleine aus dem Bett aufstehen kann. „Jetzt beobachtet er den Nachthimmel, vielleicht wird aus ihm einmal ein Astronom in der Zukunft.“
    Der Text mittig über dem Bild lautet: „Die jüngeren Generationen werden uns mit der Zeit überholen“ und der Text ganz unten mittig:“Wie können wir wissen, dass die Menschen der Zukunft nicht besser sein werden als die Menschen von heute?“

    Diese Postkarte ist wirklich sehr, sehr interessant. „Puju“ könnte der Namen des Kindes sein, Südschantung ist vermutlich Shandong, eine Region in der heutigen südlichen Provinz Shandong.
    Ist bekannt, ob auf der Kartentückseite sonst noch etwas steht?

  4. Sollten diese vereinfachen Zeichen den in der VR China heute geltenden Kurzzeichen entsprechen (nicht in Taiwan), dann wäre der Zeitpunkt erst nach der offiziellen Einführung derselben durch Mao nach 1956 zu setzten.

  5. Danke für die spannenden Ergänzungen! Lauras Übersetzungsvorschlag klingt für mich schlüssig, da es sich mit dem deckt, was der deutsche Aufdruck auf der Adressseite verkürzt widergibt. Dann ist das wohl ein anderer Pu-ju als der im Text erwähnte Kaiser, denn dem hätte man wohl eher nicht eine Laufbahn als Astronom prophezeit. 🙂 Außer dem in den Text eingebundenen Zitat enthält die Adressseite leider keine inhaltlichen Informationen. Nur noch den Firmennamen und die Kartennummer: „No. 1597“. Entstanden muss die Karte aber schon vor 1956 sein, denn 1939 verlegte Anny Schöllhorn die gesamte Firmenzentrale nach Innsbruck, die Ortsangabe Munich wäre demnach etwas überraschend. Wenn sich keine Hinweise zu diesem Puju im Netz finden lassen, werden wir wohl im Zuge der Bestandsbearbeitung sehen müssen, ob sich vergleichbare Adressseiten-Layouts datieren lassen… Vielleicht späte 1920er-Jahre?

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