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Der älteste Kindergarten Der Stadt

Der älteste Kindergarten der Stadt

Das Gebäude im heutigen Titelbild wird, obschon es fast im Stadtzentrum liegt, in der Regel wenig beachtet. Das liegt wohl hauptsächlich daran, dass es etwas versteckt hinter dem Ferdinandeum steht. Dabei hat es eine interessante Geschichte, es ist nämlich das erste, als solches geplante Kindergartengebäude in Innsbruck.

Schon in den 1830er Jahren waren in Innsbruck erste Kinderbewahranstalten gegründet worden. Insbesondere dort, wo es zahlreiche Gewerbe und frühindustrielle Betriebe gab, wie in St. Nikolaus oder in Dreiheiligen, wurden solche Anstalten eingerichtet. Federführend war dabei ein damals gegründeter ‚Frauenverein zur Errichtung und Erhaltung von Kinderbewahranstalten‘. Der Verein war unter dem Vorsitz der Gattin des Gouverneurs Wilczek entstanden und hatte rasch zahlreiche Mitglieder geworben. Vorwiegend handelte es sich dabei um adelige Frauen und Ehefrauen von Beamten und Gewerbetreibenden. In diesen Kinderbewahranstalten waren bis zu 180 Kinder untergebracht. Zeit- und teilweise waren diesen auch Industrieschulen und eine Sonntagsschule angeschlossen, in denen arbeitende Jugendliche und junge Erwachsene an Sonn- und Feiertagen die Möglichkeit hatten ihre Schulbildung aufzufrischen.

1872 wurde dann schließlich auch ein Kindergarten in Innsbruck gegründet, der zweite in Tirol. Der erste war zwei Jahre zuvor in Kufstein eingerichtet worden. Anders als in den Bewahranstalten, hatte dieser neue Kindergarten auch ein pädagogisches Konzept, das sich an jenem von Friedrich Fröbel orientierte und die Kleinkinder „lernfähig und dadurch schulfähig machen“ sollte. Grundlage für die Gründung bildete auch eine eigene Verordnung des Unterrichtsministeriums. Damit regelte der Staat auch diesen bisher vernachlässigte Bereich durch einen gesetzlichen Rahmen. Untergebracht war der Kindergarten in den „Nebenlokalitäten der Redoutensäle“. Lesen Sie hier den Bericht zur Eröffnung. Dort blieb er allerdings nicht lange, und übersiedelte schon nach zwei Jahren in das Fleischbankgebäude.

Einladung zu einem Kinderfest – veranstaltet wohl von jenem Kindergarten, der sich in den Redoutensälen befand. Stadtarchiv/Stadtmuseum VO-1573.

Auf Ablehnung stieß die Gründung vor allem auf Seiten der Kirche, die darin einen weiteren Eingriff des Staates in die Erziehung von Kindern erblickte und den eigenen Einfluss darauf schwinden sah. Außerdem war der katholischen Kirche das pädagogische Konzept Fröbels nicht geheuer, der ja evangelisch war und dessen Ideen ja stark in der Aufklärung verwurzelt waren. So finden sich gerade in katholischen Blättern der Zeit durchwegs negative Bewertungen dieser neuen Einrichtung. Das konnten den Siegeszug der Fröbelschen Kindergärten in Innsbruck nicht aufhalten. Schon 1874 widmete die Stadt dem Frauenverein einen Grund hinter dem Museum, auf dem der Verein dann den oben zu sehenden Kindergarten einrichtete. 1878 fand die feierliche Eröffnung statt. Bald schon folgten weitere Kindergärten in anderen Stadtteilen.

(Stadtarchiv/Stadtmuseum 04.05.01_02.208)

Dieser Beitrag hat 7 Kommentare
  1. Ein sehr aufschlussreicher Beitrag zu einem wenig bekannten und erforschten Thema, vielen Dank!

    Die Industrieschulen waren eine Art Vorläufer von Haushaltungsschulen. Mädchen lernten hier z.b. Kochen, Stricken, Nähen, Häkeln oder Flicken. Es ging also weniger um das Auffrischen von Schulbildung, wie im Text geschrieben, als viel mehr um das Erlernen von Handarbeitstechniken und häuslichen Arbeiten.

    1. Lieber Herr Auer,

      danke, zum Hinweis zu den Industrieschulen: da fehlt im Text das Wort Sonntagsschulen, auf das sich der Nebensatz bezieht. Ansonsten haben Sie natürlich recht! Danke. Werde das auch im Text korrigieren

  2. Besonders interessant finde ich die Ablehnung des Kindergartens durch die katholische Kirche wegen eines „weiteren Eingriffs des Staates in die Erziehung von Kindern“. Das von einer Institution, die damals massiven Einfluss auf alle Teile der Gesellschaft besaß und bis zum heutigen Tag mit dem Konkordat ihre Agent:innen in staatliche Bildungseinrichtungen entsenden darf und das auch macht, um Kinder zu indoktrinieren, indem der hauseigene Fantasy-Epos ihnen gegenüber als Tatsachenbericht dargestellt wird. xD
    Und auch sehr interessant, dass der erste Kindergarten ins Fleischbankgebäude übersiedelte – klingt nach einer richtig vergnüglichen und sicher gar nicht traumatisierenden Umgebung wie geschaffen für Kleinkinder. xD

    1. Interessant finde ich vielmehr, daß hier politische Kommentare geduldet werden, soll diese Seite doch vornehmlich der Erbauung und Information dienen. Herr Schneiderbauer möge seine Meinung zumindest hier für sich behalten und nicht die katholische Kirche angreifen.

    2. Lieber Manni Schneiderbauer,
      Ich denke für die allermeisten LeserInnen zu sprechen, wenn ich sage, dass wir Deine Fachkommentare zum Verkehrswesen im weitesten Sinne wirklich sehr schätzen.
      Was in diesem Forum aber absolut unerwünscht ist, sind sexistische, rassistische, kommerziell-werbende, (partei-)politische und weltanschauliche etc. Kommentare. Jede/r kann/soll in einer pluralistischen Gesellschaft seine Meinung haben. Das ist auch gut so.
      Aber bitte erspar uns diesbezügliche Kommentare in Zukunft und lass uns an Deinem Wissen über den ÖPNV in Innsbruck teilhaben.
      Beste Grüße,
      Lukas Morscher

  3. Interessant finde ich vielmehr, daß hier politische Kommentare geduldet werden, soll diese Seite doch vornehmlich der Erbauung und Information dienen. Herr Schneiderbauer möge seine Meinung zumindest hier für sich behalten und nicht die katholische Kirche angreifen.

    1. Danke, Herr Unterholzner – ich habe lange hin und her überlegt, wie ich das den sonst von mir sehr geschätzten Herrn Schneiderbauer nahebringen soll! Sie haben mir das nun abgenommen!

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