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Das Langsame Ende Der Telefonzelle

Das langsame Ende der Telefonzelle

Mit dieser Überschrift erschien vor wenigen Tagen ein interessanter Artikel auf der ORF-Homepage, der auf das langsame Aussterben des „Kultortes“  Telefonzelle aufmerksam machte. Heute gibt es in Tirol noch 580 Telefonzellen, davon befinden sich nur mehr 84 in Innsbruck. Ich denke, dass die meisten unserer LeserInnen noch lebhafte Erinnerungen an die Benützung der Fernsprecher haben, egal ob mit Münzen oder schicker Wertkarte. Das ist zumindest bei mir der Fall, sei es das hektische Nachwerfen einzelner Schillinge während eines Telefonats oder das Nachschauen in den Rückgeldbehältern, ob vielleicht jemand ein paar Münzen vergessen hatte, welche man natürlich sofort in Süßigkeiten investierte.

Trotz all der mit dem Telefonieren in besagten Zellen verbundenen Umständlichkeiten denke ich gern an diese Zeit zurück.

Beim Schwelgen in Erinnerungen kam mir ein besonders schönes Foto aus unserer Sammlung in den Sinn, das ich hier mit unseren treuen LeserInnen teilen will. Zu sehen ist die Geyerstraße Nummer 61 in Amras mit Blick Richtung Süden. Bei genauerem Studium der Szenerie fällt einem neben der fast verblichenen Werbung für den Circus Belli Belli und der Tafel für das Cafe Regina vor allem die schmucke Telefonzelle auf. Aufgestellt neben dem Feuerwehrhaus und der Busstelle scheint auch diese Telefonzelle von Kindern „belagert“ zu werden. Ob man auch schon 1965, dem Zeitpunkt der Aufnahme, dort sein Taschengeld aufbessern konnte?

Bei all der Vergänglichkeit, die mit diesem Bild und der Thematik Telefonzelle verbunden ist, steht dieses Foto doch für eine gewisse Beständigkeit. Das Ensemble Telefonzelle, Bushaltestelle und Feuerwehrhaus kann man nämlich heute noch bewundern, wenn es auch alles etwas moderner ausschaut. Ein Dank geht hier an Elmar Berktold, der bei diesem Beitrag mit dem gleichen Haus aus anderer Perspektive die perfekte Google-Street-View Ansicht herausgesucht hat.

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, KR-NE-8645)

Dieser Beitrag hat 15 Kommentare
  1. Ein Bild aus der guten alten Zeit, als es noch kein Corona gab. Vielen Dank für diese wunderbar nostalgische Zeitreise in das 20. Jahrhundert!

  2. 1981 wurde im Hof des Rathauses die erste behindertengerechte Telefonzelle in Betrieb genommen und im Beisein des Vizebürgermeisters feierlich eröffnet. Ein interessanter Mosaikstein zur Geschichte der Telekommunikation in Innsbruck.

  3. Ich vermisse die Erinnerung an den Zahlknopf. Er hatte den Sinn, den Schilling erst fallen zu lassen, wenn man den Gesprächspartner erreichen konnte. Um dann selbst sprechen zu können, mußte man den Zahlknopf drücken. Bei Nichtmelden, oder Melden eines unwillkommenen Gesprächspartners (Vater der Freundin z.B.) hängte man wieder auf und bekam den Schilling zurück.
    Da ausländische Telefonzellenbenutzer diesen Brauch nicht kannten, gab es ein Schildchen „Zahlknopf drücken!“.
    Bei den ganz alten, im hammerschlaglook lackierten Apparaten gab es oben noch ein Fensterchen, hinter dem ein Zeiger unerbittlich die verbrauchte Zeit bzw Restgesprächsdauer anzeigte.

    Die neueren hatten hingegen so eine Art schiefe Ebene, auf der man das Telefon mit die Schillingen anfüttern konnte. Diese hatten manchmal einen „Deggen“ und der Schilling blieb derart hängen, daß man telefonieren und trotzdem beim Auflegen den Schilling wieder bekommen konnte.

  4. Wenn ich schon erwähnt werde, muss ich auch noch meinen Senf dazugeben: Bei der Kinderbelagerung habe ich erwartet, vielleicht einen halb versteckten Kaugummiautomaten zu entdecken – aber ich konnte nicht fündig werden.

  5. Weil ich mich ja mit meiner Brenner-Zoll-Geschichte schon um meinen guten Ruf gebracht habe, kann ich folgendes auch noch freudig preisgeben:
    Ich war 17 (also 1979) und hatte mich im Urlaub ganz schwer in ein Mädchen aus Deutschland verliebt. Auf Briefe und gar Antworten darauf wartete man gefühlte Ewigkeiten. Und telefonieren? Auslandsgespräche – unerschwinglich. Da wurde mir erzählt, dass sich in Telefonzellen mit einem elektrischen Gasherdanzünder am Münzeinwurf ein schönes Gesprächskonto einrichten ließ. Sofort probiert und im besten Fall waren mit einem Klick 99 Schilling am Display. So gab es viele sehnsuchtsvolle Telefonate, wiedergesehen haben wir uns trotzdem nicht.
    Liebe Post: ich war jung und brauchte das Geld 🙂

    1. Eine wirklich fabelhafte Geschichte Herr Ritzenfeld, wie auch Ihre Zoll-Geschichte. Diesen Trick bei den Telefonzellen müssen Sie mir bei Gelegenheit verraten, einfach aus purer Neugier.

  6. Wieder ein Haus mit der „Amraser Teilungs-Spezialität“, analog zum Kindergarten:
    https://innsbruck-erinnert.at/nix-los/

    Vom ursprünglichen Haus wurde 1947 die Hälfte abgerissen und dort das Feuerwehr-Gerätehaus erbaut. Dies als Ersatz für das alte Feuerwehrhaus beim „Stecher“, 1943 zerbombt, nachdem es erst 1937 eingeweiht worden war.
    Der andere (südliche) Teil wurde erst um 1987 in der heutigen Form erweitert.

    Dass diese Telefonzelle (bzw. eine ihrer Nachfolgerinnen viele Jahre später) bei der Anbahnung meiner Ehe hilfreich war, sei auch noch hinzugefügt …

  7. WAS ? Es gibt immer noch Telefonzellen ? Wo denn? Wäre sehr interessant, diese mal zu besuchen und zu schauen, ob noch Wechselgeld drin liegt.
    Aber Spaß beiseite: woran ich mich sehr gut erinnern kann, ist immer der sehr intensive Geruch von kaltem Rauch, den habe ich noch heute in der Nase, wenn ich an eine Telefonzelle denke. Bin selbst seit 56 Jahren passionierter und genussvoller Raucher, aber dieser Geruch wird mir nie mehr aus der Nase gehen, wenn ich an eine Telefonzelle denke. Vivat adulescentia, schian wars !

      1. Echt ? Gibt´s die tatsächlich noch ? Danke für den Hinweis, das ist mir doch glatt einen Lokalaugenschein wert. Noch einmal drinstehen und die Zeit Revue passieren lassen, als es noch keine Handys gab und man auf diese „Fernsprecheinrichtungen“ angewiesen war – wie gesagt, umgeben vom Gestank des kalten Rauches, gleichzeitig beobachtend, was sich außerhalb der Zelle während des Gespräches so abspielte – heeerrrlich ! Mensch, wenn ich doch bloß nicht so vergangenheitsbezogen wäre…!
        Um die Erinnerungen noch etwas zu erweitern, sozusagen zu „internationalisieren“: bei meinen unsagbar zahlreichen Besuchen in Griechenland während der letzten 50 Jahre habe ich immer emsig wie ein Bienchen griechische Telefonwertkarten gesammelt. Die waren sooo schön, mit unglaublich tollen Bildern versehen und der (natürlich) griechischen Schrift drauf…Warum ich die gesammelt habe ? Ich weiß es nicht, wahrscheinlich weil sie mir so gut gefallen haben, kein weiterer, tieferer Sinn erkennbar. Wie man sich vorstellen kann, hatte ich schon eine stattliche Sammlung, die mir jetzt anhand der Telefonzellengeschichte wieder einfällt. Einzigartig und trotzdem -puff ! – nicht mehr vorhanden, in der aufgewühlten See meines bewegten Lebens verschollen. Na ja, panta rei, ein ewig gültiger Ausspruch des weisen Heraklit…

        1. Im Telekommunikationsgesetz war bis Ende 2021 geregelt, dass in jeder Gemeinde eine Telefonzelle stehen bzw. es pro 1.000 Einwohner eine Telefonzelle geben muss. Diese Bedingung gilt nicht mehr.

          Am Boznerplatz stehen oder standen noch vor kurzem, man weiß ja nie, gleich drei Stück nebeneinander, weitere STandorte, die mir grad einfallen, sind in der Fischergasse gegenüber der Schule. und beim Landesgericht Ecke Fallmerayrstraße.

          Die olfaktorischen Erlebnisse beim Betreten einer Telefonzelle waren mannigfaltig. Glücklich, wer nur den Rauch in Erinnerung hatte. Es war auch ein großer Unterschied zwischen den neueren Zellen mit Gitterrost am Boden, der für eine Zwangsbelüftung sorgte, und Glaswänden und den postgelben doppelwandigen Urzellen, die den Straßenlärm effizient aussperrten und auch die eigenen Worte nicht nach außen dringen ließen. Auch das Gschmachl hielt sich dort hartnäckiger.

          Das Geräusch beim Türschließen wandelte sich auch vom satten Klack! der Tür der gelben Pappendeckelhäuschen über das Tschlagg! der Glastür der Gitterrostvariante zum Flip-Flap! der Westernsalloonbetürten neuerer Bauart. Jetzt gibts überhaupt keine Türen und Münzfernsprechzelle sagt keiner mehr.

          1. Genau ! Sehr treffend beschrieben, Herr Hirsch ! Ich kenn sie alle, die Klacks, Tschlaggs und Flip-Flaps (letztere mach ich zuweilen heut noch – in hohem Alter, wohlgemerkt – für meine Frau), muss wohl sehr viel telefoniert haben damals.

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