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Das Königliche Spiel – Teil 3

Das königliche Spiel – Teil 3

Im ersten Teil dieser Serie wurde ein Blick auf die Geschichte des Schachspiels in Innsbruck bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs gelegt. Der zweite Teil führt diese Geschichte fort bis zum Ende der 1920er Jahre. In diesem Teil geht es nun um einen der besten Schachspieler der 1930er Jahre: Erich Eliskases.

Erich Eliskases wurde am 15. Februar 1913 in Innsbruck geboren. Seine Eltern stammten beide aus dem Pustertal im heutigen Südtirol. Sie hatten sich in Innsbruck niedergelassen, wo der Vater Franz Eliskases eine Schneiderwerkstatt in der Anichstraße 10 führte. Erich lernte mit 12 Jahren von seinem Bruder Schach zu spielen und war, wie er selbst in Erinnerungen schreibt, sofort von dem königlichen Spiel fasziniert. Rasch kaufte er sich von seinem Taschengeld erste Schachlehrbücher. Er saugte das Wissen dieser Bücher förmlich auf, vertiefte sich begeistert in Schachkolumnen in verschiedenen Tageszeitungen und begann bald, angeleitet von Carl Wagner, dem Gründer der Innsbrucker Schachgesellschaft und vormaligen Mitglied des Innsbrucker Schachklubs, im Café Max nach neuen Gegner zu suchen – sein Bruder war nämlich bald kein ebenbürtiger Gegner mehr.

Bereits in jungen Jahren führte er Buch über seine Partien und widmete sich so intensiv dem Schach, dass bald seine schulischen Leistungen darunter litten. Seine Eltern waren darüber natürlich nicht begeistert, ließen den Sohn aber zunächst gewähren und unterstützen seine Leidenschaft schließlich, nachdem Erich allseits außergewöhnliches Talent beschieden wurde und sich auch bei Turnieren erste Erfolge einstellten. Bald schon wurde auch der Innsbrucker Schachklub auf das Talent aufmerksam und lud Erich immer wieder zu den Klubabenden ein. Einzelne Mitglieder gaben ihm Hinweise und schenkten ihm Schachbücher. Auf einer Veranstaltung des Schachklubs sah Eliskases auch Richard Reti blind simultan spielen. Damals hätte er sich wohl nie träumen lassen, dass er bald selbst gegen solche Gegner auf Augenhöhe spielen würde.

Erich Eliskases hat ab 1931 auch eine Schachrubrik im Allgemeinen Tiroler Anzeiger gestaltet. Hier: Allgemeiner Tiroler Anzeiger, 27. Juni 1931, S. 21. Der vollständige Text findet sich hier.

1927 begann Erich Eliskases schließlich für den Schachklub Schlechter zu spielen – zunächst jedoch nur als Gast, da er auf Grund seine jugendlichen Alters noch kein offizielles Mitglied werden konnte. Rasch stellten sich erste Erfolge bei Klubmeisterschaften und Spielen gegen andere Vereine ein. Schon im Jahr darauf wurde Eliskases Tiroler Meister und besiegte dabei anerkannte Tiroler Schachgrößen, wie Max Kapferer oder Walter Flir. Im folgenden Jahr errang Erich Eliskases schließlich auch den Titel eines Österreichischen Meisters (geteilter erster Platz mit Esra Glas). Damit begann eine aufregende Karriere. Schon im nächsten Jahr nahm er mit der österreichischen Mannschaft an der Schacholympiade in Hamburg teil und führte die Mannschaft mit einem persönliches Spitzenergebnis auf den vierten Gesamtrang.

Nach abgeschlossener Matura übersiedelte er 1931 nach Wien, um an der Hochschule für Welthandel zu studieren. Nach eigener Auskunft tat Eliskases diesen Schritt, weil ein Eintritt in das Berufsleben durch die hohe Arbeitslosigkeit damals keine guten Aussichten bot. So studierte er zwar offiziell, in Wirklichkeit spielte er aber hauptsächlich Schach in den Wiener Cafès, die immer noch ein Treffpunkt für Spitzenspieler aus aller Welt waren. Das Studium schmiss er bereits nach einem Jahr und lebte fortan als Berufsschachspieler, der von einem Turnier zum nächsten durch ganz Europa reiste. Dabei spielte er gegen die Größen der Zeit und konnte dabei erstaunliche Erfolge erzielen. Wie groß seine Spielstärke und sein Wissen damals waren, zeigt, dass er 1937 von Alexander Aljechin im Kampf um die Weltmeisterschaft gegen Max Euwe als Sekundant, also als Betreuer und Berater, gewählt wurde.

Erich Eliskases bei einer Simultanpartie in Wien. Wiener Schachzeitung, 18/1935, S. 279.

Nach dem ‚Anschluss‘ 1938 nahm er an den Meisterschaften des Großdeutschen Schachbundes teil und gewann 1938 und 1939 den Titel. Die nationalsozialistische Presse feierte die Siege des jungen Tirolers und betonte, dass er schon in jungen Jahren die „jüdische Vorherrschaft“ im Schach in Österreich gebrochen habe und spielte dabei auf seinen Sieg gegen Rudolf Spielmann im Jahr 1932 an. Eigens wies man darauf hin, dass der Name Eliskases keinesfalls jüdisch, sondern ladinischen Ursprungs sei. Er selbst hatte sich durchaus zufrieden mit dem neuen Regime gezeigt, eine differenzierte Auseinandersetzung mit seiner Rolle während der NS-Zeit steht aber noch aus.

Seine Erfolge brachten ihm die Einladung zur Schacholympiade in Buenos Aires als Mitglied der Großdeutschen Mannschaft für den Herbst 1939. Eliskases nahm diese Einladung gerne an, nicht zuletzt weil damit seine Wehrdienstausbildung aufgeschoben wurde. Im Sommer 1939 reiste er somit per Schiff nach Argentinien. Während des Turniers, das die Mannschaft um Eliskases gewann, überfiel das Deutsche Reich Polen. Eliskases und andere Mitglieder der deutschen Mannschaft zogen es daher vor, in Südamerika zu bleiben – Eliskases selbst meinte später, dass ihm das Schachspiel das Leben gerettet habe.

Erich Eliskases gab der Presse des nationalsozialistischen Regimes bereitwillig Auskunft und ließ sich auch vom neuen Regime vereinnahmen. Völkischer Beobachter, 22. Jänner 1939, S. 14.

Eliskases blieb auch nach dem Ende des Kriegs in Südamerika. Er heiratete, baute sich ein neues Leben auf – und er spielte weiterhin Schach, wobei er an seine großen Erfolge in jungen Jahren in der Ferne nicht mehr anknüpfen konnte. Dennoch gilt Erich Eliskases als ein ganz Großer des Schach, der in seiner Geburtsstadt indes weitgehend vergessen ist. Eliskases starb 1997 in Cordoba/Argentinien.

(Titelbild: Erich Eliskases, etwa 1932. Wiener Schachzeitung, 20/1932, Titelblatt)

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