Trauriges Ende
Böse Zungen behaupten ja, die Gasthäuser auf der Hungerburg hätten eine besondere Neigung zum Abbrennen. Mariabrunn, Waldschenke, Frau Hitt und der Karwendelhof kommen einem da gleich in den Sinn. Letzterer gehörte zum Imperium des Sebastian Kandler und hatte als „Wiener Café und Restaurant“ im April 1909 den Betrieb aufgenommen. Im Erdgeschoss befand „sich die Schwemme, welche so eingerichtet ist, daß man sie allenfalls auch mit Nagelschuhen und Fußeisen betreten kann. Im ersten Stocke ist die Ausstattung eine vornehme. Das herrlichste ist aber der dort sich darbietende Rundblick“, so die Innsbrucker Nachrichten am 9. Jänner 1908.

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Sommer 1914 blieben jedoch die Gäste plötzlich aus, sodass der Gastbetrieb eingestellt werden musste. Bereits am Samstag, den 30. Oktober 1914, wäre der Karwendelhof beinahe einem Brand zu Opfer gefallen: „Damals bemerkte ein Beamter der Hungerburgbahn das im Entstehen begriffene Feuer. Er holte sogleich das Personal der Hungerburgbahn herbei, dem es mit Ausbietung aller Kräfte gelang, den aufkeimenden Brand zu unterdrücken und der Schaden beschränkte sich aus einen kleinen, nebenstehenden Schupfen, der in Flammen ausging.“
Exakt eine Woche später, in den Abendstunden des 7. November 1914, „stieg auf dem Hungerburgboden eine mächtige Feuersäule gen Himmel und konnte sofort klar sein, daß es sich um ein Großfeuer des teilweise aus Holz erbauten ‚Karwendelhofes‘ handelte“, heißt es dazu im Tätigkeitsbuch der Freiwilligen Feuerwehr Mühlau. Gemeinsam mit den Feuerwehren von Innsbruck und Hötting eilte sie zum Brandplatz. Neben dem Wassermangel macht den Einsatzkräften auch der Mangel an Gerätschaften zu schaffen. So erwiesen sich die auf der Hungerburg deponierten „Löschgeräte [als] vollkommen unzureichend […]. Keine Spur von Dingen, die sonst in jedem abgele-genen Bauernhofe vorhanden sind: Feuerhaken, Handfeuerspritze usw. war vorhanden. Wasserschläuche waren allerdings da, doch in so verwahrlostem Zustande, daß sie ganz und gar nicht zu gebrauchen waren.“ So mag es nicht verwundern, dass der Karwendelhof ein Raub der Flammen wurde. „5 Mann [der FF Mühlau] blieben die ganze Nacht über als Brandwache zurück. Das Unglück entstand durch Brandlegung, doch konnte der Täter nicht ermittelt werden.“
Tags darauf spazierten nicht nur Schaulustige auf die Hungerburg, um sich die Ruine der beliebten Gaststätte aus der Nähe anzusehen. Auch der Innsbrucker Fotograf Richard Müller, der damals noch am Beginn seines Berufslebens stand, eilte auf die Hungerburg, um die traurigen Reste des Karwendelhofes für die Nachwelt festzuhalten.
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(StAI, RM-PL-1335)