Die Mühlauer Klamm – ein sagenumwobener Ort
Am Eingang der Mühlauer Klamm befindet sich ein großer, begehbarer Felsblock, der als Teufelskanzel (Höllenkanzel) bekannt ist. Einer Sage nach soll bei der Teufelskanzel einst ein Tatzlwurm erfolgreich bekämpft worden sein. Sein Blut soll das Wasser rot gefärbt haben, weshalb der Mühlauer Bach auch heute noch von vielen als Wurmbach bezeichnet wird. Die folgende Abbildung zeigt eine Stereofotografie, die um 1880 herum in der Mühlauer Klamm entstanden sein dürfte.
Über den sogenannten Wurmbach spannt sich eine Brücke, die auch unter dem Namen Schweinsbrücke bekannt ist. Einer Sage nach soll die Brücke diesen doch recht ungewöhnlichen Namen wegen folgender Vorkommnisse erhalten haben: Mühlau wurde immer wieder von Lawinen bedroht und einige Male auch von den Ausläufern einer Lawine getroffen. Die Brücke in der Mühlauer Klamm wurde von den Naturgewalten immer wieder zerstört. Da bot einst der Teufel an, eine neue Brücke zu errichten. Allerdings stellte er als Bedingung, dass die erste Seele, die die neue Brücke überqueren würde, ihm gehören sollte. Die Mühlauer bedienten sich aber einer List: Sie trieben einfach ein Schwein über die soeben fertig gestellte Brücke, die seit diesem Tag Schweinsbrücke genannt wird.
Das folgende Foto dürfte zu Anfang des 20. Jahrhunderts in der Mühlauer Klamm entstanden sein. Es zeigt die über den Wurmbach führende Brücke zur Teufelskanzel.
In unmittelbarer Nähe zur Teufelskanzel befindet sich eine Höhle, die unter dem Namen Hexenkuchl bekannt ist. In ihr sollen sich – einer Sage nach – regelmäßig die Hexen der Umgebung getroffen haben. Die Hexenkuchl wurde im Jahr 1931 renoviert und mit neuen Figuren ausgestattet. Die Innsbrucker Nachrichten vom 1. Juni 1931 berichteten über die Die Eröffnung der neu gestalteten Höhle Folgendes: „Vom Innsbrucker Verschönerungsverein wird uns geschrieben: In der Woche vor Pfingsten war die Aus-, beziehungsweise Neugestaltung der beliebten „Hexenküche“ und des Zugangsweges zu ihr, dessen Verbesserung vom Schillerhof aus bis zum Eingang der Mühlauer Klamm der Verschönerungsverein Mühlau, von da bis zu der etwa hundert Schritt oberhalb der „Höllenkanzel“ sich befindenden „Hexenküche“ der Innsbrucker Verschönerungsverein übernommen hatte, vollendet und am 27. Mai fand eine kleine Eröffnungsfeier statt, bei der die nun solid ausgestalteten Weganlagen besichtigt werden sowie die erweiterte Felsenhöhle und die in ihr hinter einem Eisengitter ausgestellte buntbemalte Halbreliefgruppe von vier alten und jungen, um einen brodelnden Kessel beschäftigten Hexen, die in gelungener Komposition von dem strebsamen jungen Bildhauer Albin Plattner, einem Sohne des bekannten Malers Albert Plattner geschaffen wurde. Oberfinanzrat i. P. Karl Schober führte in humorvollen Worten aus, wie er der Herkunft des altüberlieferten Namens „Hexenkuchl“ für diesen romantischen Ort vergebens nachgeforscht, aber nicht zu ermitteln vermocht habe, ob der Sagenmund des Volkes sich Hexen aus Arzl oder Mühlau, oder gar aus Innsbruck oder Wiltau hierher gebannt dachte; für jeden Fall sei nun hier im Bildwerk für je eine Vertreterin aus allen vier diesigen Weltgegenden sozusagen gesorgt worden. […]“
In den folgenden Jahrzehnten wurde die Mühlauer Klamm zu einem beliebten Ausflugsziel. Leider wurde in dieser Zeit die Hexenkuchl und deren Inhalt von Unbekannten Tätern stark beschädigt, was eine erneute Renovierung notwendig machte. In der Volkszeitung vom 3. Juni 1950 wurde über die Renovierung, die vom Innsbrucker Verschönerungsverein durchgeführt wurde, Folgendes berichtet: „Am Eingang der Mühlauer Klamm, die in wenigen Minuten vom „Schillerhof“ zu erreichen ist, erhebt sich aus den schäumenden Wassern des Mühlauer Wurmbaches ein riesiger Felsblock, der wohl in grauer Vorzeit von den dort steil aufragenden Bergen abgestürzt ist. Wegen seiner oberen Plattform erhielt er von den Besuchern den Namen „Teufelskanzel“, weil das Volk an solch düsteren Orten gern Dämonen und Geister hausen lässt. Zur Zeit als es noch „Hexen“ gab, verkündete der Böse von dieser Plattform aus den Bräuten seine Befehle. Gleich unterhalb der „Teufelskanzel“ sollen sich die „Hexen“ in einer Höhle getroffen haben, wo sie im höllischen Qualm bei allerlei Kurzweil den Liebestrank brauten. So erzählt die Sage. […] Nunmehr ist die Anlage vom Innsbrucker Verschönerungsverein in mühevoller Arbeit neu hergerichtet worden. Dabei haben sich Schüler und Schülerinnen der hiesigen Höheren Staatsgewerbeschule verdient gemacht, die künstlerisch entworfene Bildtafeln für die „Hexenkuchl“ anfertigten und sie dem Verein widmeten. Man sieht in der Höhlung eine Gruppe von „Hexen“ um einen brodelnden Kessel und zwei zu den Klängen einer Ziehharmonika tanzende „Hexlein“, während aus den Kulissen der teuflisch grinsende „Meister“ dieses Treiben beobachtet. Im Vordergrund schweben zwei auf Besen reitende „Hexen“, so wie sich das abergläubische Volk seiner Zeit eine Hexenfahrt vorgestellt haben.“
(Stadtarchiv Innsbruck, Sommer-1-29, Ph-G-25777, Kal-40-7-0)