Eine weitere Dame,

…die beweist, dass Politik vor hundert Jahren zwar mehrheitlich, aber auch nicht gänzlich, Männersache war. Karolina Wageneder wird 1882 in München geboren. Als uneheliches Kind einer Dienstmagd wuchs sie in einem Kloster auf und arbeitete später als Kellnerin und Stubenmädchen. Über ihren Mann, Johann Wageneder, kam sie mit der Sozialdemokratie in Kontakt.

Wageneder beteiligte sich anschließend am Aufbau der Frauenorganisation in Tirol und konnte schnell eine Führungsposition einnehmen. Sie war ab 1914 Vorsitzende beim Frauenlandeskomitee Tirol. Ab 1918 war sie die erste weibliche Abgeordnete im Tiroler Landtag für die sozialdemokratische Arbeiterpartei sowie die erste Innsbruckerin im Gemeinderat.

Vermutlich hätte Wageneder politisch noch viel aktiver sein können, hätte ihr das Schicksal nicht einen Strich durch die Rechnung gemacht. 1920 musste sie ihre politischen Tätigkeiten aufgrund eines Arbeitsunfalles des Ehemannes beenden. Johann Wageneder musste in Frühpension gehen und die Familie zog von Innsbruck nach Oberösterreich, um dort den Bauernhof der Schwiegermutter zu übernehmen. Karolina Wageneder stirbt 1967 in Eichgraben. Der Zeitungsschnipsel, den ich Ihnen mitgebracht habe, berichtet über die Zusammensetzung des neuen Tiroler Landtages im Jahre 1919 und erwähnt auch Frau Wageneder unter den sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten.

(Verena Kaiser)

(Foto: Allgemeiner Tiroler Anzeiger, Nr. 146, 28.6.1919, Titelseite)