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„Bekanntlich Gibt’s Am Berg Kein Meer …“

„Bekanntlich gibt’s am Berg kein Meer …“

In den letzten Jahren vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges begeisterten sich auch in der Habsburgermonarchie immer mehr Menschen für die Marine. Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen und die Begeisterung weiter anzufachen, wurde im September 1904 in Wien der „Verein zur Förderung der österreichischen Schiffahrt“ ins Leben gerufen.

Bereits drei Jahre später zählte der Verein, der nunmehr den Namen „Österreichischer Flottenverein“ führte, rund 1.000 Mitglieder. Im Jahr 1908 übernahm schließlich der Erzherzog-Thronfolger Franz Ferdinand, der sich selbst mit großem Elan für den Ausbau der österreichisch-ungarischen Marine einsetzte, das Protektorat über den Verein. Im Jahr 1910 zählte der Flottenverein schließlich mehrere Tausend Mitglieder, die in rund 20 Ortsgruppen organisiert waren.

Im Frühjahr 1910 bildete sich auch in Innsbruck, das rund 200 Kilometer von der Adria und knapp 330 Kilometer von Pola, dem einstigen Hauptkriegshafen der k. u. k. Marine, entfernt liegt, eine Orstgruppe des Österreichischen Flottenvereins. Am Freitag, den 8. April 1910, fand im Hotel Habsburgerhof die Gründungsversammlung statt. Sektionsrat Arthur Graf Wolkenstein-Rodenegg (1861-1939) wurde dabei zum Obmann gewählt. Neun Monate später zählte die Ortsgruppe immerhin bereits 137 Mitglieder und plante ihre erste Vereinsreise, die von Dr. Friedrich Freiherr von Bianchi (1879-?), Kammerspediteur Hueber und Adjunkt Heinrich Orlitta organisiert wurde. Die Route führte von Triest über Pola und Cattaro bis Korfu, wobei die Fahrt mit SMS „Erzherzog Karl“ (Stapellauf 1903) einen besonderen Höhepunkt darstellte.

Separatdruck der IN, Ausschnitt
Auszug aus der Teilnehmerliste der ersten Adriareise der Ortsgruppe Innsbruck.

Neben dem offiziellen Reisebericht, den Friedrich Bianchi für die Innsbrucker Nachrichten verfasst hat, existiert auch ein Bericht aus der Feder von Maria Baronin Bianchi (möglicherweise verfasst unter Mithilfe von Louise Baronin Bianchi, Caroline Gräfin Lodron und Gabrielle Gräfin Lodron), den wir hier erstmals auszugsweise veröffentlichen:

Erste Flottenvereinsreise der Ortsgruppe Innsbruck vom 8.-19. [sic] Mai 1911.

Bekanntlich gibt’s am Berg kein Meer,
D’rum wünschen die Tiroler sehr
Auf den Fluten sich zu wiegen
und im Sonnenschein zu liegen.
Da gründen sie einen Verein
um einmal fesch und flott zu sein.
Am 8. ward die Reis‘ begonnen,
In Triest das Schiff erklommen.
„Sarajevo“, ein alter Kasten,
trägt willig uns’re schweren Lasten.
Es schaut sich staunnend alles an,
Flottenfrau und Flottenmann.
Endlich ward in See gestochen,
zuerst in Rovigno an’s Land gekrochen
zu inspizieren die Korallen
Polypen, Fische, Krebs, Quallen.
Schöner noch als diese Tiere
sind in Pola die Mariniere [sic].
Topedo, Panzer und Geschütze
sind für unsre Bildung nütze.
Es finden sich bei vollen Platten
Gletscherflöh‘ und Wasserratten.
Am Hochseeboot begeistert sehr
durchschneiden wir das wilde Meer.
Und fahren flott rund um Brione
das Vergnügen war nicht ohne.
[…]
Der Capitän war ehr charmant
liess uns überall freie Hand.
An Board konnten wir herumspazieren
ohne uns im geringsten zu genieren.
[…]
In der Bocche fuhr man hin und her
oben die Berge, unten das Meer.
[…]
Am nächsten Tag, am letzten Tage
der Katzenjammer ward zur Plage.
Bis dass Triest in Sicht … [?] kam
und uns in seine Arme nahm.
Den „Dreadnought“ nur im Bau besah’n
hiemt die Reis‘ den Abschluss fand.
Ein jeder kehrt in’s Heimatland
und alle Flotten schwärmen sehr
von fremdem Land und ruhigem Meer
von Freundschaft und Zusammenhalten
Humor der Jungen und der Alten.
[…]
Und die Moral von der Geschicht,
Mitglieder alt, versäumt ja nicht
zu werben andere in Masse
aus jedweder Gesellschaftsklasse.
„Viribus unitis“ wir vollbringen
gemeinsames Zweckes schönstes Gelingen.
Und fördern nach Kräften die Macht der Marine
für Handel und Krieg im patriotischem Sinne.
[…]

Aus einem Brief an den Beamten Leo von Tschurtschenthaler, Innsbruck.
Hotel Riviera, Pola, Menü vom 9. Mai 1911

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck)

Dieser Beitrag hat einen Kommentar
  1. Gerade versuche ich mir vorzustellen, wie begeistert die Nr.15 der obigen Namensliste auf Mitglieder
    „…in Masse
    aus jedweder Gesellschaftsklasse…“
    reagiert hätte.

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