IFFI von oben
Das hervorragend programmierte Innsbrucker Filmfestival freut sich immer über schlechtes Wetter, weil das die Kinobesucher*innen zahlreich in die Säle der Leobühne spült. Dieses Theater im Innenhof Anichstraße-Innrain wurde 1902 für den gleichnamigen katholischen Arbeiterverein erbaut und ist durch glückliche Fügungen zum schönsten Programmkino West-Österreichs geworden. Gelegentliche filmophile Abstecher in die Vorgänger-Institution Cinematograph machen einen sicher: Dieses Kino ist einfach großartig und dazu gehören neben der über Jahrzehnte aufgebauten Filmexpertise der Alten Garde und ihrer Nachfolger*innen auch die vielen größeren und kleineren Festivals. Heute endet das IFFI 2022 und alle freuen sich, dass Corona wieder einmal vorbei zu sein scheint und das Wetter schlecht ist.
Für Freund*innen der Flugbilddatierung ist hier auf unserem Titelfoto eine größere Baustelle aufgegangen… die Zahnklinik ist im Entstehen. Die restlichen Pavillons sind schön zu erkennen (ein paar Häuser aus der Zwischenkriegszeit wie die neue Psychiatrie fehlen noch), die Uni steht samt Bibliothek und ehrlosem Vogeldenkmal. Friedhofsallee, Steinmetz Linser… hier gibts viel wiederzusehen und zu benennen aus dieser eher selteneren Perspektive.
An der Friedhofsalle steht schon die 1929/-31 erbaute Villa Treichl von Lois Welzenbacher, die den Bomben zum Opfer gefallen ist. Später hätte man sie aber (nicht ganz von der Hand zu weisen) der „im Interesse der Allgemeinheit“ an dieser Stelle erbauten Chirurgischen Klinik abgerissen, wie auch die Friedhofsalle weichen mußte.
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Das Kino ist Spitze und positiv kein Vergleich zu den mit Popcornresten zugemüllten Konkurrenzbauten und deren main stream Filmen. Den Cinematographen habe ich noch am Innrain im Erdgeschoß des Hotels als „Cinematographischen Salon“ in Erinnerung. Und wenn ich mir bei den proppenvollen IFFI Veranstaltungen, die ich besucht habe, kein Corona geholt habe, dann ist es wirklich vorüber oder die Impfung doch nicht so schlecht.
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Vielleicht verdiente auch die mit viel Herzblut betriebene Leobühne neben dem Kino eine kurze Erwähnung. Auch eine Innsbrucker Institution und bei Weitem kein Bauerntheater mit Franz, Agnes und Balduin, beider Sohn.
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Interessant ist die auf dem Foto erkennbare dritte Fahrbahn von der Tankstelle stadteinwärts, auch wenn es nur eine Nebenfahrbahn gewesen sein wird.
Bei diesem Bild wird man ja richtig high vor Nostalgie. Vielen Dank für diese neue Dosis Stadtgeschichte, 1a Stoff!
Dazu passt motivisch und zeitlich auch dieser Beitrag aus Hofinger´scher Feder:
https://innsbruck-erinnert.at/anich-eschen-bach/
Gerade noch hat es am unteren linken Rand meine Schule geschafft, aufs Bild zu kommen: Die Bundesgewerbeschule, heute die HTL Anichstraße. Zu meiner Zeit war hier auch noch das Bauwesen angesiedelt – 1974 übersiedelte dieser Ausbildungsweg in die Trenkwalderstraße
Auf diesem Foto ist das am 3. Juli 1926 von Prorektor Theodor Rittler mit den Worten „Deutschland, Dein Reich komme!“ enthüllte Ehrenmal auch bereits vorhanden. Der Entwurf stammt ebenso wie die Treichl-Villa vom berühmten Architekten Lois Welzenbacher:
https://innsbruck-erinnert.at/an-den-schottrigen-ufern-des-river-inn/