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8 Monate Anno 1902 (9)

8 Monate anno 1902 (9)

Aus einer beiläufigen Passage in Marie Grass-Corneths Tagebuch ist der Beitrag von vorgestern entstanden. Marie erwähnt nämlich den Wasserläufer auf dem Inn, den sie sich aber nicht ansahen, weil ohnehin schon zu viele Menschen das Ufer säumten…

15. Auch heute schönes Wetter; vormittags nur, denn nach Tisch blies ein tüchtiger Ostwind. Am Donnerstag war die liebe Frau Mutter u. Müller Jörgl heroben; letzterer brachte mir einen Korb voll Erde von Andlklaus zum Umpflanzen meiner Zimmerblumen.

16. März, Passions=Sonntag.
Schnee lag noch ganz dünn in den Straßen, als ich um 1/2 9 Uhr zum academischen Gottesdienst gieng. Nachmittags kam ein ganzes Schneegestöber, so dass die Flocken gerade quer durch die Luft flogen. Gegen 4 Uhr kam Herr Hauck, etwas später dann Pepi.

17. März, Montag. In der Frühe war Herr Muigg beim Josef drunten; vormittags kam Pohl Anton., Das Wetter ist noch immer schlecht.

18. März. Dienstag. Heute schrieb ich an Josefine einen französischen Namenstagbrief, desgleichen auf deutsch dem lieben Großvater u. im Namen aller an Hr. Muigg.

19. März, Fest des hl. Joseph.
In der Frühe näherte ich mich den hl. Sacramenten u. gieng dann um 9 Uhr zum academischen Gottesdienst. Das Wetter war heute sehr schön; nachmittags zog ich mein blauweiß gestreiftes Wollkleid an u. setzte dazu meinen neuen ersten Strohhut auf. Sehr viele hatten übrigen schon die Sommerhüte auf. Massen von Leuten begegneten uns; es produzierte sich nämlich ein „Wasserläufer“ auf dem Inn, Capitän Großmann. Wir schauten aber nicht, denn die Ufer waren so wie so schon ganz besetzt mit Neugierigen aller Art. Gegen 5 Uhr erschien Herr Hauck mit Pepi; letzterer holte dann seine Violine u. spielte, wozu ich ihn mit Clavier begleitete.

20. März, Donnerstag. Als ich von der 1/2 8 Uhr Messe heimkehrte, musste ich wirklich die Schönheit des heutigen Tages betrachten. Zwar ist noch nicht der kalendarische Lenzesbeginn; doch war kümmert sich die Erde um alle mathematischen u. astronomischen Gesetze! Grüner Sammt kleidet heute schon Hügel und Feld u. lustig lacht die Sonne auf die Pracht! Kein Lüftchen regt sich! – Ganz entzückt langte ich zuhause an, doch als ich von l. Tante Anna erfuhr, dass heute nachts drei Erdbeben stattgefunden, war mein Entzücken geringer. Da das Barometer stetig sank, so sehnten wir eine Luftbewegung herbei; endlich am Schluss des Spazierganges wehte die heißersehnte Brise.

Text: Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Cod-2072-1 (Transkription: Katharina Schilling); Bild: „Die Ankunft des Wasserläufers in Wien“, Illustriertes Wiener Extrablatt, 28. Februar 1902.

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