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Wer Jetzt Allein Ist …

Wer jetzt allein ist …

wird es lange bleiben / wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben / und wird in den Alleen hin und her /
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

So sinnierte Rainer Maria Rilke im Herbst 1902. Für diejenigen, die dem Alleinsein in diesem Herbst entgehen möchten, habe ich eine Liste aus dem „Scherer“ (aus dem Jahr 1899) abgedruckt, die 141 „Gelegenheiten für Liebende“ bereithält. Wenngleich einige der Vorschläge nicht mehr ganz aktuell sind, findet sich sicherlich etwas, wo Verliebte und solche, die es gerne sein möchten, auch heute passenden „Zeit und Ort“ finden. Besonders für fleißige Kirchgänger*innen gab es damals offenbar zahlreiche solcher Gelegenheiten, aber hier spielt wohl auch die kirchenkritische Haltung des Scherer eine Rolle. Ich selbst habe einige Favoriten, die ich aber nicht vorwegnehmen möchte. Was liegt bei Ihnen ganz vorne oder welche Gelegenheit für eine Date müsste man wohl heute ergänzen?

(Der Scherer. 1. Juni 1899)

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare
  1. Ein Kleinod! Besonders auffällig ist die geradezu visionäre Vorausahnung der Bogenmeile unter Punkt 3 „Viaductbögen“. Der Tipp mit dem Panorama, weil dort keine Einheimischen anzutreffen sind, ist geradezu ein Gnénieblitz. Dem Englischsprachigen drängt sich beim Tipp mit der Weinlese der Kalauer „Wimmen mit Women“ auf. Völlig daneben nur der Tipp mit dem hier schon einmal erwähnten Herzsee, hat man ihn deswegen wegen der Angler gesperrt? Kirchenbesitz? Fische haben für Christen ja Symbolwert.

    Die eigentümliche Erotik des Kirchenbesuchs in jeder Form ist gar nicht so weit hergeholt. Die Andacht des Christen ergibt sich ja erst aus dem Umstand der latenten Sündhaftigkeit. Und die Abendmesse war einstens DIE Gelegenheit, abends von zu Hause weg zu kommen. Wen man da alles traf ud was man alles ausmachen konnte. So ein braver Bub, der Karli :-D.

    Das Rodeln (im Gegensatz zur pferdebespannten Schlittenfahrt, die wieder mit ausgebreiteten Decken punkten konnte) hatte im Machwerk „Der Schluiferer, fern von Europa“ den Wutprediger Kraxenbichler auf den Plan gerufen, der messerscharf die Besatzung der Rodeln analysierte; „Immer zu zwoat! Und immer Mandele, Weibele, Mandele, Weibele, Mandele….!“, Hohepunkt des Höllentreibens dann der obligate sittenlose gemischte Sturz, allein dazu inszeniert, um sich den Schnee abklopfen und sich bei der Gelegenheit betatschen! zu können. Me too läßt grüßen…

    Einziges Rätsel bleibt mir das Wort Cavalchina. Google ertrinkt dabei in einer Liste mit tausenden Weineinträgen.

  2. Vielleicht ist der Begriff Cavalchina dem Italienischen entnommen und ein Mix aus den beiden Worten „cavaliere“ = Kavalier / Ritter, … und „chinarsi“ = sich (ver)beugen / sich jemandem zuneigen. Ein gut gemeinter Rat an die Herren der Schöpfung, sich ritterlich zu verhalten, um bei der Damenwelt zu punkten. Später hieß das dann gentlemanlike. Die Nr. 119 würde auch noch in diese Kategorie fallen. Eine Kombination aus Katzenmusiken im Gipsmuseum stelle ich mir auch recht anregend vor. Da würde ich doch eher den Planötzenhof zur Veilchenzeit bevorzugen 😉

  3. Bei der Cavalchina handelte es sich um einen großen Maskenball, welcher am Ende der Faschingszeit im Stadttheater veranstaltet wurde.

    Vorbild war der Gran Ballo della Cavalchina, welcher seit 1807 im Gran Teatro la Fenice als einer der Höhepunkte des venezianischen Karnevals stattfindet.

  4. …oder es ist eine Verkleinerungsform von „cavalcata“(Reitergesellschaft, Ritt) und meinte einen kleinen Spazierritt? Könnte „Jargon“ jener Gesellschaft gewesen sein, die die nötige „Ausrüstung“ dafür besaß.
    Aber was weiß ,man heute noch von unserer (ehemaligen) 2. Landessprache – und von damaligen kurzlebigen „modebegriffen“, die nie den Eingang in ein Wörterbuch gefunden haben….?!

  5. Nachdem das Geheimnis von Herr Auer gelüftet wurde, war ANNO gefragt. Hier kann man die Historie der Innsbrucker Cavalchina-Variante nachlesen. Der Verfasser „M“ hat mit diesem Artikel gleichzeitig auch ein wenig die Entwicklung der Berichterstattung seines Blattes über derartige Festivitäten geschildert: https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=ibn&datum=19030117&seite=7&zoom=33&query=%22Cavalchina%22&ref=anno-search

    Es sieht so aus, als hätte diese Tradition nach dem 1. WK keine Fortsetzung gefunden. Mir ist als Begriff noch die „Genfer Redoute“ in Erinnerung, die – wenn ich nicht irre – immer im Hotel Maria Theresia stattfand.

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