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Was Lange Währt…

Was lange währt…

wird endlich gut. Nicht immer aber manchmal. In diesem Fall schon. Hoffe ich. Zumindest habe ich es versucht.

In zwei Rätselbeiträgen der letzten Monate (Ei(n)s am und Hilfe erwünscht) kreisten die Lösungen um das hart umkämpfte Grenzgebiet zwischen Wilten, Pradl und Amras, wobei mehrere wissbegierige und wissende Lesende auch die Frage nach einer dort befindlichen Kapelle gestellt beziehungsweise erörtert haben.

Wie in den Kommentaren der besagten Beiträge schon richtig festgestellt, firmierte die fragliche Kapelle unter den Namen Sillhof-, Sillhof-Tollinger-, und Mariahilfkapelle und wurde 1962 abgerissen. Ihr Standort war die Ecke der Helblingstraße zur heutigen „Wiesengasse, der alten Römerstraße von Veldidena über Amras und Ampass ins Unterinntal, dem sogenannten ‚Kirchweg‘, so genannt, weil dieser Weg die Hauptverbindung zwischen dem Stift Wilten und Amras bzw. der Urpfarre Ampass bildete„. (Sebastian Manfred Huber, Die Seelsorge von Innsbruck-Pradl. Von den Anfängen bis in unsere Zeit, Diss. 1980, S. 39).

Wobei der Übergang vom Kirchweg zur Wiesengasse kein direkter war. Als der damals 30-jährige Hans Hochenegg Mitte der 1920er-Jahre „Auf den Amraser Feldern [e]ine kulturgeschichtliche Wanderung“ unternahm, vermerkte er, dass niemand mehr den historischen Namen „Kirchweg“ benützte, sondern dieser allgemein als „der mittlere Weg“ bekannt sei.

Das obige stimmungsvolle Bild ist in unserer Datenbank mit etwa 1920 bis 1930 datiert und zeigt die Kapelle damit in etwa in dem Zustand, in dem Hochenegg sie zu Gesicht bekam. Vom Bierstindl über die Sill kommend lieferte er die folgende, sehr lebhaften Beschreibung der Kapelle:

„Wir wandern also weiter, kommen an den Heimstätten vorbei zu einem Akzishaus und gleich daneben an der Wegkreuzung zu einer kleinen Maria-Hilfkapelle, die nach den nahen Sillhöfen „Sillhof-Kapelle“ benannt ist. Sonst ist von ihr ja nichts zu erwähnen außer der Nachbildung der allgemein verehrten und stets mit Bitten bestürmten Innsbrucker Pfarrmuttergottes, auch noch eine Nachbildung des Gnadenbildes von Wilten in einem aus vier Säulen gebildeten Schreine aus dem 18. Jahrhundert. Ein kaum merklicher Gurt, der sich an der Decke des niedrigen, fensterlosen Baues zwischen den mit Rippen und Stichkappen versehenen Vorderteil und den mit flacher Tonne überwölbten Bauteil schiebt, deutet die Stelle an, wo die Kapelle einst gegen rückwärts verlängert worden ist. Votivbilder aus älterer und neuester Zeit sind Beweise, daß sich auch zu diesem unscheinbaren Heiligtum bedrängte Herzen oft um Hilfe wandten und in ihrem kindlichen Vertrauen nicht enttäuscht worden sind.“ (Wilten. Nordtirols älteste Kulturstätte, 2. Teil, herausgegeben von der heimatkundlichen Arbeitsgemeinschaft des Vereines für christliche Erziehungswissenschaft, Landesgruppe Tirol, Innsbruck-Wien-München: Tyrolia 1926, S 56; StAI-Sig. A-1845)

Hocheneggs Einschätzung eines unscheinbaren lokalen Heiligtums bestätigen eigentlich auch die online verfügbaren Zeitungen. Mehrere Suchen mit unterschiedlichen Begriffen erbrachten (zumindest bei mir) keinen einzigen Treffer….

Untenstehend noch eine (undatierte) Aufnahme von Margarete Hye-Weinhart, vermutlich aus den letzten Lebensjahren der Kapelle. Ob der Abriss einen medialen Niederschlag gefunden hat, wäre (derzeit) nur mit sehr großem Aufwand herauszufinden, da die Zeitungen aus dem Jahr 1962 noch nicht digital vorliegen und somit mit Adleraugen komplett durchgeblättert werden müssten.

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Archiv der VS Pradl Leitgeb II 22.02.06-27; Ph-6410)

Dieser Beitrag hat 12 Kommentare
  1. Ich hab’s befürchtet! 🙂 Nein, ganz ehrlich, mir ist es eigentlich auch so gegangen. Theoretisch müsste man das auf Panoramaansichten vom Bergisel gegen Osten auch sehen?

    1. Zuerst einmal herzlichen Dank für die Mühe, uns Fotos und Wissenswertes zur Maria Hilf Kapelle zusammenzustellen.

      Ich habe mir noch einmal das Foto angeschaut, welches vor zwei Wochen das später in der Haymongasse entdeckte Haus ins Nirvana geschickt hat. Auf diesem Bild ist hinter den Wohneinheiten (Hans Hocheneggs Heimstätten, nehm ich an) ein kleines Bauwerk zu sehen, welches ich anfangs für die Kapelle gehalten habe. Die Kapelle steht jedoch deutlich hinter der Kreuzung, während beim gegenständlichen Objekt die Helblingstraße erst dahinter liegt oder das Haus sogar draufsteht(?). Außerdem ist die Kapelle viel schlichter in ihrer Struktur, der noch unter Anführungszeichen zu setzende Akzishauskandidat verdeckt sie wahrscheinlich.

      Vielleicht sieht man hier was ich meine: https://postimg.cc/14Cd4Ps6

  2. Lieber Herr Bürgschwentner! Schon an anderer Stelle habe ich erwähnt, dass ich einige Tage weg war und fast keinen Internetanschluss hatte!. Deshalb sehe ich diesen Beitrag erst heute. Vorerst möchte ich mich nur bei Ihnen bedanken, dass Sie sich so große Mühe gegeben haben!
    Ich werde mir nun die gesamte Kapellensache zu Gemüte führen!

  3. Mir sind in der Wiesengasse zwei Kapellen in Erinnerung.
    Die erste stand Wiesengasse Ecke Johann Strauss Gasse
    Ich fotografierte diese für den IVV anlässlich ihrer Renovierung.
    Diese steht heute noch dort.
    Die zweite Kapelle stand Wiesengasse Ecke Wetterherrenweg. Diese wurde anlässlich bei der
    Errichtung der dortigen Neubauten und Straßenverbreiterung abgetragen.

  4. Werte Herren! Herzlichen Dank für die netten und auch anregenden Kommentare! Angesichts des Interesses werde ich sicher wieder einmal etwas zu einer dieser Kapellen machen. Und das Akzishäuschen bleibt natürlich auch auf dem Radar. 🙂

  5. Ich bin gerade wieder einmal mit Fotonachlese beschäftigt. Dabei ist mir eine amerikanische Luftaufnahme vom Bombenangriff auf Wilten am 15. Dezember 43 aufgefallen. Sie zeigt die Kapelle mit zu interpretierender Nachbarschaft. Ist da das Akzishaus dabei? Vielleicht, ich stell es zur Diskussion.

    https://postimg.cc/n9L2Zx1x

    1. Lieber Herr Hirsch! Danke für die Belebung der Diskussion wenngleich ich mit dieser Aufnahme ziemlich überfordert bin. Vielleicht brauche ich auch neue Brillen. 🙂

  6. Lieber Herr Rettenbacher, Sie haben recht, mit so einem Foto ist nicht gedient. Hier nochmals mein Foto
    https://postimg.cc/NKVHQkmM
    Allerdings habe ich bei der Suche nach dem Jeneweinschen Rätselhaus (Ein zweiter Versuch) ein anderes Foto gefunden, welches meine obige Beobachtung nichtig macht, Dort ist nichts gestanden. Hingegen steht ein Häusl im noch unbebauten Dreieck links von den neuen Villen. Aber Akzishäuseln sollten eigentlich an der Straße stehen, damit es Sinn macht, oder steht da direkt neben der Kapelle noch was anderes?‘
    https://postimg.cc/f3pjghB8

    Zum Jeneweinhaus https://innsbruck-erinnert.at/ein-zweiter-versuch/ habe ich noch was gefunden, ich poste es dort.

  7. Inzwischen habe ich einen Stadtplan des Stadtvermessungamtes aus dem Jahr 1939 gefunden:
    https://postimg.cc/Wq46TDtv
    Da sieht man ein kleines Gebäude an der Kreuzung Wiesengasse-Helblingstraße, welches gegenüber der Kapelle gestanden ist. Auf einer eigenen Grundfläche, wie das abgeschrägte dahinter liegende Areal des großen Hauses vermuten läßt.

    Vielleicht sieht man es sogar auf diesem Fotoausschnitt:
    https://postimg.cc/1gkdz5W6

    1. Ich werd‘ verrückt, Herr Hirsch, jetzt kann man endgültig sagen „was lange währt wird endlich gut“ – bin überzeugt, dass damit der zunächst nur vermutete Standort dieses Akzishäuschens als gesichert angesehen werden kann. Der Vergleich mit dem 1939er Katasterplan des Stadtvermessungsamtes und Ihrem „Ausschnitt Helblingstr Wieseng“ lässt mich jedenfalls nicht mehr zweifeln. Das viele Suchen und Rätseln hat sich gelohnt.

      Habe die Kommentare der beiden betreffenden Beiträge („Was lange währt…“ und „Ziemlich hoch hinaus…“) zwecks Aktualisierung nochmals durchgelesen und war überrascht, wie viele Überlegungen, Vorschläge und Lösungsansätze in diesen ca. 1 ½ Jahren eingebracht wurden. Toll, dass alle so beharrlich drangeblieben sind, damit diese harte Nuss doch noch geknackt werden konnte!

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