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Vom Waidmannsheil Zum Gatter-Gulasch

Vom Waidmannsheil zum Gatter-Gulasch

Als Rätsel für die Serie Hinaus ins Land taugt das Foto aus vielen Gründen nicht. Einerseits wissen wir schon wo das ist, andererseits wäre die Antwort schlichtweg viel zu einfach, um die Gemeinde der rätselfreudigen Innsbrucker:innen danach zu fragen. Dieses malerische Foto wollte ich Ihnen dennoch keinesfalls vorenthalten.
Die Bergsportler:innen unter Ihnen, vielleicht auch die Schwammerlsucher:innen oder Liebhaber:innen von traditioneller Küche werden an diesem Ort wohl schon das eine oder andere Mal gestanden haben, um dem Leibeswohl zu frönen und den Ausblick zu genießen. Und wer in einer Innsbrucker Schule einen Skitag erleben durfte, ist möglichweise zumindest schon einmal mit dem Bus vorbeigefahren.

Ganz klar erkennbar sind die markanten Gipfel der Kalkkögel zwischen Axamer Lizum und Schlick. In einer Linie mit dem sichtbaren Teil des Axamer Bachs erhebt sich der Ampferstein (2553 m), links davon sieht man noch die Niederung des Halsls und den sanften Anschwung hinauf zur Saile, die auch als Nockspitze bekannt ist. Rechts vom Ampferstein sieht man die Malgrubenscharte und die Malgrubenspitze. Der bewaldete Hang rechts im Bild würde zum Axamer Kögele oder zum Pleisen führen.

Im Vordergrund ist demnach der auf 1316 m Seehöhe gelegene Adelshof zu sehen, so wie er früher einmal war. Das heute noch stehende Gebäude, des schon im Mittelalter bestehenden Einhofs, hat einen barockzeitlichen Baukern, erfuhr aber im 20. Jahrhundert eine Umgestaltung. Der kleine Erdpfad in der grünen Wiese musste mittlerweile einem Parkplatz weichen. Dafür lädt nun ein zur Lizum gerichteter Zubau mitsamt großer Terrasse zum Verweilen ein.
Das Wandbild an der Stirnwand des Hauptgebäudes gibt es noch, wird aber nicht mehr partiell von dem Vordach verdeckt. Im Zentrum sieht man eine Variante des Mariahilfbildes von Lukas Cranach dem Älteren, das im Innsbrucker Dom St. Jakob zu sehen ist. Eingeschlossen ist die Darstellung in den schwarzen Doppelkopfadler des Heiligen Römischen Reichs.

Die Szenerie vor dieser Kulisse ist fast schon übertrieben friedlich. Das kurz gemähte Gras täuscht auf den ersten Blick zwar Frühling vor, aber weiter hinten sieht man es schon höher wachsen. Es dürfte ein warmer Sommernachmittag gewesen sein. Die Sonne kommt von Westen, wirft aber noch keine besonders langen Schatten. Ein junger Bub sitzt im Gras und trägt einen Hut sowie knielange Hosen. Nebenbei steht ein Jäger wie aus dem Bilderbuch: Mit Gewehr, Pfeife und Hut stützt er sich auf seinen Wanderstecken und beobachtet seinen Hund. Hinter dem ebenfalls heute noch vorhandenen großen Kruzifix hängt die Wäsche zum Trocknen.

Der Adelshof von Süden fotografiert. Circa 1920-1931. (StAI, Sommer-4-126)

Ein weiteres Bild des Adelshofs ist uns über eine Ansichtskarte erhalten, die am 15.09.1931 an eine Innsbruckerin namens Paula Egle gesendet wurde. Der Karte zufolge war der Adelshof damals schon ein Ausflugsort mit prachtvoller Fernsicht, wie auch zahlreiche Zeitungsanzeigen und Berichte jener Zeit belegen. Das Foto zu dieser Ansichtskarte wurde bis spätestens 1931 aufgenommen und zeigt den Hof mitsamt den Wirtschaftsgebäuden. Aus dem Schatten eines solchen heraus wurde offenbar das Titelbild aufgenommen. Zusätzlich sieht man noch die alte Kapelle mit rundem Grundriss und Kegeldach. Seit 1975 steht dort allerdings ein neuer Bau, mit achteckigem Grundriss. Dessen große Glasfront im Süden flutet die Kapelle mit Licht.

Der Jäger von heute muss beim Adelshof jedenfalls nicht mehr lange ansitzen oder pirschen, um Wild zu finden. Hinter dem Wirtschaftsgebäude gibt es mittlerweile nämlich ein Wild-Gatter und im Restaurant lässt sich das Hirschgulasch aus „eigener Zucht“ ganz bequem bestellen.

Text: Wolfgang Wanek
Titelbild: StAI, KR-PL-447

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