Unter vegetarischer Führung
Im Jahr 1939 fanden in der Ostmark erstmals die als „Berufswettkampf“ ausgetragenen Lehrlings- und Berufstätigenwettbewerbe statt, mit denen sich das Deutsche Reich in einer Mischung aus militärischer Auslegung von Arbeitshierarchien und Vorgängern der heute etwas friedlicher unter Kompetenzenbilanz laufenden Früherkennung besonderer Neigungen junger werktätiger Menschen sicher sein konnte, dass jede und jeder auch am rechten Platz die volle Schaffenskraft zu höherem Ruhm und Ehre der Deutschen Nation einsetzen würde. In buchstäblich allen Branchen des Handwerks, der Verwaltung und des Nährstandes wurde wettgekämpft und die Sieger*innen durften nach Innsbruck, Wien oder noch weiter zu nationalen Wettkämpfen fahren. In steter Berauschung am Jubeltrunk der nationalsozialistischen Selbstverleugnung entstand so noch zu Friedenszeiten das Millionenheer der Tüchtigen, das sich aus reiner Freude am Schaffen der Leistungsauslese der Hilfsarbeiter unterwarf.
Richard Müller hat eine Serie von Dokumentationsbildern geschossen, in denen immer eine Gruppe Uniformierter der Deutschen Arbeitsfront sich mit prüfendem Blick unter die Tiroler Jugend mischt. In unserem Titelbild schaut auch noch der Führer oba, auch wenn dem teilvegetarischen Eiernockerl-Fan A.H. bei Anblick und Geruchsbildung dieser fast hyänischen Viehzerteilung sicher flau im Magen geworden wäre. Nach getanem Werk ging sich noch ein zweites Bild unter dem Plakat vor den Toren der Wettkampfhalle aus.
(Sammlung Kreutz, Fotos Richard Müller)
Einmal absichtlich die Greuel des Holocaust ausgeblendet: Was war das für ein Staat, wo es schon für einen Lehrlingswettbewerb drei Uniformierte als „Begleitung“ geben mußte. Wahrscheinlich noch mit einem Operettentitel wie Hauptsturmmetzger o.ä.
Und ohne Mitgliedschaft bei einer NS-Organisation war man wahrscheinlich auch als Lehrbub oder -mädchen beruflich auf verlorenem Posten.
Es ist schon richtig, die Erinnerung an die KZs nicht verlöschen zu lassen, aber ich vermisse immer die Gedenken an die diktatorischen Unterdrückungs- und Zwangsmaßnahmen, angefangen von Mundhalten und drohenden Vernadereien, denen sich kein „Volksgenosse“ entziehen konnte. Der Oberhammer ist in meinen Augen ja sowieso der Umstand, daß der Weltkrieg sozusagen als redliche Berufsarbeit von Soldaten aus der NS-Schuld ausgeklammert wird.
Fräulein Constanze Manziarly war die letzte Diätköchin von Hitler. Sie war interessanterweise eine gebürtige Innsbruckerin, geboren 1920. Vielleicht könnte man darüber mehr berichten.
Ein aufschlussreicher über ihr Leben stammt aus der Feder von Stefan Dietrich und erschien in der Schriftenreihe des Innsbrucker Stadtarchivs. Band 14 (2017).
Ihr Elternhaus stand an der Brennerstraße, eines der untersten Bergiselhäuser. Die Grabstätte der Familie findet sich am evangelischen Teil des Westfriedhofs. Frau Manziarly ist mit der Aufschrift „vermisst 4. Mai 1945“ verewigt. Den genauen Wortlaut und Datum weiß ich nicht auswendig. Die mit ihr befreundete Sekretärin Hitlers, deren Buch einmal kurz ein Bestseller war, erwähnt darin ihren letzten Kontakt mit ihr, nachdem das Personal des Führerbunkers in Gruppen geflohen ist. Frau Manziarly wurde beobachtet wie sie von zwei Russen in einen U-Bahn Schacht abgeführt wurde, seither galt sie als verschollen.
Fräulein Manziarly bereitete auch die letzte Mahlzeit Hitlers zu. Es waren der Überlieferung zufolge Spiegeleier mit Kartoffelpüree.