Thien’sche Umzugsverwirrung Teil 2
Im heutigen Beitrag geht es weiter mit den Thien’schen Fotos der Festumzüge in Innsbruck und der spannenden Frage, welche davon tatsächlich zum Landesfestumzug 1959 gehören, und welche nicht. Auf dem Titelbild sehen wir eine Schützenkompanie aus Südtirol, wie der Schildträger unübersehbar verrät.
Die Kompanie marschiert mit stolz erhobener Fahne die Wilhelm-Greil-Straße hinunter. Rein optisch vom Bildstil, der Mode und der Szenerie wirkt die Aufnahme sehr typisch für die 1950er-Jahre. Es ist also durchaus denkbar, dass sie während des Landesfestumzugs 1959 entstanden ist. Oder spricht etwas dagegen?


Die deutlich geringere Besucherzahl und die fehlende Beflaggung deuten darauf hin, dass es sich nicht um den Tag des Landesfestumzugs handeln kann.


Dann wäre da noch eine weitere Musikkapelle in der Museumsstraße. Doch auch hier stellt sich die Frage: Landesfestumzug oder ein anderes Ereignis?
Wie so oft bei historischen Aufnahmen bleiben einige Fragen offen. Wie immer bin ich auf die Einschätzung unserer Leser*innen gespannt. Vielleicht gelingt es uns gemeinsam, die einzelnen Fotos richtig einzuordnen und so die Geschichte dieser besonderen Tage in Innsbruck ein Stück weiter zu entschlüsseln.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, 04.05.01-101, 432, 591, 629)
Woran ich mich auch noch erinnern kann, waren den einzelnen Gruppen vorangetragene Tafeln, wie am Titelbild mit „Schützen aus Südtirol“, erkennbar. Wie die Fotos aus der ersten Folge zeigen, marschierte man von Süd nach Nord über die Theresienstraße, ich vermute von der Salurnerstraße her. Vielleicht haben sich die Südtiroler am Landhausplatz gesammelt, wie auch die anderen Gruppierungen auf dem Weg zu einem Sammellatz gewesen sein könnten. Die fehlenden Menschenmassen stünden so auch nicht im Widerspruch zu der auf dem zweiten Bild sichtbaren Publikumsansammlung. Aber es könnten auch andere Anlässe gewesen sein, wie ganz sicher bei der Schweizer Musikgesellschaft. Gerade bei der Aufnahme in der Museumstraße sieht man im Hintergrund eine 3er mit hoffentlich geerdetem Fahrer, der hinter dem Umptata nachzuckeln mußte. Zur Zeit des Landesgedächtnisumzugs – was für ein Wort – wird man die Straßenbahnen in der Innenstadt oder überhaupt eingestellt haben. Also auch abzuhaken. Bleiben Kaiserjager und Südtiroler als eventuelle Teilnehmer. Wobei doch der Europahotelier seit ewigen Zeiten der Tiroler Oberkaiserjäger gewesen ist, und die kleine Formation von dort gekommen sein mag, wegen des Schattens am frühen Vormittag. Ein konjunktiv jagt den nächsten. Rät wer anderer weiter. Oder weiß es besser.
Wie schon beim Teil 1 delektiere ich mich an den im Hintergrund sichtbaren, oft schon seit langer Zeit verschwundenen Geschäften, wie die Bank am Südtiroler Platz und das Finksche Tapetengeschäft daneben. Gibts heute noch irgend ein Geschäft, wo Kunden in dicken Musterbüchern wühlen, um Tapeten und Vorhänge auszusuchen?
Bei den Vorhängen sicher nicht, nachdem es in ganz Innsbruck nur mehr 1 (!) Geschäft gibt, wo Vorhänge genäht werden. Bei den Tapeten weiß ich‘s nicht, da ich schon seit Jahrzehnten nicht mehr tapeziere (wer macht das denn heute noch ?). Kann mich aber noch gut an diese dicken Schwarten erinnern, zu Zeiten, als es noch Auernig und so einige andere Vorhang-, Teppich- und Was-weiß-ich-Firmen gab. Seufz, tempi passati…